Christoph Heinemann: Die befürchtete lange Nacht blieb unserer Europakorrespondentin Doris Simon erspart, denn für europäische Verhältnisse stand sensationell früh fest, auf wen sich die Staats- und Regierungschefs einigen würden. Zwei Posten waren zu besetzen. Herman Van Rompuy, der belgische Ministerpräsident, soll EU-Ratsvorsitzender werden. Das Amt einer Hohen Repräsentantin für die Außenpolitik - nennen wir sie der Einfachheit halber mal Außenministerin - wird die britische EU-Handelskommissarin Catherine Ashton übernehmen. Am Telefon ist Graham Watson, der Vorsitzende der Liberalen-Fraktion im Europäischen Parlament. Guten Morgen!
Graham Watson: Guten Morgen. Ich bin der ehemalige Vorsitzende der Liberalen-Fraktion.
Heinemann: Ach Gott, man muss doch immer wieder aufpassen. Genau! Herr Watson, Frage jetzt an den Bürger des Vereinigten Königreichs, den aktuellen, nicht ehemaligen, immer noch auf der Insel zu Hause: Was überwiegt für Sie, die Zufriedenheit über Frau Ashton, oder das Bedauern, dass Herr Blair leer ausgegangen ist?
Watson: Wir Liberalen sind froh, dass wir eine Frau in einer von diesen Stellen haben. Ich kenne Baroness Ashton seit fast 30 Jahren. Sie ist eine sehr intelligente und fähige Person. Und ich finde, dass unsere Regierungschefs eigentlich die richtige Person hier gefunden haben. Sie ist jemand, die wie schon gesagt ohne große "Compettenblase" arbeitet, aber sehr fleißig und sehr geschickt. Natürlich ist das für Tony Blair persönlich nicht sehr schön, aber ich finde, die Staats- und Regierungschefs wollten jemand, der eigentlich eine Koordinationsrolle erfüllt und nicht mehr. Und in Herrn Van Rompuy, jemand, der in EU-Kreisen relativ unbekannt ist, scheinen wir jemand gefunden zu haben, der die notwendige Weisheit und Stille dafür hat, nicht gegen Frau Merkel oder Sarkozy oder Blair zu arbeiten, aber wirklich für Europa etwas zu bringen.
Heinemann: Stichwort Stille. Ist denn dann der Titel Präsident nicht Augenwischerei?
Watson: Ja. Vielleicht ist der Titel ein bisschen merkwürdig, aber was wir hier brauchen ist wie im Parlament, weil der Europäische Rat ist eigentlich eine Branche der Legislatur, jemand, der eine Koordinationsrolle erfüllen kann, aber nicht jemand, der für Europa Kampagne macht. Das ist die Rolle schon des Präsidenten der Europäischen Kommission.
Heinemann: Herr Watson, Frau Ashton ist nie in ein Amt gewählt worden, sie ist immer nur ernannt worden, sie ist erst seit einem Jahr in Brüssel und soll nun circa 7000 Beamte des Auswärtigen Dienstes dort leiten. Könnten sich diese Schuhe als zu groß erweisen?
Watson: Natürlich kann man sich immer Fragen stellen. Persönlich stelle ich mir nicht diese Fragen. Ich kenne die Dame, ich finde, dass sie die Möglichkeit hat. Okay, das stimmt, sie kommt vom House of Lords, aber sie hat im Leben viele Sachen gemacht, die gezeigt haben, dass sie die notwendige Erfahrung und Handlungsfähigkeit hat, eine solche Rolle gut zu machen. Sie muss jetzt noch vom Parlament gewählt werden. Das heißt, diese neue Kommission und der Hohe Repräsentant müssen jetzt vom Parlament oder im Parlament ein Votum kriegen. Wir können nein sagen; ich glaube nicht, dass wir das tun werden.
Heinemann: Herr Watson, Henry Kissinger verlangte einst nach einer Telefonnummer, unter der Europa zu erreichen wäre. Ist Catherine Ashtons Nummer jetzt die richtige, oder ist sie eher eine Telefonvermittlung, die die Anrufe dann weiterleitet?
Watson: Ich glaube, in einem gewissen Sinne ist sie jetzt die Person. Sie hat in der Kommission bis jetzt den Handelsbrief gemacht. Für Handel, für Außenhandel hat die Kommission eine exklusive Kompetenz, das heißt arbeitet für alle Mitgliedsstaaten und vertritt Europa. In der Außen- und Sicherheitspolitik ist das nicht genauso. Wir müssen jetzt und das, was für unsere Mitbürger hier sehr wichtig ist, ist, dass wir nach einem verlorenen Jahrzehnt ein Europa endlich haben, das handlungsfähig ist. Die Frau Ashton muss diesen diplomatischen Dienst, diesen Außendienst jetzt aufbauen.
Heinemann: Wir haben im Amt des Kommissionspräsidenten Denker, Visionäre erlebt, Jacques Delors ein Beispiel, aber auch Vollzugsbeamte. Welchen Spielraum bieten die neuen Ämter? Könnten Sie sich vorstellen, dass da jemand über sich hinauswächst?
Watson: Ich glaube, in der Außenpolitik gibt es einen großen Spielraum. Natürlich muss die Politik vom Rat und Parlament gemacht werden, aber wir brauchen hier eine kreative Person. Wir brauchen jemand, der natürlich Erfahrung und Handlungsfähigkeit hat, aber auch jemand, der kreativ ist, um einen solchen Dienst zu schaffen. Ich glaube, dass dort eine Frau eine gute Rolle spielen kann.
Heinemann: Herr Watson, die Deutschen sind in dieser Runde leer ausgegangen. Was heißt das für die Besetzung künftiger Spitzenjobs, etwa die Nachfolge an der Spitze der Europäischen Zentralbank, oder für den Posten eines Generalsekretärs des Europäischen Rates?
Watson: Deutschland ist das größte Land Europas und muss eine gute Vertretung haben. Das ist bisher der Fall gewesen und ich glaube, es wird immer noch so sein. Ich bin sicher, dass die Bundesrepublik in allen europäischen Gremien sehr gut repräsentiert wird.
Heinemann: Graham Watson, der ehemalige Vorsitzende der Liberalen-Fraktion im Europäischen Parlament. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
Watson: Auf Wiederhören.
Graham Watson: Guten Morgen. Ich bin der ehemalige Vorsitzende der Liberalen-Fraktion.
Heinemann: Ach Gott, man muss doch immer wieder aufpassen. Genau! Herr Watson, Frage jetzt an den Bürger des Vereinigten Königreichs, den aktuellen, nicht ehemaligen, immer noch auf der Insel zu Hause: Was überwiegt für Sie, die Zufriedenheit über Frau Ashton, oder das Bedauern, dass Herr Blair leer ausgegangen ist?
Watson: Wir Liberalen sind froh, dass wir eine Frau in einer von diesen Stellen haben. Ich kenne Baroness Ashton seit fast 30 Jahren. Sie ist eine sehr intelligente und fähige Person. Und ich finde, dass unsere Regierungschefs eigentlich die richtige Person hier gefunden haben. Sie ist jemand, die wie schon gesagt ohne große "Compettenblase" arbeitet, aber sehr fleißig und sehr geschickt. Natürlich ist das für Tony Blair persönlich nicht sehr schön, aber ich finde, die Staats- und Regierungschefs wollten jemand, der eigentlich eine Koordinationsrolle erfüllt und nicht mehr. Und in Herrn Van Rompuy, jemand, der in EU-Kreisen relativ unbekannt ist, scheinen wir jemand gefunden zu haben, der die notwendige Weisheit und Stille dafür hat, nicht gegen Frau Merkel oder Sarkozy oder Blair zu arbeiten, aber wirklich für Europa etwas zu bringen.
Heinemann: Stichwort Stille. Ist denn dann der Titel Präsident nicht Augenwischerei?
Watson: Ja. Vielleicht ist der Titel ein bisschen merkwürdig, aber was wir hier brauchen ist wie im Parlament, weil der Europäische Rat ist eigentlich eine Branche der Legislatur, jemand, der eine Koordinationsrolle erfüllen kann, aber nicht jemand, der für Europa Kampagne macht. Das ist die Rolle schon des Präsidenten der Europäischen Kommission.
Heinemann: Herr Watson, Frau Ashton ist nie in ein Amt gewählt worden, sie ist immer nur ernannt worden, sie ist erst seit einem Jahr in Brüssel und soll nun circa 7000 Beamte des Auswärtigen Dienstes dort leiten. Könnten sich diese Schuhe als zu groß erweisen?
Watson: Natürlich kann man sich immer Fragen stellen. Persönlich stelle ich mir nicht diese Fragen. Ich kenne die Dame, ich finde, dass sie die Möglichkeit hat. Okay, das stimmt, sie kommt vom House of Lords, aber sie hat im Leben viele Sachen gemacht, die gezeigt haben, dass sie die notwendige Erfahrung und Handlungsfähigkeit hat, eine solche Rolle gut zu machen. Sie muss jetzt noch vom Parlament gewählt werden. Das heißt, diese neue Kommission und der Hohe Repräsentant müssen jetzt vom Parlament oder im Parlament ein Votum kriegen. Wir können nein sagen; ich glaube nicht, dass wir das tun werden.
Heinemann: Herr Watson, Henry Kissinger verlangte einst nach einer Telefonnummer, unter der Europa zu erreichen wäre. Ist Catherine Ashtons Nummer jetzt die richtige, oder ist sie eher eine Telefonvermittlung, die die Anrufe dann weiterleitet?
Watson: Ich glaube, in einem gewissen Sinne ist sie jetzt die Person. Sie hat in der Kommission bis jetzt den Handelsbrief gemacht. Für Handel, für Außenhandel hat die Kommission eine exklusive Kompetenz, das heißt arbeitet für alle Mitgliedsstaaten und vertritt Europa. In der Außen- und Sicherheitspolitik ist das nicht genauso. Wir müssen jetzt und das, was für unsere Mitbürger hier sehr wichtig ist, ist, dass wir nach einem verlorenen Jahrzehnt ein Europa endlich haben, das handlungsfähig ist. Die Frau Ashton muss diesen diplomatischen Dienst, diesen Außendienst jetzt aufbauen.
Heinemann: Wir haben im Amt des Kommissionspräsidenten Denker, Visionäre erlebt, Jacques Delors ein Beispiel, aber auch Vollzugsbeamte. Welchen Spielraum bieten die neuen Ämter? Könnten Sie sich vorstellen, dass da jemand über sich hinauswächst?
Watson: Ich glaube, in der Außenpolitik gibt es einen großen Spielraum. Natürlich muss die Politik vom Rat und Parlament gemacht werden, aber wir brauchen hier eine kreative Person. Wir brauchen jemand, der natürlich Erfahrung und Handlungsfähigkeit hat, aber auch jemand, der kreativ ist, um einen solchen Dienst zu schaffen. Ich glaube, dass dort eine Frau eine gute Rolle spielen kann.
Heinemann: Herr Watson, die Deutschen sind in dieser Runde leer ausgegangen. Was heißt das für die Besetzung künftiger Spitzenjobs, etwa die Nachfolge an der Spitze der Europäischen Zentralbank, oder für den Posten eines Generalsekretärs des Europäischen Rates?
Watson: Deutschland ist das größte Land Europas und muss eine gute Vertretung haben. Das ist bisher der Fall gewesen und ich glaube, es wird immer noch so sein. Ich bin sicher, dass die Bundesrepublik in allen europäischen Gremien sehr gut repräsentiert wird.
Heinemann: Graham Watson, der ehemalige Vorsitzende der Liberalen-Fraktion im Europäischen Parlament. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
Watson: Auf Wiederhören.
