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Sieg für den Seetaucher oder Niederlage für die Erneuerbaren?

Der 3. März ist alljährlich der Tag des Artenschutzes. Der wird durchaus ernst genommen: Der Ausbau der erneuerbaren Energien vor der Insel Sylt wird jetzt gestoppt, um eine seltene Vogelart zu schützen.

Von Matthias Günther | 03.03.2011
    Der Offshore-Windpark "Sandbank 24" entsteht 90 Kilometer westlich der Insel Sylt. Auf einer Fläche von knapp 60 Quadratkilometern sind dort 96 Windkraftanlagen geplant. Vor vier Jahren hatte das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie der Oldenburger Firma "Sandbank Power" dafür die Genehmigung erteilt. Eine Schwestergesellschaft, die "Sandbank Power Extension" will auf einer angrenzenden Fläche 40 weitere Windkraftanlagen aufstellen. Vor einer Genehmigung braucht das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie die Zustimmung des Bundesamtes für Naturschutz - und daran dürfte das Vorhaben scheitern.

    Die Behörde weist darauf hin, dass die betreffende Fläche in der Nordsee das weltweit zweitwichtigste Rastgebiet des Seetauchers ist. Seetaucher sind Schwimm- und Tauchvögel, die in Taiga und Tundra vorkommen und im Winter gemäßigte Regionen aufsuchen. Die größeren Arten haben eine Körperlänge von bis zu 90 Zentimetern und eine Flügelspannweite von etwa eineinhalb Metern. Nach der EU-Vogelschutzrichtlinie handelt es sich um besonders schützenswerte Tiere. Deutschland habe eine besondere Verantwortung für diese Vögel, sagte der Sprecher des Bundesamtes für Naturschutz, Franz Emde. Wegen der so genannten Scheuchwirkung der Windkraftanlagen würden sie ihren Lebensraum dauerhaft verlieren. Deshalb könne die Erweiterung des Windparks "Sandbank 24" nicht genehmigt werden. Eine entsprechende Stellungnahme an das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie werde gerade erarbeitet. Der Text müsse noch mit den Juristen im Bundesumweltministerium abgestimmt werden, so der Sprecher. Die Meldung, Minister Norbert Röttgen habe die Anweisung erteilt, das Schreiben noch nicht zu verschicken, bezeichnete Franz Emde als Quatsch. Dem Unternehmen wäre im Übrigen auch gar nicht damit gedient, wenn Deutschland versuchen sollte, das Projekt irgendwie durchzudrücken, weil der Europäische Gerichtshof eine solche Entscheidung rückgängig machen würde - es handele sich um internationales Recht, es gebe keinen Spielraum für eine Genehmigung, sagte der Sprecher.

    Die Versagung der Genehmigung wäre in der Nordsee eine Premiere. Die bisher dort beantragten 26 Windparks wurden allesamt genehmigt. Allerdings: In der Ostsee mussten bereits Offshore-Windkraftprojekte gegenüber Anliegen des Naturschutzes zurückstehen. Im Jahre 2004 hatte das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie zwei geplante Windparks vor der Insel Rügen abgelehnt. Auch dabei ging es unter anderem um die Bedrohung des Lebensraums von Seetauchern. Die Entscheidung mache deutlich, dass sich nicht jedes Seegebiet für jede Art maritimer Nutzung eigne, hieß es damals von Seiten der Genehmigungsbehörde.

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