"Ich seh viel mehr, mach' ich die Augen zu.
Profanes nur sehn sie zur Tageszeit;
Doch wenn ich schlaf, erscheinst im Traum mir du,
Traums Dunkelhell erhellt mir Dunkelheit."
Noch bevor Shakespeare die große Frage nach der Verlässlichkeit der Wahrnehmung, nach den Trugbildern des Sichtbaren und der Hellsichtigkeit des Schlafes stellen konnte, hat Robert Wilson in einem Eingangsbild ein Defilee von höfischen Fabelwesen über die Bühne hüpfen lassen. Mit neckischen, kapriziösen Gesten, und mit lächerlichem Protzgehabe hat er Klischees des Frauen- und des Männerbildes illustriert und zu all dem an der rechten Bühnenseite eine mächtige Dame mit vorgerecktem Schnupftuch ihre Trauer vorführen lassen.
Ganz anders als der englische Altmeister Peter Brook, der jüngst unter dem Titel "Love is my sin" 27 der 154 Shakespeare-Sonetten in eine bildkarge Rezitation für zwei Schauspieler gefasst hat, entfaltet der amerikanische Kollege eine geradezu überbordende Bilderflut, in der allegorische und historische Figuren der Shakespeare-Zeit sowie eigene Figurenerfindungen auftauchen. Schwer, innerhalb dieser Choreografie den Bezug zu dem legendären unbekannten Jüngling, beziehungsweise der obskuren, sittlich fragwürdigen Dame zu erkennen, den beiden unbekannten Adressaten dieser Liebesdichtung.
Da tänzelt ein aufgedunsener Cupido über die Bühne, oder ein gnomenhafter Narr, da werden vor einem großen Baum der Erkenntnis Äpfel verabreicht, da ist ein Autowrack in einen seinerseits abgebrochenen Baum verkeilt, und vor ihm kommen zwei Liebende sich einander immer näher, bevor die Szene in einem langen Kuss endet. Irgendwie ist das wohl ein Bild für die katastrophische Verstrickung, in die die Leidenschaft führt. Vor allem ist auf der Bühne auch der Autor selbst, der mit seinen Sonetten einen Einblick in sein Gefühlsleben ermöglicht, verkörpert von Inge Keller, und da ist die englische Monarchin Elisabeth, die Jürgen Holtz darstellt. All das ist Bilder- und Personenbeiwerk, das locker assoziativ um die Sonette kreist, ohne in den Kern der Liebesdichtung zu führen. Mal in deutsch, mal in englisch, mal gesungen, mal gesprochen tönt sie unvermittelt aus einem lustigen Bilderbaukasten heraus. Ästhetisch und dramaturgisch gänzlich unvermittelt sind die kleinen Conferencen, die die Berliner Diseuse Georgette Dee in den Umbaupausen beisteuert.
"Vierhundert Jahre Sonette, das heißt Liebe Leidenschaft, Hass, Hoffnung, Leben Tod, voll meine Themen. Ich muss singen, liebes Orchester gebt mir F, ein F ... voll das fette Orchester ..."
Wo die Inszenierung ihren literarischen Gegenstand nur eben zum Anlass nimmt für die immer unterhaltenden, immer sorgsam gebauten und beleuchteten Traumspielereien des Bildertheatermachers, müssten die Kompositionen von Singer-Songwrighter Rufus Wainwright auf den Kern der Dichtung zuführen. Aber seine Musik ist eklektizistisch und changiert zwischen Rock, Pop, Punk, Minimal und Musicalelementen.
"Und wahre Redlichkeit bedeckt mit Hohn
Und Kraft durch lahme Herrschaft umgebracht
Und Kunst das Maul gestopft vom Apparat
Und Dummheit im Talar Erfahrung checkt"
Kurt Weill ist das große Vorbild für Wainwright, den Sohn von Folkmusikern, dessen eigentliche Leidenschaft die Oper ist. Eine musikdramaturgische Umfassung der Auswahl von 25 Sonetten ist ihm allerdings nicht gelungen. Georgette Dee hatte in einer ihrer kleinen Interventionen schon folgendes behauptet : Shakespeares Sonette seien für die damalige Zeit das, was Pop-Songs heute sind und leider tun Bob Wilson und Rufus Wainwright tatsächlich nicht anderes, als diese 400 Jahre alten Meditationen über Liebesverlangen, Weltverdruss und Todessehnsucht auf das heutige Befindlichkeitsniveau zu trimmen. Es hätte eine Erkundung der Grenze zwischen dem Sichtbaren und dem Traumbild werden können und wurde dann doch nur ein Varieté der akustischen und optischen Nettigkeiten.
Profanes nur sehn sie zur Tageszeit;
Doch wenn ich schlaf, erscheinst im Traum mir du,
Traums Dunkelhell erhellt mir Dunkelheit."
Noch bevor Shakespeare die große Frage nach der Verlässlichkeit der Wahrnehmung, nach den Trugbildern des Sichtbaren und der Hellsichtigkeit des Schlafes stellen konnte, hat Robert Wilson in einem Eingangsbild ein Defilee von höfischen Fabelwesen über die Bühne hüpfen lassen. Mit neckischen, kapriziösen Gesten, und mit lächerlichem Protzgehabe hat er Klischees des Frauen- und des Männerbildes illustriert und zu all dem an der rechten Bühnenseite eine mächtige Dame mit vorgerecktem Schnupftuch ihre Trauer vorführen lassen.
Ganz anders als der englische Altmeister Peter Brook, der jüngst unter dem Titel "Love is my sin" 27 der 154 Shakespeare-Sonetten in eine bildkarge Rezitation für zwei Schauspieler gefasst hat, entfaltet der amerikanische Kollege eine geradezu überbordende Bilderflut, in der allegorische und historische Figuren der Shakespeare-Zeit sowie eigene Figurenerfindungen auftauchen. Schwer, innerhalb dieser Choreografie den Bezug zu dem legendären unbekannten Jüngling, beziehungsweise der obskuren, sittlich fragwürdigen Dame zu erkennen, den beiden unbekannten Adressaten dieser Liebesdichtung.
Da tänzelt ein aufgedunsener Cupido über die Bühne, oder ein gnomenhafter Narr, da werden vor einem großen Baum der Erkenntnis Äpfel verabreicht, da ist ein Autowrack in einen seinerseits abgebrochenen Baum verkeilt, und vor ihm kommen zwei Liebende sich einander immer näher, bevor die Szene in einem langen Kuss endet. Irgendwie ist das wohl ein Bild für die katastrophische Verstrickung, in die die Leidenschaft führt. Vor allem ist auf der Bühne auch der Autor selbst, der mit seinen Sonetten einen Einblick in sein Gefühlsleben ermöglicht, verkörpert von Inge Keller, und da ist die englische Monarchin Elisabeth, die Jürgen Holtz darstellt. All das ist Bilder- und Personenbeiwerk, das locker assoziativ um die Sonette kreist, ohne in den Kern der Liebesdichtung zu führen. Mal in deutsch, mal in englisch, mal gesungen, mal gesprochen tönt sie unvermittelt aus einem lustigen Bilderbaukasten heraus. Ästhetisch und dramaturgisch gänzlich unvermittelt sind die kleinen Conferencen, die die Berliner Diseuse Georgette Dee in den Umbaupausen beisteuert.
"Vierhundert Jahre Sonette, das heißt Liebe Leidenschaft, Hass, Hoffnung, Leben Tod, voll meine Themen. Ich muss singen, liebes Orchester gebt mir F, ein F ... voll das fette Orchester ..."
Wo die Inszenierung ihren literarischen Gegenstand nur eben zum Anlass nimmt für die immer unterhaltenden, immer sorgsam gebauten und beleuchteten Traumspielereien des Bildertheatermachers, müssten die Kompositionen von Singer-Songwrighter Rufus Wainwright auf den Kern der Dichtung zuführen. Aber seine Musik ist eklektizistisch und changiert zwischen Rock, Pop, Punk, Minimal und Musicalelementen.
"Und wahre Redlichkeit bedeckt mit Hohn
Und Kraft durch lahme Herrschaft umgebracht
Und Kunst das Maul gestopft vom Apparat
Und Dummheit im Talar Erfahrung checkt"
Kurt Weill ist das große Vorbild für Wainwright, den Sohn von Folkmusikern, dessen eigentliche Leidenschaft die Oper ist. Eine musikdramaturgische Umfassung der Auswahl von 25 Sonetten ist ihm allerdings nicht gelungen. Georgette Dee hatte in einer ihrer kleinen Interventionen schon folgendes behauptet : Shakespeares Sonette seien für die damalige Zeit das, was Pop-Songs heute sind und leider tun Bob Wilson und Rufus Wainwright tatsächlich nicht anderes, als diese 400 Jahre alten Meditationen über Liebesverlangen, Weltverdruss und Todessehnsucht auf das heutige Befindlichkeitsniveau zu trimmen. Es hätte eine Erkundung der Grenze zwischen dem Sichtbaren und dem Traumbild werden können und wurde dann doch nur ein Varieté der akustischen und optischen Nettigkeiten.