Sri Lanka. Hunderttausende Touristen zieht es Jahr für Jahr an die Palmenstrände der Trauminsel im indischen Ozean, in die Nähe von jahrtausendealten Kulturdenkmälern und überaus freundlichen Menschen. "Manche Besucher allerdings", sagt Maureen Seneviratne, "suchen im traditionell toleranten Sri Lanka nichts als Sex – mit so genannten beach boys".
Maureen erlebte als Mitarbeiterin eines Touristik-Unternehmens Kindesmissbrauch aus nächster Nähe und gründete deshalb 1990 die Organisation "PEACE" - eine private Initiative, die von einem bescheidenen Büro in Colombo aus den Kampf gegen kommerziellen Kindesmissbrauch organisiert: mit Aufklärungsarbeit in Kommunen, bei Behörden und Tourismus-Unternehmen; mit Gesetzesinitiativen und weltweiter Lobby-Arbeit im Namen der Opfer.
Die Täter kommen aus Westeuropa, den USA, Australien, oft als Geschäftsleute einreisende Kinderschänder: Das Internet bietet Hunderte srilankische Jungen samt der nötigen Infrastruktur vor Ort. Von einer "Mafia des Kinderhandels mit Umsätzen in Millionenhöhe" spricht Maureen Seneviratne. "Leider", sagt Maureen, "ist es für die Mafia leicht, Kinder-Nachschub zu beschaffen. Denn in unseren Dörfern sind zahllose bitterarme Familien zerbrochen – weil die Mütter in Katar oder Dubai arbeiten."
Seneviratne: "Unsere im Mittleren Osten arbeitenden Frauen sind Sri Lankas wichtigste Devisenquelle – noch vor dem Export von Tee und Textilien. Wir von PEACE kritisieren das seit Jahren; unsere Regierung jedoch schickt immer mehr Frauen ins Ausland – mit katastrophalen Folgen für deren Kinder: Die Väter nämlich suchen sich meist eine neue Frau, die die Kinder der ersten Frau davonjagt. Auf der Straße oder am Strand fallen sie dann unweigerlich der Sex-Mafia in die Hände. Viele dieser Kinder verschwinden, sterben an Aids, gehen, wer weiß wie, zugrunde."
Vor allem in Dörfern und Slums, die an Touristenzentren grenzen, versucht "PEACE" vorzubeugen - unterstützt von Vertretern der Kirchen aus Europa. "PEACE"-Mitarbeiter informieren über die Rechte der Kinder, erklären, wie Kinderschänder vorgehen. Und sie eröffnen Betroffenen wie Eltern neue, andere Einkommensquellen: in 60 Kursen bildet "PEACE" zurzeit Schreiner, Gemüsehändler und Heimarbeiter für eine Fabrik aus. Die Reichweite dieser Hilfe zur Selbsthilfe allerdings ist begrenzt – in einem Land mit zehn Millionen, zumeist in Armut lebenden, Kindern.
Seneviratne: "Da und dort ist der lokalen Mafia die Küstenregion zu heiß geworden; sie holt sich Kinder aus dem Landesinnern – von Teeplantagen und vor allem aus Flüchtlingslagern. Zu Dutzenden werden kleine Tamilen-Jungen aus solchen Lagern als Sexsklaven verkauft; Monat für Monat berichte ich darüber der Nationalen Kinderschutzbehörde; aber dort sorgt man sich ausschließlich um Kinder, die die Rebellenbewegung "Tamil Tigers" als Kämpfer rekrutiert. Für Flüchtlingskinder, die in die Prostitution verkauft werden, hat die Behörde noch kein Interesse gezeigt."
Behörden, Polizei und Gerichte in Sri Lanka gelten als träge und nicht selten korrupt; Kinderschänder kamen bis vor kurzem mit Geldbußen oder Bewährungsstrafen davon. Dies hat sich nach hartnäckigen "PEACE"-Protesten und -Petitionen geändert. Wegen kommerziellen Missbrauchs von Kindern sitzen inzwischen etliche Srilanker hinter Gittern. "Zu 90 Prozent aber sind Ausländer verantwortlich", sagt Maureen Seneviratne.
Sie lobt, dass Länder wie Deutschland jetzt auch im Ausland begangene Sexualstraftaten verfolgen; leider jedoch, sagt Maureen, seien in Europa bislang weniger als zehn Männer wegen Kindesmissbrauchs in Sri Lanka verurteilt worden – zum Teil, weil srilankische Behörden äußerst träge auf Auslieferungsbegehren reagieren und weiße Ausländer immer noch mit Samthandschuhen anfassen.
Seneviratne: "Ein norwegischer Kinderschänder hatte in seinem Geständnis detailliert beschrieben, wie und wie oft er seine Opfer missbrauchte; er wurde zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt. Ein Jahr verbrachte der Mann in einer psychiatrischen Klinik; dann bekam er einen neuen Prozess und wurde - als erwiesenermaßen unschuldig - freigesprochen."
Außer Sichtweite des "Mount Lavinia"-Hotels ist der Strand übersät von Müll; eine verhärmte hochschwangere Frau kommt mir entgegen, an den Zipfeln ihres zerrissenen roten Rocks ein Mädchen von etwa zwölf Jahren, eins von acht und ein kleiner Junge von vielleicht vier Jahren. "How are you?" fragt die Frau; das ältere Mädchen – Blasen um den Mund, das Haar filzig vor Schmutz – lächelt mich an, streichelt schüchtern meine Hand, derweil der verstört wirkende kleine Junge auf Schwestern und Mutter einschlägt.
"Nice hotel" deutet die Frau landeinwärts und mit der Bemerkung "nice girl" auf ihr zwölfjähriges Mädchen. Als ich schweige, schiebt die Frau ihre jüngere Tochter auf mich zu. "No man before", sagt sie mit einem zahnlosen, kumpelhaften Lachen. "Hier haben Sie eine Jungfrau."
Maureen erlebte als Mitarbeiterin eines Touristik-Unternehmens Kindesmissbrauch aus nächster Nähe und gründete deshalb 1990 die Organisation "PEACE" - eine private Initiative, die von einem bescheidenen Büro in Colombo aus den Kampf gegen kommerziellen Kindesmissbrauch organisiert: mit Aufklärungsarbeit in Kommunen, bei Behörden und Tourismus-Unternehmen; mit Gesetzesinitiativen und weltweiter Lobby-Arbeit im Namen der Opfer.
Die Täter kommen aus Westeuropa, den USA, Australien, oft als Geschäftsleute einreisende Kinderschänder: Das Internet bietet Hunderte srilankische Jungen samt der nötigen Infrastruktur vor Ort. Von einer "Mafia des Kinderhandels mit Umsätzen in Millionenhöhe" spricht Maureen Seneviratne. "Leider", sagt Maureen, "ist es für die Mafia leicht, Kinder-Nachschub zu beschaffen. Denn in unseren Dörfern sind zahllose bitterarme Familien zerbrochen – weil die Mütter in Katar oder Dubai arbeiten."
Seneviratne: "Unsere im Mittleren Osten arbeitenden Frauen sind Sri Lankas wichtigste Devisenquelle – noch vor dem Export von Tee und Textilien. Wir von PEACE kritisieren das seit Jahren; unsere Regierung jedoch schickt immer mehr Frauen ins Ausland – mit katastrophalen Folgen für deren Kinder: Die Väter nämlich suchen sich meist eine neue Frau, die die Kinder der ersten Frau davonjagt. Auf der Straße oder am Strand fallen sie dann unweigerlich der Sex-Mafia in die Hände. Viele dieser Kinder verschwinden, sterben an Aids, gehen, wer weiß wie, zugrunde."
Vor allem in Dörfern und Slums, die an Touristenzentren grenzen, versucht "PEACE" vorzubeugen - unterstützt von Vertretern der Kirchen aus Europa. "PEACE"-Mitarbeiter informieren über die Rechte der Kinder, erklären, wie Kinderschänder vorgehen. Und sie eröffnen Betroffenen wie Eltern neue, andere Einkommensquellen: in 60 Kursen bildet "PEACE" zurzeit Schreiner, Gemüsehändler und Heimarbeiter für eine Fabrik aus. Die Reichweite dieser Hilfe zur Selbsthilfe allerdings ist begrenzt – in einem Land mit zehn Millionen, zumeist in Armut lebenden, Kindern.
Seneviratne: "Da und dort ist der lokalen Mafia die Küstenregion zu heiß geworden; sie holt sich Kinder aus dem Landesinnern – von Teeplantagen und vor allem aus Flüchtlingslagern. Zu Dutzenden werden kleine Tamilen-Jungen aus solchen Lagern als Sexsklaven verkauft; Monat für Monat berichte ich darüber der Nationalen Kinderschutzbehörde; aber dort sorgt man sich ausschließlich um Kinder, die die Rebellenbewegung "Tamil Tigers" als Kämpfer rekrutiert. Für Flüchtlingskinder, die in die Prostitution verkauft werden, hat die Behörde noch kein Interesse gezeigt."
Behörden, Polizei und Gerichte in Sri Lanka gelten als träge und nicht selten korrupt; Kinderschänder kamen bis vor kurzem mit Geldbußen oder Bewährungsstrafen davon. Dies hat sich nach hartnäckigen "PEACE"-Protesten und -Petitionen geändert. Wegen kommerziellen Missbrauchs von Kindern sitzen inzwischen etliche Srilanker hinter Gittern. "Zu 90 Prozent aber sind Ausländer verantwortlich", sagt Maureen Seneviratne.
Sie lobt, dass Länder wie Deutschland jetzt auch im Ausland begangene Sexualstraftaten verfolgen; leider jedoch, sagt Maureen, seien in Europa bislang weniger als zehn Männer wegen Kindesmissbrauchs in Sri Lanka verurteilt worden – zum Teil, weil srilankische Behörden äußerst träge auf Auslieferungsbegehren reagieren und weiße Ausländer immer noch mit Samthandschuhen anfassen.
Seneviratne: "Ein norwegischer Kinderschänder hatte in seinem Geständnis detailliert beschrieben, wie und wie oft er seine Opfer missbrauchte; er wurde zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt. Ein Jahr verbrachte der Mann in einer psychiatrischen Klinik; dann bekam er einen neuen Prozess und wurde - als erwiesenermaßen unschuldig - freigesprochen."
Außer Sichtweite des "Mount Lavinia"-Hotels ist der Strand übersät von Müll; eine verhärmte hochschwangere Frau kommt mir entgegen, an den Zipfeln ihres zerrissenen roten Rocks ein Mädchen von etwa zwölf Jahren, eins von acht und ein kleiner Junge von vielleicht vier Jahren. "How are you?" fragt die Frau; das ältere Mädchen – Blasen um den Mund, das Haar filzig vor Schmutz – lächelt mich an, streichelt schüchtern meine Hand, derweil der verstört wirkende kleine Junge auf Schwestern und Mutter einschlägt.
"Nice hotel" deutet die Frau landeinwärts und mit der Bemerkung "nice girl" auf ihr zwölfjähriges Mädchen. Als ich schweige, schiebt die Frau ihre jüngere Tochter auf mich zu. "No man before", sagt sie mit einem zahnlosen, kumpelhaften Lachen. "Hier haben Sie eine Jungfrau."