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Service aus der Steckdose

Die Luft ist dünn im Software-Geschäft. Vorbei die Zeiten, in denen man für eine x-beliebige Geschäftsanwendung traumhaft verdienen konnte. Für die meisten Lebenslagen und Geschäftsvorfälle gibt es heute Standardpakete oder Branchenlösungen. Ordentlich verdienen kann man damit kaum noch. Deshalb sind neue Geschäftsideen stets gefragt.

Peter Welchering |
    Personal Computer in jedem Haushalt und in jedem Büro sind eigentlich entbehrlich – Da ist doch das Internet. Und was der normale Computeranwender so braucht an Programmen, das lässt sich via Internet viel einfacher und kostengünstiger zur Verfügung stellen. Das war die Geschäftsidee, auf die findige Computerunternehmen kamen, als der PC- und Server-Markt vor vier Jahren die ersten Einbrüche zeigte. Eine faszinierende Vorstellung, meint auch Stefan Schaaps vom Marktforschungsunternehmen Piere Audoin Conseil: "Application Service Providing ist eigentlich die Idee gewesen, eine Anwendunggar nicht erst beim Kunden zu installieren, sondern über ein Netzwerk anzubieten und bei Bedarf nutzen zu lassen." Doch das ging gründlich schief: Die anspruchsvollen Erwartungen erfüllten sich nicht, die überaus optimistischen Prognosen waren falsch, stellt Marktforscher Schaaps lapidar fest: "Application Service Providing hat sich bislang fast nicht etabliert." Das liegt auch daran, dass die Computeranwender dem Internet nicht so ganz trauen und ihre Daten und Programme lieber auf der heimischen Festplatte speichern als irgendwo im Internet auf einem Netz-Server ihres Application Service Providers.

    Doch auch die Programme auf dem PC besitzen so ihre Tücken und benötigen Wartung. Genau darin sehen Computerdienstleister ein neues Geschäftsfeld, nachdem das Application Service Providing gescheitert ist. Application Management nennt sich die Entwicklung, an die große Erwartungen geknüpft werden. Dazu Andreas Rapp von der Unilog-Integrata Unternehmensberatung: "Wir wissen aus Marktanalysen, dass wir erstens ein Wachstum in Deutschland von mindestens 50 Prozent in den kommenden drei Jahren haben werden. Ohnehin wird der Gesamtmarkt wachsen, vielleicht nicht so schnell wie in der Vergangenheit, so dass wir von einer Verdoppelung dieses Marktes in den nächsten drei bis vier Jahren ausgehen." Die Anbieter meinen, dass Fehlerbehebung, Wartung und die Anpassung von Standardsoftware an individuelle Bedürfnisse ein lohnendes Geschäft wird. Die Kritiker dagegen erwarten eine ähnliche Entwicklung wie beim Application Service Providing: Ein kurzes Strohfeuer, das hell lodert und dann schnell verlöscht. Unternehmensberater Rapp empfiehlt hier eine differenzierte Sichtweise: "Ob wir eine ähnliche Entwicklung haben wie beim Application Service Providing, werden wir in ein bis zwei Jahren sehen. Im Moment besteht eine klar steigende Tendenz, aber wir haben auch gelernt. Wir werden mit Sicherheit nicht den Fehler machen, dass wir zu schnell und zu früh einseitig in eine bestimmte Richtung investieren."

    Vor allen Dingen die Fernwartung über das Internet ist nach wie vor eine gefragte Dienstleistung und eines der zentralen Elemente des Application Management. Dazu Andreas Rapp: "Fernwartung ist für uns eine Alternative zur physischen Präsenz. Das ist eine Frage von Kosten und Optimierung. Fernwartung über das Netz ist die selbe Kernkompetenz bei den Personen, die sie betreiben. Der einzige Unterschied ist, wo sie arbeiten. Insofern ist das eine Skalierbarkeit, der wir flexibel begegnen können." Darauf bauen auch die Anwender: Aplication Management biete eine größere Flexibilität als Application Service Providing, komme mit einer geringeren Bandbreite der Datenleitungen zurecht und belasse die Daten des Anwenders auf dessen eigener Festplatte. Application Management greift nur ein, wenn es Probleme gibt oder wenn die Anwendung gewartet werden muss. Nur dann muss der Anwender auf Hilfe aus dem Netz zurückgreifen. Offensichtlich gibt die am Markt befindliche Software Anlass genug für Fehlerbehebung und Wartung. Die Application Management Anbieter jedenfalls setzen darauf.