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Shutdown in den USA
Ausstellungen ohne Besucher

Seit fast fünf Wochen sind die Regierungseinrichtungen in den USA wegen des sogenannten "Government Shutdown" geschlossen. Betroffen von der Hauhaltsblockade sind auch die staatlich finanzierten Museen - mit Folgen für die Besucher, aber auch für Künstlerinnen und Künstler: Sie haben kein Publikum mehr.

Von Thilo Kößler | 21.01.2019
    Ein Schild informiert darüber, dass das Smithsonian Institution National Air and Space Museum in Washington wegen des "Shutdowns" geschlossen ist.
    Geschlossen wegen des "Shutdowns": das Smithsonian Institution National Air and Space Museum in Washington (dpa-Bildfunk / AP / Alex Brandon)
    Jeden Mittag bildet sich eine Schlange vor der World Central Kitchen, dieser Wohltätigkeitsorganisation des Kochs José Andrés, der normalerweise Menschen in Katastrophengebieten mit warmen Mahlzeiten versorgt. Seitdem alle Bundesbehörden in der Hauptstadt Washington geschlossen sind und die Bediensteten kein Gehalt mehr bekommen, gibt es nun auch für sie mittags eine kostenlose Mahlzeit. Geduldig stehen die Menschen an - doch eigentlich sind sie mit ihrer Geduld am Ende. Alfreda zum Beispiel: "Wie würdet Ihr Politiker Euch fühlen, wenn Ihr kein Gehalt mehr bekommen würdet? Bitte findet eine Lösung, sodass wir alle zurück zur Arbeit gehen und unsere Familien versorgen können!"

    Der "Government Shutdown" geht in die fünfte Woche und die Atmosphäre ist gespannt: Ministerien sind geschlossen, die Regierungsarbeit ist gelähmt, das öffentliche Leben wirkt wie entschleunigt und das kulturelle Leben ist praktisch zum Erliegen gekommen.
    3200 Beschäftigte im Zwangsurlaub
    "We are closed - a pretty big effect!" - Linda St.Thomas muss lachen, wenn sie nach den Konsequenzen des "Shutdowns" für den größten Museumskomplex der Welt, die Smithsonians, gefragt wird: Alle Einrichtungen sind seit dem 2. Januar geschlossen. Ob das American Art Museum, das Hirshhorn Museum oder das National Museum of African American History and Culture: Wo immer zu beiden Seiten der National Mall in Washington normalerweise die Besucher Schlange stehen, weisen Schilder in dürren Worten auf den Notstand hin: Sorry, we are closed.
    "Die Einrichtungen der Smithsonian Institution haben insgesamt 6000 Mitarbeiter - zwei Drittel des Personals sind Bundesbedienstete, also ungefähr 4000 Leute. Von diesen 4000 sind bis auf 800 Mitarbeiter alle in den Zwangsurlaub geschickt worden." Eigentlich dürfte auch Linda St.Thomas nicht arbeiten. Doch die Sprecherin der Smithsonian Museen hält die Stellung - mit Ausnahmegenehmigung. Allerdings ist es gar nicht so einfach, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Sie im Smithsonian Castle zu treffen, dem Verwaltungsgebäude der Bundesstiftung, geht nicht, weil: geschlossen. Mit ihr einen Termin in einem Café zu vereinbaren, ist unmöglich, weil auch sie den Regeln des Zwangsurlaubs unterliegt. Bleibt am Ende nur das Telefon: "Von den 800 Mitarbeitern, die noch Dienst tun, sind die meisten Sicherheitsleute oder Wartungspersonal; unsere Gärtner sind am vergangenen Wochenende hereinbestellt worden, um Schnee zu räumen."
    Leben von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck
    Doch gemeinsam ist allen 6000 Beschäftigten in den Museen, Galerien, Forschungseinrichtungen, Parkanlagen oder Naturparks der Smithsonian Institution: Sie bekommen kein Gehalt. "Government Shutdown" heißt Haushaltssperre - niemand bekommt mehr sein Geld. Das ist hart für die Amerikaner, die kaum etwas zur Seite legen und von Gehaltsscheck zu Gehaltscheck wirtschaften. Für viele ist es sehr hart, für manche sogar existenzgefährdend. Welche Gardrobiere kann schon auf den Mindestlohn von 13,25 Dollar in der Stunde verzichten, welcher Wissenschaftler im Museumsbetrieb auf sein Monatsgehalt? Und dann die viele Arbeit, die einfach liegenbleibt, klagt Linda St.Thomas: Dieser Zwangsurlaub habe mit Erholung nichts, aber auch gar nichts zu tun: "It's gonna hit them when they get back. It's not seen as a vacation, really."
    Aber auch für die Künstler, die in den Galerien der Smithsonian Nationalstiftung ausstellen, ist der "Government Shutdown" ein schwerer Schicksalsschlag: Ihre Ausstellungen sind nicht zugänglich, die Exponate nicht zu besichtigen. "Snake Eyes" heißt zum Beispiel die Ausstellung der deutschen Künstlerin Charline von Heyl - sie wäre derzeit im renommierten Hirshhorn Museum zu sehen, wenn es nicht ebenfalls geschlossen wäre. Gezeigt werden sollte sie bis zum 27. Januar. Abgebaut wird sie am 28. - gnadenlos und unerbittlich: "On the morning of the 28th people from the staff would come in and de-install that exhibition."
    Nicht einmal Absprachen möglich
    Der Grund: Keines der weltberühmten Museen in der Hauptstadt Washington kann Ausstellungen einfach so verlängern. Es gibt Leihverträge, die Exponate müssen zurückgegeben werden oder sie ziehen weiter in die nächste Galerie: "We have by contract send them back to lender and in some cases they are going to another show, they are booked elsewhere and we also have our exhibition space booked."
    Betroffen von diesem "Shutdown" ist der gesamte Kulturbetrieb: also nicht nur die Museen und Künstler, sondern auch die internationalen Partner. Das Goethe Institut etwa plant derzeit eine gemeinsame Ausstellung mit besagtem Hirshhorn Museum in Washington. Lena Joenck, die Direktorin für die kulturellen Programme in Nordamerika, weiß noch nicht, ob dieses Projekt tatsächlich zustande kommt: "Das Museum ist nicht zu erreichen momentan, aber unsere direkten Ansprechpartner sind sehr bemüht die Planung voranzubringen, sodass das Projekt dann auch stattfinden kann."