Was der Regisseur Andreas Kriegenburg von Tschechows Figuren und Dialogen hält, macht er gleich zu Anfang deutlich. Erstmal witzeln zwei Figuren in Kostüm und Maske in einem dazu erfundenen Prolog darüber, wer wo was spielen wird, und natürlich, ach Kriegenburg, nicht Dieter Dorn führt Regie, da wird dann wohl weniger Tschechow als "nach Tschechow" draus.
Und wenig später rattert und kreischt Olga, die Älteste der drei Schwestern, den in Dialogform geschriebenen, austauschbaren Wortmüll aller möglichen Figuren mit Rede und Gegenrede im Alleingang herunter. Und die möglichen Gesprächspartner stehen stumm drumrum. Komisch, gewiss, eine Zeitlang, aber auch recht schnell - öde. Dem Zuschauer soll vermutlich auch so zumute werden wie den Figuren.
Monolog kann und soll man solche Textflächen nicht mehr nennen. Tschechows Figuren reden einfach immerzu und immer dasselbe - aber sie haben nichts zu sagen. Die Sprache ist hier also nicht mehr Gefühlsausdruck - und mit so etwas wie Subtext mochte sich Kriegenburg offenbar ebenso wenig abgeben wie mit Menschen ohne Eigenschaften, mit Menschen, die ihre Identität verloren haben, also keine Theater-Charaktere mehr sind.
Das klingt im Programmheft ganz schön: Von der "Dämmerung des Individuums" ist die Rede, von der Bühne, die die Zeit selbst in ihrer unerträglichen Alltäglichkeit zeige, und von Visionen und Klängen, die "die lückenhafte Realität plötzlich fühlbar machen". Aber wie fast
dreieinhalb Stunden mit zusammenschmelzenden Figuren und Realitätslücken füllen?
Kriegenburg, der auch für die Bühne verantwortlich zeichnet, suggeriert (durch Klänge!), dieser helle Raum unter einem krakenartigen Riesenkronleuchter, ein Raum ohne Ausblick (es gibt zwar ein großes Kassettenfenster, aber mit Milchglasscheiben) - dieser Raum ohne einen fassbaren Außenraum sei so eine Art Yellow Submarine, ein Traumschiff, in dem man die Zeit irgendwie herumbringen muss. Dazu sind ihm manch schöne Bilder eingefallen. Immer wieder setzen die Figuren übergroße, verbeulte Pappmaché-Köpfe auf, mit spärlichem Haar, weit aufgerissenen, starren schwarzen Kulleraugen und Gesichtern wie altgewordene Kinder.
So dass die Schauspieler wie Menschenpuppen aussehen, mit winzigen Körperchen, schlapp schlenkernden Beinchen, verkrampften Schultern - und niemand mehr sehen kann, wer eigentlich spricht. Sprechautomaten in - durchaus symbolischer - Schieflage mit aufgeblasenem Kopf und leerer Birne geben Worthülsen von sich und formieren sich schon mal zu Puppenband und Puppentanz.
Handlung? Ausgesprochene, mitgeteilte Gedanken? Was sollte das sein. Es wiederholt sich ja immer nur alles. Irgendwann sind die Wände mit Wunschzetteln tapeziert, noch später hängen solche Wunschzettel auch an vielen weißen Luftballons, die in dem weißen Traumraum - rumstehen. Will sagen: die Figuren geistern ausweglos durch ein wahres Wünsche-Labyrinth oder stürzen sich auf bereitstehende Berge aus zerknüllter Wäsche.
Zwischendurch brennt es dann mal - irgendwo draußen. Immerhin eine Abwechslung, ein emotionaler Reiz. Zeit für Gefühlswallungen und Bekenntnisse. Da auf der Bühne sowieso keiner zuhört, weil alle mit sich selbst beschäftigt sind, werden die Lebensbeichten, maskenlos, meist ans Publikum gerichtet.
Dann ist es ganz aus mit Variationen aus Litaneien, Rederitis, Textaufsagen, Parforce-Selbstüberredungen, mit denen man sich die Realität vom Leibe halten kann. Von nun an wird gebrüllt, dass einem die Schauspieler leid tun können. Klar doch: je stärker die Gefühle (meist: das Selbstmitleid), desto lauter wird es.
Die Figuren reagieren wie ein überhitzter Dampfdrucktopf, getreu der Affekt-Mechanik dieser Aufführung, die unter Berufung auf die ja klinischen, also neutralen Menschen-Beobachtungen des Arztes Tschechow den Text nicht ernst nimmt. Tschechow aber hat, so viel ist sicher, weder als Arzt noch als Autor übersehen, dass die im Gestrüpp ihrer unerfüllten, diffusen Sehnsüchte zappelnden Menschen an ihrer inneren Öde leiden und daran verzweifeln, auch wenn sie infantil, ja lächerlich wirken.
Und wenig später rattert und kreischt Olga, die Älteste der drei Schwestern, den in Dialogform geschriebenen, austauschbaren Wortmüll aller möglichen Figuren mit Rede und Gegenrede im Alleingang herunter. Und die möglichen Gesprächspartner stehen stumm drumrum. Komisch, gewiss, eine Zeitlang, aber auch recht schnell - öde. Dem Zuschauer soll vermutlich auch so zumute werden wie den Figuren.
Monolog kann und soll man solche Textflächen nicht mehr nennen. Tschechows Figuren reden einfach immerzu und immer dasselbe - aber sie haben nichts zu sagen. Die Sprache ist hier also nicht mehr Gefühlsausdruck - und mit so etwas wie Subtext mochte sich Kriegenburg offenbar ebenso wenig abgeben wie mit Menschen ohne Eigenschaften, mit Menschen, die ihre Identität verloren haben, also keine Theater-Charaktere mehr sind.
Das klingt im Programmheft ganz schön: Von der "Dämmerung des Individuums" ist die Rede, von der Bühne, die die Zeit selbst in ihrer unerträglichen Alltäglichkeit zeige, und von Visionen und Klängen, die "die lückenhafte Realität plötzlich fühlbar machen". Aber wie fast
dreieinhalb Stunden mit zusammenschmelzenden Figuren und Realitätslücken füllen?
Kriegenburg, der auch für die Bühne verantwortlich zeichnet, suggeriert (durch Klänge!), dieser helle Raum unter einem krakenartigen Riesenkronleuchter, ein Raum ohne Ausblick (es gibt zwar ein großes Kassettenfenster, aber mit Milchglasscheiben) - dieser Raum ohne einen fassbaren Außenraum sei so eine Art Yellow Submarine, ein Traumschiff, in dem man die Zeit irgendwie herumbringen muss. Dazu sind ihm manch schöne Bilder eingefallen. Immer wieder setzen die Figuren übergroße, verbeulte Pappmaché-Köpfe auf, mit spärlichem Haar, weit aufgerissenen, starren schwarzen Kulleraugen und Gesichtern wie altgewordene Kinder.
So dass die Schauspieler wie Menschenpuppen aussehen, mit winzigen Körperchen, schlapp schlenkernden Beinchen, verkrampften Schultern - und niemand mehr sehen kann, wer eigentlich spricht. Sprechautomaten in - durchaus symbolischer - Schieflage mit aufgeblasenem Kopf und leerer Birne geben Worthülsen von sich und formieren sich schon mal zu Puppenband und Puppentanz.
Handlung? Ausgesprochene, mitgeteilte Gedanken? Was sollte das sein. Es wiederholt sich ja immer nur alles. Irgendwann sind die Wände mit Wunschzetteln tapeziert, noch später hängen solche Wunschzettel auch an vielen weißen Luftballons, die in dem weißen Traumraum - rumstehen. Will sagen: die Figuren geistern ausweglos durch ein wahres Wünsche-Labyrinth oder stürzen sich auf bereitstehende Berge aus zerknüllter Wäsche.
Zwischendurch brennt es dann mal - irgendwo draußen. Immerhin eine Abwechslung, ein emotionaler Reiz. Zeit für Gefühlswallungen und Bekenntnisse. Da auf der Bühne sowieso keiner zuhört, weil alle mit sich selbst beschäftigt sind, werden die Lebensbeichten, maskenlos, meist ans Publikum gerichtet.
Dann ist es ganz aus mit Variationen aus Litaneien, Rederitis, Textaufsagen, Parforce-Selbstüberredungen, mit denen man sich die Realität vom Leibe halten kann. Von nun an wird gebrüllt, dass einem die Schauspieler leid tun können. Klar doch: je stärker die Gefühle (meist: das Selbstmitleid), desto lauter wird es.
Die Figuren reagieren wie ein überhitzter Dampfdrucktopf, getreu der Affekt-Mechanik dieser Aufführung, die unter Berufung auf die ja klinischen, also neutralen Menschen-Beobachtungen des Arztes Tschechow den Text nicht ernst nimmt. Tschechow aber hat, so viel ist sicher, weder als Arzt noch als Autor übersehen, dass die im Gestrüpp ihrer unerfüllten, diffusen Sehnsüchte zappelnden Menschen an ihrer inneren Öde leiden und daran verzweifeln, auch wenn sie infantil, ja lächerlich wirken.