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Sicher durch den Staub

Geologie.- Professor Joachim Curtius vom Institut für Atmosphäre und Umwelt der Goethe-Universität Frankfurt ist der Meinung, dass die Simulationen der Aschewolke recht präzise seien. Zudem erklärt er im Interview mit Arndt Reuning, mithilfe welcher Geräte Passagierflugzeuge vor Beschädigungen durch Vulkanasche bewahrt werden können.

19.04.2010
    Arndt Reuning: Nicht nur in den ersten Stunden nach dem Vulkanausbruch haben Simulationen geholfen, den Weg des Staubs vorherzubestimmen. Diese Modelle ähneln denen aus der Wettervorhersage, da gehen zum Beispiel die Luftbewegungen ein. Aber das ist ja nicht alles. Am Telefon bin ich nun mit Professor Joachim Curtius vom Institut für Atmosphäre und Umwelt der Goethe-Universität Frankfurt verbunden. Herr Professor Curtius, welche anderen Größen gehen denn in solch eine Simulation noch ein?

    Joachim Curtius: Guten Tag zunächst mal. In solche Simulationsrechnungen geht natürlich insbesondere ein, welche Mengen an Masse der Vulkan wirklich ausgespuckt hat, in welche Höhe er die ausgespuckt hat, wie groß die Partikel sind. Daraus berechnet man dann auch wieder, wie schnell sie absinken und dadurch dann die Atmosphäre wieder verlassen können. Das sind die wichtigsten Parameter, die eingehen.

    Reuning: Und eine Simulation ist ja auch nur so gut wie die Daten, mit denen sie eben gefüttert wird. Wie sieht das denn im Fall des Eyjafjalla aus?

    Curtius: Natürlich dadurch, dass das jetzt im Prinzip so überraschend kam, hat man bisher sicherlich eine gewisse Unsicherheit in den Mengen, die dort ausgespuckt worden sind und gerade auch in den Größenverteilungen dieser Partikel; wie groß die Partikel eigentlich sind, die rausgekommen sind. Genau das ist sicherlich das Problem, dann in der Verlässlichkeit der Vorhersage: Wie groß sollen die Gebiete sein, die man sperrt. Andererseits muss man sagen: Man hat aus bisherigen Erkenntnissen – es gibt da dieses Volcanic Ash Advisory Centre, das schon eine ganze Menger Erfahrung hat mit diesem Problem, mit diesen Vulkanasche-Eruptionen und an sich würde ich mich meinem Vorredner voll anschließen. Die Simulationsrechnungen sind schon recht gut und man kann nicht sagen, dass das jetzt völlig übervorsichtig war, den Luftraum zu schließen.

    Reuning: Wir wissen ja noch nicht, wie lange diese Situation anhalten wird. Plädieren Sie denn dafür, diesen Vulkan längerfristig zu überwachen, die Staubmengen zu messen?

    Curtius: Genau das wäre natürlich sehr sinnvoll. Dass man dort wirklich an der Quelle recht genaue Messungen macht, zum Beispiel auch durch optische Verfahren, so ähnlich wie diese LIDAR-Systeme, die eben schon angesprochen worden waren. Es gibt auch andere Verfahren, womit man sowohl die Partikelmengen als auch die Gasmengen, die dort entweichen, recht genau quantifizieren kann.

    Reuning: Wie sieht das denn aus mit Messungen an Bord von Linienflugzeugen – nicht im Fall eines akuten Ausbruchs, sondern wenn sich der Staub dann allmählich setzt?

    Curtius: Das wäre sicherlich eine sinnvolle Möglichkeit, vor allem, wenn man jetzt sieht, wie riesig die finanziellen Ausfälle für die Fluggesellschaften sind, könnte man sich mittelfristig vorstellen, dass jedes Flugzeug, jedes Linienflugzeug mit so einer Art Partikel-Warngerät ausgerüstet wird, das dann in solchen Fällen, wenn man durch dichtere Staubwolken fliegt, ab einer gewissen Konzentration vielleicht eine Warnmeldung abgibt, sodass der Pilot dann weiß, dass er zum Beispiel in andere Höhenlagen fliegen sollte oder eben möglichst schnell landen oder den Kurs wechseln, um einer Bedrohung für das Flugzeug zu entgehen.

    Reuning: Wie teuer sind denn solche Messgeräte? Loht sich das?

    Curtius: Also die Forschungsmessgeräte kosten im Bereich einiger zehntausend Euro. Wenn man sieht, dass ein Linienflugzeug über 100 Millionen Euro sofort kostet, dann sind solche Preise vielleicht sogar völlig akzeptabel, angesichts der Ausfälle, die so ein Flugzeug hat, wenn es überhaupt am Boden steht und natürlich auch aus Sicherheitsaspekten heraus.