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Sich seiner Haut erwehren

Biologie. - Kieler Wissenschaftlern ist es gelungen, die Abwehrmechanismen der Haut gegen bestimmte Bakterien zu entschlüsseln. Das berichtet die online Ausgabe der Zeitschrift "Nature Immunology". Die Forscher der Hautklinik der Universität bewiesen zum ersten Mal am Menschen, wie unsere Haut bestimmte Krankheitserreger abwehren kann.

Von Frauke Schäfer | 29.11.2004
    Normalerweise suchen Wissenschaftler ja nach den Ursachen von Krankheiten. Die Kieler Forscher aber verfolgten einen ganz anderen Ansatz. Sie fragten sich, warum werden wir eigentlich normalerweise nicht krank, obwohl wir doch im Alltag immer wieder Kolibakterien ausgesetzt sind? Denken sie nur mal an Säuglinge:

    Ecoli ist ein Keim der überall ist, besonders unter schlechten hygienischen Verhältnissen, das ist ja auch ein Indikatorkeim, wo man die Qualität von Trinkwasser und Schwimmbädern kontrolliert auf ihre Sauberkeit und wir haben uns auch gedacht Babys, die nun ja mit ihrem Stuhl Millionen von diesen Erregern ausscheiden, die dann im Windelmilieu also richtig in feuchter Wärme das Ganze noch inkubieren, die müssten doch explodieren vor Ecoliinfektionen, und gerade das findet halt nicht statt, sondern wenn Babys im Windelbereich Infektionen bekommen, dann ist es ein Hefepilz, Windeldermatitis, aber eine Ecoliinfektion tritt niemals auf.

    Für die Dermatologin Dr. Regine Gläser stand also fest, der Mensch verfügt über einen hochwirksamen Schutz gegen Kolibakterien. Und so machte sie sich mit ihren Kollegen auf die Suche. In biochemischer Feinarbeit wurden Hautschuppen extrahiert, denn in dieser toten oberen Hautschicht musste der Schutz gegen die Kolibakterien ja enthalten sein. So stieß die Kieler Forschungsgruppe um Professor Jens Michael Schröder schließlich auf das Eiweiß Psoriasin.

    Kolibakterien wird durch das Psoriasin ein lebenswichtiges Spurenelement und zwar das Zink entzogen. Und wir glauben das dieses Zink wichtig ist zur Entgiftung von Kolibakterien und wahrscheinlich wird dieses Entgiftungsmittel inaktiviert und auf diese Weise versterben Kolibakterien an ihren eigenen Giftstoffen.

    Genauer gesagt an Wasserstoffperoxyd, das die Bakterien selbst produzieren. Wasserstoffperoxyd wird nicht nur zum Bleichen von Haaren verwendet, sondern auch in Desinfektionsmitteln, weil es Bakterien töten kann. Eine wirklich raffinierte Strategie gegen die Kolibakterien, die sich mit ihren selbst produzierten Wasserstoffperoxyd am Ende sozusagen selbst umbringen. Die Kieler wiesen diesen Mechanismus nicht nur im Reagenzglas, sondern auf der menschlichen Haut nach. Als sie Antikörper auf die Haut ihrer Testpersonen auftrugen, die "Psoriasin" blockierten, konnten die Kolibakterien ungehemmt wachsen. Doch nicht nur künstlich zugeführte Antikörper können die Arbeit des Eiweißes blockieren, im Alltag kann auch zu viel Hygiene beim Umgang mit Kolibakterien schaden, warnt Dr. Regina Gläser.


    Generell muss man sagen, dass diese Infektion in Krankenhäusern ein entscheidender Keim ist, es ist gut zu desinfizieren, damit diese Krankheitserreger nicht übertragen werden. Das zeigt aber, auch wir können dieses Protein von unserer Haut runterwaschen, d.h. wir können unseren Schutzmechanismus kaputtmachen, was also auch wiederum bedeutet, zu viel Waschen ist auf er anderen Seite auch nicht gut. Das ist glaube ich ganz entscheidend, Überhygienemaßnahmen zerstören entsprechend nicht nur die eigene Hautflora, der Mensch ist ja besiedelt von Bakterien, die auch wichtig sind, sondern zerstört auch diese Protein oder wäscht sie heraus.

    Wichtig sind also Waschmittel, die den Fettfilm der Haut nicht zerstören. Doch das ist nicht die einzige wichtige Folgerung aus der Arbeit der Kieler Forscher. Sie wollen neue Therapien entwickeln, z.B. für die Behandlung chronischer Blaseninfektionen, die durch Kolibakterien ausgelöst werden.

    Der erste Schritt einer Therapie mit diesen antimikrobiellen Peptiden, wäre die Applikation also das Auftragen dieses Proteins selbst. Denkbar jetzt in unserem Fall im Bereich von offenen Wunden um eine Superinfektion zu bekämpfen oder bei Patienten mit immer wiederkehrenden Blaseninfektionen, dass man das Spülungen macht mit diesem Eiweiß. Der nächste Schritt wäre aber nicht, den Stoff selbst zuzufügen, sondern eher den Stoff aus den Bakterien, der dazu führt, dass das Protein hochgeregelt wird, das man den applizieren kann.


    So würde die Haut angeregt werden, selbst aktiv zu werden. Denn dann, so hoffen die Kieler Forscher, würde nicht nur Psoriasin produziert werden, sondern noch andere antimikrobielle Proteine. Dadurch könnte der Eigenschutz der Haut vor Infektionen entscheidend gestärkt werden, selbst wenn diese z.B. durch Verbrennungen oder großflächige Verletzungen zerstört ist.