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Sex-Skandal im US-Schwimm-Sport

In den vergangenen Wochen hat es beim amerikanischen Schwimm-Verband jede Menge Aufregung gegeben. Ein Sex-Skandal hat sprichtwörtlich hohe Wellen geschlagen. Eher zufällig kam heraus, dass seit vielen Jahren Nachwuchs-Schwimmerinnen von ihren Trainern sexuell missbraucht oder belästigt wurden und der Verband versucht hat, die Angelegenheit zu vertuschen, um seinen Ruf zu wahren.

Von Heiko Oldörp |
    36 Trainer hat der amerikanische Schwimm-Verband in den vergangenen zehn Jahren wegen sexueller Belästigung und sexuellen Missbrauchs von Nachwuchsschwimmern entlassen. Einer von ihnen ist Brian Hindson aus dem Bundesstaat Indiana - eines von Hindsons Opfern Brook Taflinger, eine talentierte Teenagerin:

    "Er war ein sehr guter Trainer, wenn es darum ging, dich schneller zu machen. Ich habe ihm vertraut - er war schließlich mein Coach und da machst du, was er dir sagt."

    Und so wunderten sich Taflinger und andere Teamkolleginnen nie, dass Hindson sie immer in einen besonderen Raum zum Duschen schickte - wie später herauskam, hatte der Trainer hier Videokameras installiert. Hindson wurde zu 33 Jahren Gefängnis verurteilt.

    Gar 40 Jahre Haft bekam anfangs des Jahres Andy King. Er hat seit Beginn der 80er-Jahre an der Westküste nachweislich mindestens 15 seine Nachwuchs-Schwimmerinnen missbraucht - eines seiner ersten Opfer war damals Deborah Denothorn:

    "Er sagte, du weißt, dass es sehr wichtig ist, dass du dies für dich behältst, denn wenn du anderen davon erzählst, wirst du nie wieder schwimmen - und das hat mir Angst eingejagt - Schwimmen war meine Leidenschaft, dafür habe ich gelebt."

    Ray Mendoza ist Staatsanwalt im kalifornischen San Jose, er war maßgeblich daran beteiligt, dass King ins Gefängnis kam:

    "Er mag ein guter Trainer gewesen sein, aber sein eigentliches Ziel war es, viele seiner Schützlinge sexuell zu belästigen und zu missbrauchen."

    Mendoza wirft dem Schwimm-Verband vor, nicht konsequent gegen Trainer vorzugehen, die in der Vergangenheit auffällig wurden. Es fehlen vor allem Background-Checks, so Mendoza.

    Ken Stoppkotte trainiert an einer Highschool in Indiana - ihn haben die jüngsten Erkenntnisse nicht überrascht:

    "Ich bin sein 27 Jahren Trainer und dies ist schon immer ein Problem gewesen. Und ich denke, dass niemals so richtig darüber gesprochen und es ernst genommen wurde."

    Nachdem Stoppkotte ein Fernseh-Interview gegeben hatte, bekam er umgehend einen Anruf vom Landesschwimm-Verband mit der Aufforderung, das Problem nicht öffentlich zu machen. Denn sowohl auf landes- als auch auf nationaler Ebene befürchtet der US-Schwimm-Verband die Folgen, die durch das Bekanntwerden eines Sex-Skandals entstehen könnten. Und so versucht Geschäftsführer Chuck Wielgus, die Angelegenheit zu verallgemeinern:

    "Ich will nicht sagen, dass 36 Fälle nicht zu viel wären, bereits einer ist zu viel. Aber das ist nicht nur ein Problem einer einzigen Sportart."

    Der Verband scheint mehr um den eigenen Ruf besorgt, als an einer Problemlösung interessiert zu sein. Schwimmen hat vor allem durch Michael Phelps an Popularität in den USA gewonnen - und Fernsehanstalten sowie Sponsoren zahlen mittlerweile Millionen-Summen. Da wirken die jüngsten Meldungen nur imageschädigend, betont Deena Deardurff:

    "Keine Organisation will öffentlich mit solch einem Problem dastehen. Und meiner Meinung nach, wurde es immer unter den Teppich gekehrt."

    Deardurff war 1972 bei den Sommerspielen in München mit 15 Jahren die jüngste Olympiasiegerin. Sie ist eine derjenigen, die sich erst jetzt an die Öffentlichkeit getraut und zugegeben hat, dass sie bereits damals über einen Zeitraum von vier Jahren von ihrem Trainer missbraucht wurde.