Montag, 29. April 2024

Archiv

Serie "The Leftovers"
Leben in der post-apokalyptischen Gesellschaft

Von Kai Löffler | 31.10.2014
    Auf einen Schlag lösen sich 140 Millionen Menschen, zwei Prozent der Weltbevölkerung, in Luft auf. Junge Menschen, alte Menschen, Unschuldige und Schwerverbrecher - die Auswahl scheint zufällig. Dieses Ereignis, das die Zurückgebliebenen später "Sudden Departure" nennen, ist der Ausgangspunkt der neuen HBO-Serie "The Leftovers" - die Verlassenen.
    "The Leftovers" spielt drei Jahre nach dem rätselhaften Ereignis. An der Oberfläche ist vieles gleich geblieben, aber die Gesellschaft ist aus den Fugen geraten.
    "Wir alle wollen Hand in Hand durch unsere Stadt laufen und weinen. Und dann leben wir weiter. Es ist Zeit, denn alle wollen sich endlich wieder besser fühlen."
    "Nicht die Verbliebenen..."
    Die Verbliebenen, das ist eine Sekte, der sich immer mehr Menschen anschließen. Auch die Frau von Polizeichef Wayne Garby. Vor allem anhand von dessen Familie erzählt "The Leftovers" den Zusammenbruch der Gesellschaft. Jeder trauert auf seine Art, und niemand kennt die Antwort auf die Frage, warum die Menschen verschwunden sind: Waren es Außerirdische, eine Naturkatastrophe, oder gar der Wille Gottes?
    "Wenn es nicht Gottes Wille ist, wessen dann?"
    "Da gibt es niemanden. Es ist nicht gesteuert, es ist einfach passiert. Und dazu eine andere Theorie zu verbreiten, ist Propaganda, die an Sektenideologie grenzt."
    "Metapher für Verlust und Trauer"
    Vorlage für die "Sudden Departure" ist die Apokalypse, an die viele evangelikale Christen in den USA glauben: In der sogenannten "Rapture", auf deutsch Entrückung, sollen alle Gläubigen auf einen Schlag in den Himmel aufsteigen, während die Sünder dazu verdammt sind auf der Erde zurückzubleiben - gemeinsam mit dem Antichristen.
    "Für mich ist das eine wunderschöne Metapher für Verlust und Trauer. Also habe ich versucht, diese religiöse Idee ernst zu nehmen, aber aus meiner weltlichen und agnostischen Perspektive."
    So "Leftovers" Autor Tom Perrotta, der auch die viel gelobte Romanvorlage "Die Verlassenen" geschrieben hat.
    "Das Buch ist komplett meins, jede Entscheidung, jeder Satz, alles stammt von mir. Für mich ist das definitiv. Andererseits werden Millionen Menschen die Show sehen und nicht das Buch lesen - für sie ist das die definitive Version."
    Zeit für existenzielle Fragen
    Bei seiner Adaption steht ihm Damon Lindelof zur Seite, bekannt durch die Mystery-Serie "Lost". Genau wie "Lost" arbeitet auch "The Leftovers" mit einem großen Ensemble von Charakteren und rollt Schritt für Schritt die Vorgeschichte der einzelnen Figuren auf.
    "Ich glaube, die Realität ist grundsätzlich verwirrend und moralisch komplex; würde also so etwas wie die "Rapture" tatsächlich passieren, dann wären wir vor allem erst mal perplex."
    "The Leftovers" hat aber ein deutlich ruhigeres Erzähltempo und nimmt sich in seinen zehn Folgen viel Zeit für existenzielle Fragen. Auch wenn sich Perrotta und Lindelof weniger für Antworten interessieren, als dafür, wie die Hinterbliebenen sich verhalten.
    "The Leftovers" kommt ohne große Frage oder zentrales Rätsel aus. Statt dessen geht es um Charaktere, die in einer zerbrochenen Welt leben. Und ich glaube, diese Geschichten können wir so lange weiterspinnen, wie sie interessant bleiben.
    "Gott, Mike, stell den Ton aus!"
    "Wird gemacht, Chief."