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Die Not der Überlebenden nach der Flutkatastrophe in Südasien lässt sich nur schwer in Worte fassen. Hunderttausende benötigen umgehend Hilfe. Humanitäre, medizinische und technische. Doch guter Wille allein reicht nicht aus. Helfen muss gekonnt sein. Mögen sich auch Ärzte noch so engagiert um die Verletzten kümmern und sich Ingenieure um den Wiederaufbau der Infrastruktur bemühen, in Krisenregionen wie diesen geht es um umfassende Hilfe. Gefragt - so der langjährige Präsident des Deutschen Roten Kreuzes und international renommierte Völkerrechtler Prof. Knut Ipsen - ist also kompetentes Krisenmanagement.

Von Klaus Deuse |
    Das, was heute an humanitärer Hilfe zu leisten ist, dort, wo Not aufgetreten ist, lässt sich nicht mehr mit einer Ausbildung bewältigen, die in einem herkömmlichen Studiengang absolviert worden ist.

    Anforderungen, die bereits einige Dutzend Helfer bei aktuellen Einsätzen erfüllen. Sie zählen zu den Absolventen des zweisemestrigen Zusatzstudienganges "Humanitäre Hilfe", den das Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht an der Ruhr-Universität Bochum anbietet. Pro Studienjahr nimmt die Uni Bochum 20 Bewerber auf, die allerdings über einen bereits erworbenen Abschluss verfügen müssen. Für diese berufsübergreifende Qualifikation hat sich auch Kathinka Both nach ihrem Jura-Examen entschieden. Zu den Teilnehmern gehören zumeist Mediziner, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler sowie Pädagogen und Politologen, die in verschiedenen Ausbildungsabschnitten für den Krisenfall in der Praxis vorbereitet werden. Kathinka Both:

    Also, da müssen sie Medizin machen, Epidemologie, Hygiene, Geopolitik, Wirtschaftswissenschaften, also Management und Ökonomie, internationales Recht und Ethnologie.

    Mit diesem Zusatzstudium gehört die Universität Bochum – sozusagen als bundesdeutsche Filiale - zu einem europaweiten Netzwerk. Ingesamt sieben Hochschulen, darunter Bilbao, Aix en Provence, Uppsale und Oxford, bilden die angehenden Krisenhelfer in Kooperation aus. Ein Studiengang, der im Übrigen von der Europäischen Union angesichts menschlichen Leids rund um den Globus initiiert wurde. Nach bestandener Abschlussprüfung steht am Ende der akademische Grad "Master in Humanitarian Assistence". Allein in Bochum bewerben sich pro Jahr über 300 Interessenten für die 20 Plätze dieser Zusatzausbildung, zu der auch ein mehrwöchiges Praktikum bei einer internationalen Hilfsorganisation gehört. Mit allen dazu gehörenden Impressionen, um die künftigen Krisen-Manager auf die Realität vorzubereiten. Wie im Fall von Kathinka Both.

    Ich habe bei dem UNHCR, dem Flüchtlingskommissariat der UN gearbeitet. Und wir haben uns dort um die Kosovo-Flüchtlinge gekümmert.

    Mit der gebotenen Nüchternheit gilt es zu konstatieren: Krisenhilfe hat Konjunktur. Oder, wie es Prof. Knut Ipsen, einer der Gründungsväter dieser Ausbildung formuliert:

    Die Absolventen dieses Studienganges sollen nach ihrem Abschluss humanitäre Hilfe leisten können, dort, wo sie gebraucht wird. Gleich aufgrund welcher Ursache sie gebraucht wird. Der Einsatz kann erfolgen bei einem
    besonders schweren Unglücksfall, der durch menschliche Einwirkungen verursacht worden ist. Es kann den bewaffneten Konflikt umfassen. Der Einsatz kann aber auch bei einer Naturkatastrophe erfolgen.


    Um in den Ausbildungskreis aufgenommen zu werden, kommt es für die vielen Bewerber nicht nur auf ihre nachgewiesene Fachkompetenz an, sondern ebenso auf bereits unter Beweis gestelltes persönliches Engagement. Wie im Fall von Gerhard Fischer.

    Ich war, während ich in Heidelberg noch studiert hab, ein paar mal in Kroatien, Bosnien, in Flüchtlingslagern als Freiwilliger. Und mehr oder weniger hab ich dann dort erkannt, das ist ein Bereich, den ich mir ganz gut vorstellen kann.

    Gerhard Fischer und seine Kommilitonen wissen um die Herausforderungen eines nicht alltäglichen Berufes. Aber genau dafür haben sie sich entschieden. Aus humanitärer Verantwortung – und dem daraus resultierenden Anreiz....

    .......wirklich vor Ort, in den Lagern mit den Leuten zu arbeiten. Interviews zu führen, Sachen zu organisieren. Ganz banale Sachen: Zelte, Matratzen, Nahrung.

    Zu ihren Aufgaben gehören oftmals auch zähe Verhandlungen mit den Ministerien in den Krisengebieten, damit die Hilfe die Opfer rechtzeitig erreicht. Und nicht selten – so wie zur Zeit – geht es schlicht darum, die Einsätze der diversen Hilfsorganisationen zu koordinieren.