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Shoppen und spenden

Kunden mit sozialem Gewissen soll das Einkaufsportal Fraisr.com ansprechen. Jeder Kunde, der dort kauft, muss für einen guten Zweck spenden. Vermarktet wird das Konzept via Facebook.

Von Philip Banse |
    Lukas-C. Fischer, Vollbart und großformatige Brille, sitzt in seinem Büro: Fabriketage, Hinterhof, Berlin Neukölln. Der Mitgründer von Fraisr.com schaut, was in seinem Online-Shop mit Spenden-Zwang gerade so angeboten wird.

    "Jetzt kann man aktuelle Haarschnitte kaufen. 22 Euro gehen nach Afrika vom Haareschneiden und Kopfmassage. Nicht schlecht. Wann hat man sich schon mal die Haare schneiden lassen und dabei noch was Gutes getan - außer dem Friseur?"

    Die Geschäftsidee ist recht simpel: Menschen verkaufen Sachen und Dienstleistungen und tun dabei Gutes. Beispiel: eine gebrauchte Waschmaschine. Die verkaufe ich für, sagen wir, 100 Euro. Sechs Prozent davon, also sechs Euro, gehen an Fraisr. Von den restlichen 94 Euro muss ich mindestens zehn Prozent spenden. Bei unserer Waschmaschine wären das also mindestens 9,40 Euro. Man kann aber auch den gesamten Erlös spenden. An wen, entscheidet der Verkäufer: an Reporter ohne Grenzen etwa oder Amnesty International. Und warum versilbere ich meine Waschmaschine nicht einfach bei Ebay?

    "Weil Dir die Welt nicht ganz egal, weil du daran glaubst, dass man mit Konsum auch mehr machen kann, als konsumieren, weil es eine schöne, alltägliche Art ist, Projekte zu unterstützen, die Geld brauchen und weil du ein aufgeklärter Konsument bist."

    Lukas-C. Fischer meint das schon ernst, aber Fraisr will auch Geld verdienen.

    "Die Idee ist entstanden, als mein Mitgründer und ich noch in einer Werbeagentur gearbeitet haben und da sehr viel mit Konzepten zu tun hatten, wie Marken Geld auf Facebook verdienen können, also die Monetarisierung von Facebook-Friends."

    Bei Fraisr sollen Besucher sich nämlich per Facebook anmelden. Dann wird alles, was sie kaufen, verkaufen, spenden ihren Facebook-Freunden gemeldet:

    "Dann sind hier deine Aktivitäten, auch deine Fraisr-Aktivitäten: Sachen, die ich gekauft habe; Organisationen, die ich unterstützt habe."

    "Du willst Dich ja auch damit schmücken. Das hat auch was mit dem digitalen Schulterhauen zu tun. du verkaufst jetzt deine alten Marvel Comics zugunsten von Reporter ohne Grenzen. Dann kriegst du in deinem digitalen Freundeskreis jede Menge Likes und Applaus dafür: Mensch, der hat ja einen guten Geschmack, hat echt rare Ware und dann tut er auch noch Gutes. Das ist so ziemlich best of content, den man bei Facebook für sich veröffentlichen kann."

    ""Guten Tag!" "Schönen guten Tag!"

    Das Ladenatelier von JR Sewing in Neukölln. Designerin Jana Reiche entwirft T-Shirts mit dem Aufdruck "Is´ mir egal, ich lass das jetzt so" - und verkauft sie auch bei Fraisr. Die Pflicht-Spende kann sie auf den Verkaufspreis draufschlagen, sagt Jana Reiche.

    "Wir merken auch - wir haben unsere ganze Kollektion auf Bio-T-Shirts umgestellt - dass es Kunden gibt, denen ist es wichtig, Transparenz zu haben, wo kommen die Sachen her. Und wenn man jetzt noch sagt, da wird gespendet - da gibt es einen Kundenkreis dafür und ich hoffe, der wächst auch noch."

    Knapp vier Monate alt ist Frair noch ein kleines Unternehmen: rund 1000 Nutzer, keine 10.000 Euro Umsatz im Monat. Doch Investoren haben, laut Fischer, einige Hunderttausend Euro in das Start-up gesteckt und die erwarten Rendite. Nächster Schritt: Fraisr will seine Produkte direkt bei Facebook verkaufen. Die Kundschaft muss dann nicht mehr zu Fraisr.com surfen, sondern kann direkt kaufen, was Facebook-Freunde anbieten.

    "Wo wir uns ärgern, dass der Kollege uns nicht nicht kannte. Der da. Marco Reuss verkauft nämlich neuerdings für einen Dortmunder Elterntreff T-Shirts. Aber auf seiner Facebook-Seite. Das wollen wir natürlich auch. Wir wollen der Marco-Reuss-Charity-Shop sein. Marco Reuss! Hörst Du uns? Hörst Du Deutschlandfunk. Glaube ich nicht ehrlich gesagt."