Bettina Klein: Beugehaft für drei ehemalige RAF-Terroristen, die soll verhängt werden laut Urteil des Bundesgerichtshofes. Die Juristen wollen versuchen, auf diese Weise die Ex-Terroristen dazu zu bewegen, Informationen preiszugeben, die sie bis heute noch immer verschweigen. Ich habe vor der Sendung mit Butz Peters darüber gesprochen, Autor und Anwalt. Er hat sich mit der Geschichte der RAF intensiv auseinandergesetzt. Und meine erste Frage war: Gibt es eine Chance, dass diese Beugehaft die drei Ex-Terroristen zum Reden bewegen wird?
Butz Peters: Die Wahrscheinlichkeit ist nicht besonders groß. Denn die Bundesanwaltschaft hat ja, um den Mord an General Bundesanwalt Siegfried Buback vor drei Jahrzehnten aufzuklären, insgesamt elf einstige RAF-Mitglieder vernommen. Zehn sagten nichts, nur einer, Peter-Jürgen Boock. Und bislang gab es ja, ich sage mal, bildhaft gesprochen, ein Treuegelöbnis untereinander, dass man keine Aussagen gegenüber den Ermittlern macht. Alle haben sich bislang daran gehalten. Und, wissen Sie, wer, wie Christian Klar über 20 Jahre im Gefängnis gesessen hat oder wie Brigitte Mohnhaupt 26 Jahre da gesessen hat, der, denke ich, wird ein halbes Jahr Beugehaft, mehr kann es ja insgesamt nicht geben, relativ leicht auf die Schulter nehmen. Denn es war ja ein eisernes Prinzip der Kommando-Ebene der RAF, nicht zu sagen, wer an einzelnen Taten welchen Tatbeitrag geleistet hat.
Klein: Also auch die verschärfte Methode Beugehaft wird nichts an dieser Gesinnung ändern?
Peters: Ich gehe davon aus, weil die Bundesanwaltschaft hat ja den zehn Zeugen, die sie vernommen hat, klar aufgezeigt: Der nächste Schritt ist Beugehaft. Und trotzdem sind sie dabei geblieben. Ich sage mal, es besteht aus meiner Sicht sogar eher die Gefahr, dass diese jetzt zunächst drei Personen, Christian Klar, Knut Folkerts und Brigitte Mohnhaupt, als Märtyrer bei der Linken gefeiert werden, dass die neue Symbolfiguren werden, weil: Sie sind halt hartnäckig und geben das, was damals revolutionäre Tatpläne gewesen sind, nicht preis.
Klein: Wir dürfen wir uns denn Beugehaft konkret vorstellen? Wie hart ist dieses Mittel?
Peters: Die Beugehaft wird ja verhängt zunächst von einem Richter. In diesem Fall ist es der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof. Der hat jetzt diesen Beschluss erlassen. Und er wurde aber noch nicht vollstreckt, weil man halt damit rechnet, dass die drei Beschwerde einlegen werden. Und dann muss der Bundesgerichtshof, also dort ein Strafsenat, darüber entscheiden. Und wenn der Bundesgerichtshof dann diese Beugehaft bestätigt, dann bekommen die eine Ladung und müssen sich dann melden und müssen dann ein halbes Jahr in einer Zelle halt sitzen. Denkbar ist auch, dass sie gleich verhaftet werden und dann hingebracht werden in dem Moment, wo der jetzige Beschluss des Ermittlungsrichters des BGH in, ich sage mal, dicken Anführungszeichen "zweiter Instanz", einem Strafsenat des Bundesgerichtshofes mit fünf Richtern, bestätigt wird.
Klein: Das heißt Haft, aber jetzt nicht unbedingt Einzelhaft und auch nicht irgendwelche besonderen Verhöre oder wie?
Peters: Darüber hat der Ermittlungsrichter zu befinden, also über die Modalitäten. Üblich ist, da man ja auf den Betreffenden einwirken will, dass die Beugehaft für den Betreffenden in einer Einzelzelle abzusitzen ist, dass er auch nicht groß an Vergnügungen mit daran teilnehmen darf. Aber, wie gesagt, darüber muss dann der Ermittlungsrichter respektive auch der Strafsenat des Bundesgerichtshofes entscheiden, was da im Einzelnen ankommt. Man kann nur sagen, vom Ergebnis her, die drei Personen werden zunächst wahrscheinlich für ein, zwei Monate dort in Beugehaft genommen. Und wenn sie dann nicht die Aussage machen, wird halt verlängert. Das ist so ganz üblich. Natürlich können sie jederzeit, und das ist noch ein wichtiger Aspekt, die Beugehaft beenden, wenn sie, ich sage mal, wieder bildhaft gesprochen, in der Zelle klingeln, da sind ja Klingeln. Und wenn sie dann sagen, jetzt möchte ich die Aussage machen, und die Aussage dann auch machen. Aber wie gesagt, die Wahrscheinlichkeit ist gering.
Klein: Und wenn die Beugehaft abgelaufen ist, die drei weiterhin keine Aussagen keine Aussagen treffen, dann ist die Justiz, was das angeht, am Ende und hat keine weiteren Möglichkeiten mehr?
Peters: Exakt dann ist die Justiz mit ihrem Latein am Ende. Beugehaft darf nur insgesamt bis zu einem halben Jahr verhängt werden. Das ist ein Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Der Grundgedanke ist: Wer ein halbes Jahr in einer Zelle sitzt und nichts zur Vorgängen sagt, über die er was sagen könnte, der wird auch im darauffolgenden halben Jahr nichts sagen, also Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Klein: Nach Ihrer Kenntnis der Geschichte und auch der RAF-Szene, gibt es denn noch irgendein Mittel, an die Informationen, die uns bisher von den Dreien etwa vorenthalten werden, heranzukommen, wenn es nicht juristische Möglichkeiten sind?
Peters: Es gibt, wenn man es betrachtet, so wie die Bundesanwaltschaft sagt, keine sonstigen Indizien noch, die vorliegen. Es gibt einzig und allein die Aussage von Peter-Jürgen Boock aus diesem April, denn da hat er ja im "Spiegel" erklärt, und das war auch relativ vage, dass nach meinem Wissen zwei Leute zum Kommando gehörten, nämlich Günter Sonnenberg und Stephan Wisniewski. Dies habe er gehört von anderen. Die Quelle so richtig aufgedeckt hat er dafür auch nicht, jedenfalls nicht gegenüber den Medien. Vielleicht hat er im Bund der Bundesanwaltschaft ja was gesagt. Das, was Herr Boock dazu bekunden kann, er hat ja keine eigenen Wahrnehmungen im Hinblick auf das Tatgeschehen gemacht, das wird mit Sicherheit nicht reichen, um eine Anklage gegen Herr Wisniewski zu erheben.
Klein: Wenn diese Lücke in den Informationen bestehen bleibt, wie schwer wiegt diese Tatsche dann mit Blick auf die Aufarbeitung dessen, was geschehen ist vor 30 Jahren?
Peters: Ja, es ist schon spannend in der Rückschau zu wissen, auch unter zeitgeschichtlichen Gesichtspunkten: Wer waren die drei, die an dem Buback-Mord unmittelbar beteiligt waren? Bislang ging man ja von Knut Folkerts aus. Jetzt soll es Herr Wisniewski gewesen sein nach den Boock-Vorwürfen. Und es gibt einen weiteren interessanten Aspekt. Es ist ja im September 1977 versucht worden, von einem RAF-Kommando von einem Nebengebäude der Bundesanwaltschaft die Bundesanwaltschaft während der Arbeitszeit der Bundesanwälte in Schutt und Asche zu legen. Da sind RAF-Mitglieder eingedrungen in die Wohnung von einem Kunstsammler-Ehepaar, zwei älteren Herrschaften. Und feststehen davon bislang nur zwei, nämlich Brigitte Mohnhaupt und Peter-Jürgen Boock. Und die Stalin-Orgel, die dort aufgebaut wurde, ist nicht losgegangen. Und jetzt hat die Bundesanwaltschaft auch diesen Aspekt im Hinblick auf Herrn Wisniewski in das Ermittlungsverfahren einbezogen. Wenn man weiter käme, dann hätte man von den vier großen Anschlägen im Jahr 1977 bei zweien andere Beteiligte.
Klein: Der Anwalt und Autor Butz Peters über die Beugehaft, die jetzt über die drei ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar, Brigitte Mohnhaupt und Knut Folkerts verhängt werden soll.
Butz Peters: Die Wahrscheinlichkeit ist nicht besonders groß. Denn die Bundesanwaltschaft hat ja, um den Mord an General Bundesanwalt Siegfried Buback vor drei Jahrzehnten aufzuklären, insgesamt elf einstige RAF-Mitglieder vernommen. Zehn sagten nichts, nur einer, Peter-Jürgen Boock. Und bislang gab es ja, ich sage mal, bildhaft gesprochen, ein Treuegelöbnis untereinander, dass man keine Aussagen gegenüber den Ermittlern macht. Alle haben sich bislang daran gehalten. Und, wissen Sie, wer, wie Christian Klar über 20 Jahre im Gefängnis gesessen hat oder wie Brigitte Mohnhaupt 26 Jahre da gesessen hat, der, denke ich, wird ein halbes Jahr Beugehaft, mehr kann es ja insgesamt nicht geben, relativ leicht auf die Schulter nehmen. Denn es war ja ein eisernes Prinzip der Kommando-Ebene der RAF, nicht zu sagen, wer an einzelnen Taten welchen Tatbeitrag geleistet hat.
Klein: Also auch die verschärfte Methode Beugehaft wird nichts an dieser Gesinnung ändern?
Peters: Ich gehe davon aus, weil die Bundesanwaltschaft hat ja den zehn Zeugen, die sie vernommen hat, klar aufgezeigt: Der nächste Schritt ist Beugehaft. Und trotzdem sind sie dabei geblieben. Ich sage mal, es besteht aus meiner Sicht sogar eher die Gefahr, dass diese jetzt zunächst drei Personen, Christian Klar, Knut Folkerts und Brigitte Mohnhaupt, als Märtyrer bei der Linken gefeiert werden, dass die neue Symbolfiguren werden, weil: Sie sind halt hartnäckig und geben das, was damals revolutionäre Tatpläne gewesen sind, nicht preis.
Klein: Wir dürfen wir uns denn Beugehaft konkret vorstellen? Wie hart ist dieses Mittel?
Peters: Die Beugehaft wird ja verhängt zunächst von einem Richter. In diesem Fall ist es der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof. Der hat jetzt diesen Beschluss erlassen. Und er wurde aber noch nicht vollstreckt, weil man halt damit rechnet, dass die drei Beschwerde einlegen werden. Und dann muss der Bundesgerichtshof, also dort ein Strafsenat, darüber entscheiden. Und wenn der Bundesgerichtshof dann diese Beugehaft bestätigt, dann bekommen die eine Ladung und müssen sich dann melden und müssen dann ein halbes Jahr in einer Zelle halt sitzen. Denkbar ist auch, dass sie gleich verhaftet werden und dann hingebracht werden in dem Moment, wo der jetzige Beschluss des Ermittlungsrichters des BGH in, ich sage mal, dicken Anführungszeichen "zweiter Instanz", einem Strafsenat des Bundesgerichtshofes mit fünf Richtern, bestätigt wird.
Klein: Das heißt Haft, aber jetzt nicht unbedingt Einzelhaft und auch nicht irgendwelche besonderen Verhöre oder wie?
Peters: Darüber hat der Ermittlungsrichter zu befinden, also über die Modalitäten. Üblich ist, da man ja auf den Betreffenden einwirken will, dass die Beugehaft für den Betreffenden in einer Einzelzelle abzusitzen ist, dass er auch nicht groß an Vergnügungen mit daran teilnehmen darf. Aber, wie gesagt, darüber muss dann der Ermittlungsrichter respektive auch der Strafsenat des Bundesgerichtshofes entscheiden, was da im Einzelnen ankommt. Man kann nur sagen, vom Ergebnis her, die drei Personen werden zunächst wahrscheinlich für ein, zwei Monate dort in Beugehaft genommen. Und wenn sie dann nicht die Aussage machen, wird halt verlängert. Das ist so ganz üblich. Natürlich können sie jederzeit, und das ist noch ein wichtiger Aspekt, die Beugehaft beenden, wenn sie, ich sage mal, wieder bildhaft gesprochen, in der Zelle klingeln, da sind ja Klingeln. Und wenn sie dann sagen, jetzt möchte ich die Aussage machen, und die Aussage dann auch machen. Aber wie gesagt, die Wahrscheinlichkeit ist gering.
Klein: Und wenn die Beugehaft abgelaufen ist, die drei weiterhin keine Aussagen keine Aussagen treffen, dann ist die Justiz, was das angeht, am Ende und hat keine weiteren Möglichkeiten mehr?
Peters: Exakt dann ist die Justiz mit ihrem Latein am Ende. Beugehaft darf nur insgesamt bis zu einem halben Jahr verhängt werden. Das ist ein Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Der Grundgedanke ist: Wer ein halbes Jahr in einer Zelle sitzt und nichts zur Vorgängen sagt, über die er was sagen könnte, der wird auch im darauffolgenden halben Jahr nichts sagen, also Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Klein: Nach Ihrer Kenntnis der Geschichte und auch der RAF-Szene, gibt es denn noch irgendein Mittel, an die Informationen, die uns bisher von den Dreien etwa vorenthalten werden, heranzukommen, wenn es nicht juristische Möglichkeiten sind?
Peters: Es gibt, wenn man es betrachtet, so wie die Bundesanwaltschaft sagt, keine sonstigen Indizien noch, die vorliegen. Es gibt einzig und allein die Aussage von Peter-Jürgen Boock aus diesem April, denn da hat er ja im "Spiegel" erklärt, und das war auch relativ vage, dass nach meinem Wissen zwei Leute zum Kommando gehörten, nämlich Günter Sonnenberg und Stephan Wisniewski. Dies habe er gehört von anderen. Die Quelle so richtig aufgedeckt hat er dafür auch nicht, jedenfalls nicht gegenüber den Medien. Vielleicht hat er im Bund der Bundesanwaltschaft ja was gesagt. Das, was Herr Boock dazu bekunden kann, er hat ja keine eigenen Wahrnehmungen im Hinblick auf das Tatgeschehen gemacht, das wird mit Sicherheit nicht reichen, um eine Anklage gegen Herr Wisniewski zu erheben.
Klein: Wenn diese Lücke in den Informationen bestehen bleibt, wie schwer wiegt diese Tatsche dann mit Blick auf die Aufarbeitung dessen, was geschehen ist vor 30 Jahren?
Peters: Ja, es ist schon spannend in der Rückschau zu wissen, auch unter zeitgeschichtlichen Gesichtspunkten: Wer waren die drei, die an dem Buback-Mord unmittelbar beteiligt waren? Bislang ging man ja von Knut Folkerts aus. Jetzt soll es Herr Wisniewski gewesen sein nach den Boock-Vorwürfen. Und es gibt einen weiteren interessanten Aspekt. Es ist ja im September 1977 versucht worden, von einem RAF-Kommando von einem Nebengebäude der Bundesanwaltschaft die Bundesanwaltschaft während der Arbeitszeit der Bundesanwälte in Schutt und Asche zu legen. Da sind RAF-Mitglieder eingedrungen in die Wohnung von einem Kunstsammler-Ehepaar, zwei älteren Herrschaften. Und feststehen davon bislang nur zwei, nämlich Brigitte Mohnhaupt und Peter-Jürgen Boock. Und die Stalin-Orgel, die dort aufgebaut wurde, ist nicht losgegangen. Und jetzt hat die Bundesanwaltschaft auch diesen Aspekt im Hinblick auf Herrn Wisniewski in das Ermittlungsverfahren einbezogen. Wenn man weiter käme, dann hätte man von den vier großen Anschlägen im Jahr 1977 bei zweien andere Beteiligte.
Klein: Der Anwalt und Autor Butz Peters über die Beugehaft, die jetzt über die drei ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar, Brigitte Mohnhaupt und Knut Folkerts verhängt werden soll.