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Sicherheit
Einbruchschutz für Kanzleramt und Eigenheim

Die Einbruchszahlen in Deutschland steigen, vor allem zur Ferienzeit. Gut für die Firma August Winkhaus, Hersteller von Hightech-Schließsystemen und Sicherheits-Fensterbeschlägen. Vom Kanzleramt bis zum Pariser Flughafen Charles de Gaulle reicht ihr Kundenstamm. Angefangen hat alles 1854 mit gewöhnlichen Vorhängeschlössern.

Von Annette Eversberg |
    ILLUSTRATION - Ein Mann versucht am 29.10.2015 in Freiburg (Baden-Württemberg) mit einem Hammer und einem Schraubenzieher bei einem Einbruch eine Wohnungstür aufzuhebeln.
    Alle drei Minuten wird in Deutschland eingebrochen. (dpa / picture alliance / Patrick Seeger)
    Alle drei Minuten geschieht in Deutschland ein Einbruch. Meist haben die Einbrecher leichtes Spiel. Sie steigen durchs Fenster. Um reinzukommen reicht schon ein Schraubenzieher. Beim Hersteller von Beschlägen für Fenster, dem Familienunternehmen August Winkhaus in Telgte, dröhnen die Maschinen. Aus Metallbändern, die über die Maschinen laufen, werden lange gelochte Stangen oder Winkel geformt. In der nächsten Halle werden die Einzelteile montiert. Peter Holdt, Produktionsleiter für Fenstertechnik, greift in einen der Container: "Hier werden Sicherheitsschließbleche montiert – eben genau die Teile, die den Einbruchschutz verbessern."
    Schutz durch "Pilzköpfe"
    Zu den Sicherheitsschließblechen gehören die achtkantigen Pilzköpfe. Für Dachfenster reichen zwei. Bei Balkonfenstern und im Erdgeschoss sitzen die Beschläge mit den Pilzköpfen rundherum. Beim Schließen von Fenstern und Balkontüren schieben sich die Pilzköpfe hinter das jeweilige Sicherheitsblech. Aber genauso wichtig wie die neuen Sicherheitsbeschläge ist die gesamte Mechanik des Fensters, die funktionieren muss. "Das ist ein Teil der Eckumlenkung, die wir eben gesehen haben in der Montage. Mit diesen Bändern wird die Kraft um die Ecke übertragen."
    Fenster in Deutschland kann man nicht nur öffnen und schließen. Man kann sie auch schräg stellen. "In diese Federgehäuse, da werden Federn eingezogen, die die Kraft um die Ecke bringen, damit eben die Griffbewegung um die Ecke übertragen werden kann. Drehen und Kippen." 12 bis 15 Millionen dieser Drehkippbeschläge stellt Winkhaus am Standort Telgte pro Jahr her.
    In der letzten Halle werden Sicherheitsbeschläge und Drehkippbeschläge galvanisiert. Sie sollen auch noch nach Jahren halten, demonstriert Produktionsleiter Peter Holdt am Winkel für den Drehkippbeschlag. "Das ziert das Federgehäuse. Was wir schon häufiger gesehen haben. Das würde jetzt in die Trommel eingebracht. Dann gehen die Trommeln durch mehrere Bäder in der Galvanik auf Reisen. Nach einer Dreiviertelstunde sind sie wieder da, sind gereinigt, verzinkt, und mit einem bestimmten Lack noch überzogen, der Korrosionsbeständigkeit verspricht."
    Ungeübte Diebe haben keine Chance
    Einbrüche, das ist das Ziel, sollen unmöglich werden. Die Erfahrungen der Polizei spiegeln sich auch in den Sicherheitsklassen wider. Fenster sollten Sicherheitsklassen von WK1 bis WK3 einhalten. Das bedeutet, so Peter Holdt, "dass ein geübter Einbrecher schon einen Rückzug antreten würde, weil es einfach zu lange dauert. Man kommt dann in Bereiche rein, die über drei Minuten liegen. So ist die Norm. Und das führt dann dazu, dass ich einen hohen Aufwand habe, viele Geräusche, dass das Entdeckungsrisiko des Einbrechers so weit ansteigt, dass viele davon ablassen. Wir haben ja auch relativ viel Gelegenheitskriminalität. Es gibt auch Leute, die mit einem Schraubenzieher vorbeikommen. Die würden in dem Fall gar nicht reinkommen, weil sie auch nicht geübt genug sind, und das nicht überwinden können, was an Metall praktisch im Fenster verbaut ist."
    Das Familienunternehmen August Winkhaus stellt Fenster- und Türbeschläge und Schließsysteme her. Es arbeitet weltweit und hat insgesamt 2000 Mitarbeiter. Die Firmengeschichte begann bereits 1854 in Halver im Sauerland mit der Gründung einer Eisenwarenhandlung. In Deutschland begann die industrielle Revolution. Auch damals brauchte man schon Sicherheitssysteme. Und so steht am Beginn der Firmengeschichte die Produktion von Vorhängeschlössern. Man wollte schließlich sein Hab und Gut gegen Einbruch sichern. Dann, 1954, wird nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland wieder kräftig gebaut. Dafür lieferte Winkhaus den ersten Drehkippbeschlag für die Fenster.
    Gekippte Fenster, die so sicher sind wie geschlossene
    Doch inzwischen kann man Fenster nicht nur drehen und kippen. Weil energieeffiziente Häuser ständig belüftet werden müssen, hat Winkhaus die Beschläge für die Fensteröffnung weiterentwickelt.
    Firmensprecherin Irena Byrdy zeigt auf ein Fenster, in dem etwas Besonderes steckt. Es ist geöffnet und gilt dennoch als geschlossen. "Das ist ein Fensterbeschlag, der uns ermöglicht, nicht nur zu drehen und zu kippen, sondern der hat eine zusätzliche Lüftungsstellung. Dank des Beschlags stellt sich der Flügel vom Rahmen sechs Millimeter ab. Man kann dadurch energieeffizient lüften. Aber Sie haben in dieser Lüftungsstellung die gleiche Einbruchhemmung wie bei einem geschlossenen Fenster."
    Die Beschläge aus Metall und die Pilzköpfe halten auch einem schweren Brecheisen stand: dem Kuhfuß.
    Nachfrage nach Sicherheitstechnik wächst
    Trotzdem geht die Entwicklung schon weiter. Denn Einbrecher werden immer geschickter und versuchen, in die Häuser reinzukommen. Zudem ist jeder Sicherheitsbeschlag nicht viel wert, wenn man das Fenster auf Kipp stellt oder die Tür nicht abschließt, sobald man das Haus verlässt. Dabei soll das "SmartHome" helfen, das Winkhaus bereits für seine Türverriegelungen anbietet, die am Standort Meiningen produziert werden. Über Funkkontakte soll man dann auch die Fenster steuern können und Anwesenheit vortäuschen. Nach den Erfahrungen der Polizei schreckt das Diebe noch am meisten ab.
    "Das Handy würde sich melden, wenn ein Unbefugter zum Beispiel versucht, das Fenster aufzumachen. Die nächste Stufe würde dann sein, dass man es aktiv steuert. Also zum Beispiel, wenn ich an einem Fenster mitkriegen würde, es findet eine ungewollte Öffnung statt, indem der Kontakt sich meldet, kann ich Szenarien hinterlegen, dass die Rollläden runterfallen. Alarmanlage ansteuern und die Polizei anrufen."
    Aber auf die Frage, ob die Nachfrage nach Sicherheitsbeschlägen und -systemen auch deutlich gestiegen ist, antwortet Peter Holdt. "Durch die ganze öffentliche Diskussion hat sie zugenommen. Aber wir sind immer wieder erstaunt, dass sie noch nicht so zunimmt, wie wir uns das eigentlich vorstellen. Der Anteil ist eigentlich noch zu klein."
    Rund 20.000 Euro würde es kosten, wenn man sein Haus komplett sicher macht. Das heißt, wenn man auch alle Fenster und Türen mit Sicherheitsbeschlägen ausrüstet. Aber nicht jeder möchte eben so viel Geld für seine Sicherheit ausgeben – oder gar sein Haus zu einer Festung ausbauen.