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Serie "Der Name der Rose"
Labyrinth ohne Sean Connery

Ein Klassiker geht in Serie: Umberto Ecos "Der Name der Rose" wird vom Pay-TV-Sender Sky neu aufgelegt. Das ist nicht schlecht, kann sich mit dem Film von 1986 aber nicht messen. Denn: Eine Person macht den Unterschied.

Von Julian Ignatowitsch | 24.05.2019
Zwei junge Möchen sitzen stillschweigend nebeneinander an einem Tisch
Eco neu verfilmt - "Der Name der Rose" als Serie von Giacomo Battiato (www.imago-images.de)
Buchstaben, Wörter, heilige Schriften: Für den Semiotiker und Autor Umberto Eco waren sie alle zeichenhafte Erzeugnisse. Signifikante, die auf Signifikate verweisen, gleichermaßen rätselhaft wie faszinierend und aufschlussreich.
So ist die Bibliothek des italienischen Benediktinerklosters in "Der Name der Rose" ein ganz besonderer Ort:
"Diese Bibliothek vermag es, sich selbst zu schützen. Sie ist so unergründlich wie die Wahrheit, die sie beherbergt."
Ein verbotener Ort außerdem.
Abt: "Nein, nein, ich kann euch den Zutritt nicht gewähren. Niemand kann das, niemand darf das."
Sherlock Holmes in Mönchskutte
Und natürlich wird der Franziskaner-Bruder William von Baskerville - ohne zu viel zu verraten - genau diesen verbotenen Ort bei seinen Mordermittlungen betreten.
Abt: "Bruder William, bitte helft mir, Adelmos Mörder zu finden, bevor die Gesandten eintreffen."
William von Baskerville, der Protagonist in "Der Name der Rose", ist eine Art Sherlock Holmes in Mönchskutte. Intellektuell, verstandesbetont und nicht selten belehrend:
"Es liegt immer ein sündiges Vergnügen darin, recht zu behalten, finde ich."
Er soll also die Verbrechen in diesem Schlangennest, das sich ein Ort Gottes nennt, aufdecken …
William von Baskerville: "Wir sind alle Kinder Gottes."
… und stößt dabei auf zahlreiche Intrigen, auf Ketzer, Sünder, Scheinheilige und die Inquisition.
Inquisitor: "In Florenz haben wir einen Anhänger Fra Dolcinos verbrannt."
Kein Vergleich mit Sean Connery
Viele werden sich noch gut an die schauspielerische Leistung von Sir Sean Connery im mehrfach prämierten Film von 1986 erinnern. Die perfekte Besetzung für diese Rolle - und das kann man von John Turturro, den man vor allem als dumpfen Bösewicht aus actionreichen Hollywood-Streifen kennt, leider nicht behaupten.
William von Baskerville: "Gott kennt die Welt, weil er sie im Geist erschaffen hat, so als würde er sie von außen betrachten. Wir Menschen dagegen leben schon seit Anbeginn in ihr, da wir sie bereits fertig vorfanden."
Seine eloquenten Sentenzen und logischen Schussfolgerungen wirken allzu oft aufgesetzt.
William von Baskerville: "Der Abt sagte bei unserer Ankunft, dass die Bibliothek nicht betreten werden darf. Es könnte sein, dass er in die Sache verstrickt ist. Und jetzt wird ihm der Skandal bewusst und er will nicht, dass die Wahrheit ans Licht kommt."
So bleibt die Serie hinter dem Film zurück, steht und fällt sie doch mit der Hauptfigur. Und trotzdem ist die 26 Millionen Euro teure Serie "Der Name der Rose" nicht schlecht. Dinge, die im Film zu kurz kommen - aufgrund von zwei Stunden Spielzeit zu kurz kommen müssen -, können in der sechsstündigen Neuauflage mehr Beachtung finden: zum Beispiel die mysteriöse Bibliothek, dieses Labyrinth, quasi der zweite Protagonist der Serie.
Näher am Roman als der Film
Die Liebesgeschichte zwischen Williams Schüler Adson, solide gespielt vom deutschen Schauspieler Damian Hardung, und einer geheimnisvollen Vagabundin:
"Ich sehe Dich überall, auf Buchseiten gemalt, wenn ich die Augen schließe und wenn ich sie wieder öffne."
Oder die schwierige Situation der zu dieser Zeit geteilten Kirche mit dem Streit zwischen den einzelnen Orden, Ketzern und der Inquisition:
"Die Kirche der Armen hat keine Zukunft. Doch genau in diesen Ruin wollen uns diese verdammten Franziskaner mit sich hinabreißen!"
All das wird verständlich, plausibel und optisch ansprechend wiedergegeben.
Es fehlt der Weiterdreh
Die Serie ist der Handlung des Romans sogar näher als der Film. Atmosphärisch und figurentechnisch aber kommt sie nicht an den Film und dessen unheimliche und hinterhältige Stimmung im abgelegenen Bergkloster heran.
Vielleicht hätten die Sky-Macher besser daran getan, - wie im Falle der Serie "Das Boot" - einen Weiterdreh des bekannten Stoffs zu wagen. Denn so wie Filme zu Serien - bislang die häufigere Variante - selten überzeugen, ist auch der umgekehrte Weg vom Film zur Serie schwierig, wie sich hier zeigt.
Fazit: Wer den Film oder das Buch kennt, kann auf die Serie verzichten. Alle anderen können ruhig mal einschalten.