Der Leiter des russischen Programms der Deutschen Welle, Miodrag Soric, kennt sich in dem zentralasiatischen Staat gut aus. Er sieht die Situation der Medien so:
Der Einfluß des Staates ist nach wie vor sehr sehr groß, und man kann von Pressefreiheit, wie wir sie hier bei uns im Westen haben, in Usbekistan nicht sprechen. Das gilt aber nicht nur für Usbekistan, das gilt auch für die meisten anderen zentralasiatischen Staaten, also in Turkmenistan - da ist es sogar noch schlimmer -, in Kasachstan, zum Teil auch in Kirgistan. Der Einfluß des Staates ist allumfassend, zumindest gilt das für die Verbreitung von politischen und wirtschaftlichen Nachrichten. Die Agenturen arbeiten praktisch dem Staate zu, dem Präsidenten. Man muß sich einfach vergegenwärtigen, daß sicherlich die Sowjetunion untergegangen ist, allerdings die Leute, die dort die Pressearbeit machen, nach wie vor die alten sind.
Der Präsident von Usbekistan hat zwar häufiger zugesagt, daß er mehr Pressefreiheit wünscht, aber es gibt noch viele Hindernisse. Das professionelle Niveau der Journalisten ist niedrig. Es gibt keine Traditionen, kritischen Journalismus auszuüben. Die Medien betrachten sich nicht als Wachhund der Bürgerrechte, sondern als Schoßhund der Mächtigen. Auch zwingt die finanzielle Lage viele zum Gefälligkeitsjournalismus. Befragt, was mit jenen Journalisten passiert, die dennoch Kritik wagen, antwortet Miodrag Soric:
Zum ersten natürlich, daß sie ihren Job loswerden können. Wenn ein Journalist sagt: 'Die Regierung verletzt hier und da die Menschenrechte', und er das zu publizieren versucht, dann wird in der Regel es sehr sehr schwierig sein, überhaupt diesen Artikel zu veröffentlichen, weil die alten Kontrollinstanzen noch funktionieren - die alten, damit meine ich die, die noch aus der Zeit der früheren Sowjetunion stammen. Eine Art Zensurapparat, den gibt es nach wie vor. Zum anderen: Selbst, wenn es ihm gelingt, so etwas zu veröffentlichen, dann wird man ihm schnell Probleme machen können. Sie haben gefragt, was einem passieren kann. Wenn es einer wieder und wieder versucht und hartnäckig bleibt, dann können natürlich auch drastischere Strafen folgen. Es kann natürlich dann auch sein, daß solche Leute nicht nur mit Geldstrafen belegt werden, sondern daß sie sogar ins Gefängnis kommen können.
So erging es dem usbekischen Journalisten Shadi Mardjew. Er hatte sich 1997 in einer Satire-Sendung mit dem stellvertretenden Generalstaatsanwalt von Samarkand befaßt. Knapp ein halbes Jahr später wurde er wegen Verleumdung zu 11 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Menschenrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen" appelliert an den Staatspräsidenten, den 62-jährigen kranken Journalisten zu begnadigen - bislang ohne Erfolg. Trotz allem: Kleine Pflänzchen der Pressefreiheit gedeihen seit einiger Zeit in Usbekistan. In Taschkent entstand der erste private Hörfunksender, "Radio Grand". Er ging aus einem Universitätssender hervor und hat jetzt eine Lizenz von der Regierung bekommen. Befragt, ob beispielsweise auch kritische Live-Interviews möglich seien, antwortet die Chefredakteurin Gulnara Babadschanowa:
Das ist wirklich so, wir haben solche Möglichkeiten jetzt bekommen. Im Laufe der letzten 7 Jahre, die Jahre der Unabhängigkeit, sagte unser Präsident immer, daß man die Medien mehr demokratisieren müsse. Wir haben 70 Jahre im totalitären Staat gelebt und die Journalisten sind es nicht gewöhnt, die Wahrheit zu sagen. Und jetzt haben wir solche Möglichkeit und wir können kritische und verschiedene solche Materialien geben.
Bislang hatte der Sender, der auch schon einmal deutsche Gesprächspartner zu einem halbstündigen Live-Interview über die Freiheit der Medien einlädt, keine Probleme mit dem allmächtigen Staatspräsidenten. Ob das aber so bleibt, ist ungewiß. Die Chefredakteurin von Radio Grand ist aber optimistisch, und sie klopft dreimal auf Holz:
Ich hoffe, daß es in der Zukunft noch besser geht. Und wenn wir jetzt etwas kritischer sagen können, dann kann wirklich in der Zukunft das Medium Radio eine Art vierte Gewalt sein.
Radio Grand in Taschkent hat große Pläne. Ermutigt durch den bisherigen Erfolg will der Sender demnächst auch ein Fernsehprogramm anbieten. Kommerzielles Fernsehen gibt es bereits: 300 km von der Hauptstadt entfernt, in Samarkand, der einst schönsten Stadt der Welt an der Seitenstraße von China nach Europa. Der 1991 gegründete private Fernsehsender "Samarkand TV" gehört einer Aktiengesellschaft, die auch Zeitungen und Zeitschriften herausgibt. Alleinige Finanzierungsgrundlage ist die Werbung. Vom Staat gibt es keinerlei Zuschüsse. Und vielleicht ist das auch der Grund dafür, daß sich "Samarkand TV" kritisch mit lokalen Mißständen, wie der praktisch nicht vorhandenen Müllabfuhr, befassen kann. Danach befragt, erläutert Chefredakteur Bahodir Scharopow:
Es ist nicht einziges Thema Müllabfuhr, das wir kritisieren. Es gibt auch viele Probleme, die wir auch kritisieren können, aber das ist keine Hauptaufgabe, daß wir immer kritisieren oder immer kritisieren müssen oder wollen. Es gibt viele Probleme, die wir zusammen mit Stadtbehörden erledigen wollen.
Von einer Freiheit der Medien nach westlichem Vorbild ist Usbekistan noch weit entfernt. Aber gerade die jüngeren Journalisten wissen, daß es auch auf sie ankommt, den Demokratisierungsprozeß voranzutreiben. Fernsehchef Scharopow formuliert das so:
70 Jahre lang gab es - auch beim Fernsehen - keine kritischen Themen. Wir machen jetzt die ersten Schritte, und wir hoffen, daß wir in diesem Bereich Erfolge haben und die Bevölkerung uns unterstützen wird. Die Hauptsache ist, daß unsere Kollegen sehr jung sind, daß unsere Kollegen während der Sowjetzeiten als Journalisten nicht gearbeitet haben. Die haben eine neue Denkweise, eine ganz andere Denkweise. Das ist sehr wichtig für unsere Tätigkeit.
Neue Informationsmöglichkeiten haben die Bürger im fernen Usbekistan überdies durch ausländische Sender, die mit den heimischen zusammenarbeiten. Dies gilt beispielsweise für die Deutsche Welle und die BBC. Über deren Freiräume urteilt der Leiter des russischen Programms der Deutschen Welle, Miodrag Soric:
Wenn der usbekische Staat hört, daß ein usbekischer Radiosender zusammenarbeitet mit der BBC oder mit der Deutschen Welle, dann kann man davon sprechen, daß es so eine Art Schutz gibt - im Russischen spricht man von Krischa, von einem Dach gibt, unter dem dann der usbekische Sender versucht, seine Tätigkeit etwas weiter zu entfalten. In dem Augenblick, wo ich als usbekischer Staat weiß, dieser Radiosender arbeitet mit der Deutschen Welle und mit der BBC zusammen, will ich keinen großen Ärger mit diesem Radiosender haben, weil das dann zur Folge haben könnte, daß das publik wird, auch im Westen. Und das könnte dann wiederum dem Staat schaden. Das heißt: Die Zusammenarbeit mit solchen westlichen Sendern hilft dann solchen Radiostationen, um ein klein wenig mehr den journalistischen Freiraum zu nutzen.
Der Einfluß des Staates ist nach wie vor sehr sehr groß, und man kann von Pressefreiheit, wie wir sie hier bei uns im Westen haben, in Usbekistan nicht sprechen. Das gilt aber nicht nur für Usbekistan, das gilt auch für die meisten anderen zentralasiatischen Staaten, also in Turkmenistan - da ist es sogar noch schlimmer -, in Kasachstan, zum Teil auch in Kirgistan. Der Einfluß des Staates ist allumfassend, zumindest gilt das für die Verbreitung von politischen und wirtschaftlichen Nachrichten. Die Agenturen arbeiten praktisch dem Staate zu, dem Präsidenten. Man muß sich einfach vergegenwärtigen, daß sicherlich die Sowjetunion untergegangen ist, allerdings die Leute, die dort die Pressearbeit machen, nach wie vor die alten sind.
Der Präsident von Usbekistan hat zwar häufiger zugesagt, daß er mehr Pressefreiheit wünscht, aber es gibt noch viele Hindernisse. Das professionelle Niveau der Journalisten ist niedrig. Es gibt keine Traditionen, kritischen Journalismus auszuüben. Die Medien betrachten sich nicht als Wachhund der Bürgerrechte, sondern als Schoßhund der Mächtigen. Auch zwingt die finanzielle Lage viele zum Gefälligkeitsjournalismus. Befragt, was mit jenen Journalisten passiert, die dennoch Kritik wagen, antwortet Miodrag Soric:
Zum ersten natürlich, daß sie ihren Job loswerden können. Wenn ein Journalist sagt: 'Die Regierung verletzt hier und da die Menschenrechte', und er das zu publizieren versucht, dann wird in der Regel es sehr sehr schwierig sein, überhaupt diesen Artikel zu veröffentlichen, weil die alten Kontrollinstanzen noch funktionieren - die alten, damit meine ich die, die noch aus der Zeit der früheren Sowjetunion stammen. Eine Art Zensurapparat, den gibt es nach wie vor. Zum anderen: Selbst, wenn es ihm gelingt, so etwas zu veröffentlichen, dann wird man ihm schnell Probleme machen können. Sie haben gefragt, was einem passieren kann. Wenn es einer wieder und wieder versucht und hartnäckig bleibt, dann können natürlich auch drastischere Strafen folgen. Es kann natürlich dann auch sein, daß solche Leute nicht nur mit Geldstrafen belegt werden, sondern daß sie sogar ins Gefängnis kommen können.
So erging es dem usbekischen Journalisten Shadi Mardjew. Er hatte sich 1997 in einer Satire-Sendung mit dem stellvertretenden Generalstaatsanwalt von Samarkand befaßt. Knapp ein halbes Jahr später wurde er wegen Verleumdung zu 11 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Menschenrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen" appelliert an den Staatspräsidenten, den 62-jährigen kranken Journalisten zu begnadigen - bislang ohne Erfolg. Trotz allem: Kleine Pflänzchen der Pressefreiheit gedeihen seit einiger Zeit in Usbekistan. In Taschkent entstand der erste private Hörfunksender, "Radio Grand". Er ging aus einem Universitätssender hervor und hat jetzt eine Lizenz von der Regierung bekommen. Befragt, ob beispielsweise auch kritische Live-Interviews möglich seien, antwortet die Chefredakteurin Gulnara Babadschanowa:
Das ist wirklich so, wir haben solche Möglichkeiten jetzt bekommen. Im Laufe der letzten 7 Jahre, die Jahre der Unabhängigkeit, sagte unser Präsident immer, daß man die Medien mehr demokratisieren müsse. Wir haben 70 Jahre im totalitären Staat gelebt und die Journalisten sind es nicht gewöhnt, die Wahrheit zu sagen. Und jetzt haben wir solche Möglichkeit und wir können kritische und verschiedene solche Materialien geben.
Bislang hatte der Sender, der auch schon einmal deutsche Gesprächspartner zu einem halbstündigen Live-Interview über die Freiheit der Medien einlädt, keine Probleme mit dem allmächtigen Staatspräsidenten. Ob das aber so bleibt, ist ungewiß. Die Chefredakteurin von Radio Grand ist aber optimistisch, und sie klopft dreimal auf Holz:
Ich hoffe, daß es in der Zukunft noch besser geht. Und wenn wir jetzt etwas kritischer sagen können, dann kann wirklich in der Zukunft das Medium Radio eine Art vierte Gewalt sein.
Radio Grand in Taschkent hat große Pläne. Ermutigt durch den bisherigen Erfolg will der Sender demnächst auch ein Fernsehprogramm anbieten. Kommerzielles Fernsehen gibt es bereits: 300 km von der Hauptstadt entfernt, in Samarkand, der einst schönsten Stadt der Welt an der Seitenstraße von China nach Europa. Der 1991 gegründete private Fernsehsender "Samarkand TV" gehört einer Aktiengesellschaft, die auch Zeitungen und Zeitschriften herausgibt. Alleinige Finanzierungsgrundlage ist die Werbung. Vom Staat gibt es keinerlei Zuschüsse. Und vielleicht ist das auch der Grund dafür, daß sich "Samarkand TV" kritisch mit lokalen Mißständen, wie der praktisch nicht vorhandenen Müllabfuhr, befassen kann. Danach befragt, erläutert Chefredakteur Bahodir Scharopow:
Es ist nicht einziges Thema Müllabfuhr, das wir kritisieren. Es gibt auch viele Probleme, die wir auch kritisieren können, aber das ist keine Hauptaufgabe, daß wir immer kritisieren oder immer kritisieren müssen oder wollen. Es gibt viele Probleme, die wir zusammen mit Stadtbehörden erledigen wollen.
Von einer Freiheit der Medien nach westlichem Vorbild ist Usbekistan noch weit entfernt. Aber gerade die jüngeren Journalisten wissen, daß es auch auf sie ankommt, den Demokratisierungsprozeß voranzutreiben. Fernsehchef Scharopow formuliert das so:
70 Jahre lang gab es - auch beim Fernsehen - keine kritischen Themen. Wir machen jetzt die ersten Schritte, und wir hoffen, daß wir in diesem Bereich Erfolge haben und die Bevölkerung uns unterstützen wird. Die Hauptsache ist, daß unsere Kollegen sehr jung sind, daß unsere Kollegen während der Sowjetzeiten als Journalisten nicht gearbeitet haben. Die haben eine neue Denkweise, eine ganz andere Denkweise. Das ist sehr wichtig für unsere Tätigkeit.
Neue Informationsmöglichkeiten haben die Bürger im fernen Usbekistan überdies durch ausländische Sender, die mit den heimischen zusammenarbeiten. Dies gilt beispielsweise für die Deutsche Welle und die BBC. Über deren Freiräume urteilt der Leiter des russischen Programms der Deutschen Welle, Miodrag Soric:
Wenn der usbekische Staat hört, daß ein usbekischer Radiosender zusammenarbeitet mit der BBC oder mit der Deutschen Welle, dann kann man davon sprechen, daß es so eine Art Schutz gibt - im Russischen spricht man von Krischa, von einem Dach gibt, unter dem dann der usbekische Sender versucht, seine Tätigkeit etwas weiter zu entfalten. In dem Augenblick, wo ich als usbekischer Staat weiß, dieser Radiosender arbeitet mit der Deutschen Welle und mit der BBC zusammen, will ich keinen großen Ärger mit diesem Radiosender haben, weil das dann zur Folge haben könnte, daß das publik wird, auch im Westen. Und das könnte dann wiederum dem Staat schaden. Das heißt: Die Zusammenarbeit mit solchen westlichen Sendern hilft dann solchen Radiostationen, um ein klein wenig mehr den journalistischen Freiraum zu nutzen.