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Siegel für Bahndamm und Gully

Technik. - Zugeschweißte Gullydeckel, abmontierte Papierkörbe – die Vorkehrungen zum Schutz von Regierungschefs an so genannten Protokollstrecken sind vielfältig. Aber es geht auch unauffälliger. Chemiker und Laserexperten haben einen speziellen, unsichtbaren Lack entwickelt, mit dem nicht nur Gullys versiegelt werden können.

Von Michael Fuhs |
    Sprengsätze im Bahndamm oder Anschläge, bei denen das Kanalsystem in der Nähe sensibler Bauten benutzt wird - solche Vorstellungen treiben Sicherheitsexperten die Schweißperlen auf die Stirn. Das ist die Marktlücke für eine Technik, mit der Manipulationen am Boden oder an Gullydeckeln festgestellt werden können. Dafür hat der Chemieriese Lanxess jetzt einen unsichtbaren Lack entwickelt, der wie Wasser auf Steine, Holz und andere Materialien aufgesprüht wird. Er enthält Farbstoffe, die nicht sichtbar sind, sich aber mit ultravioletten Laserblitzen nachweisen lassen, erklärt Stephan Mory, Wissenschaftler beim dem Unternehmen LTB Lasertechnik Berlin:

    " Wenn man denkt an Bahnanlagen, die sich ja meist auf Schotter befinden, und solch ein Schotterbett besteht aus einzelnen Steinen, und wenn man sich vorstellt, ein Terrorist nimmt Steine zur Seite, schiebt eine Bombe unter oder dergleichen, legt die Steine wieder drauf, dann ist das von außen nicht zu sehen. Wenn wir aber mit diesem Lack eingesprühte Steine entfernen und wieder hinlegen das ist nachzuweisen."

    Dazu dient dann die Lasertechnik des Berliner Unternehmens. Im Herbst hat es interessierten Sicherheitsunternehmen auf einem mit Lack eingesprühten Versuchsfeld vorgeführt, wie das geht. An den Kufen eines Helikopters hängt ein Kasten, etwa so groß wie eine kleine Kleidertruhe, mit einem Laser, einer Digitalkamera und einer robusten Optik. Mit ihr wird ein ultravioletter, also unsichtbarer Laserblitz aus 100 Meter Höhe auf eine zehn mal zehn Meter große Bodenfläche projiziert. Der Lack leuchtet, wo er intakt ist, blau auf, allerdings nur so kurz, dass es mit dem Auge nicht zu sehen ist. Nur in den ersten Milliardstel Sekunden haben die Ingenieure Gelegenheit, diese so genannte Fluoreszenz mit ihren Geräten zu detektieren, sagt Matthias Scholz, Präsident der Firma:

    " Man kann nicht sagen, dass es eine neue Erfindung ist, aber hier kommen viele neue Technologien zusammen. Sie können sich vorstellen, selbst die Fluoreszenz eines guten Lackes ist gegenüber dem Sonnenlicht überhaupt nicht sichtbar. Man muss also schon spezielle Aufnahmetechniken machen, damit man diese schwache Fluoreszenz detektieren kann. Das heißt, man muss eine Kamera verwenden, die extrem kurze Verschlusszeiten hat und man muss mit einem sehr leistungsstarken Laser arbeiten, der kurze Impulse hat, aber auch nicht zu kurze und nicht zu lange, das muss alles aufeinander abgestimmt werden."

    Das ganze funktioniert inzwischen auch, wenn man einen Bahndamm mit über 50 Kilometer pro Stunde abfliegt und das Gerät den Boden sukzessive mit dem Laserlicht abtastet. Selbst nur zehn mal zehn Zentimeter große Beschädigungen hat das System erkannt. Ganz wichtig ist allerdings, dass der Lack die richtigen Eigenschaften hat. Matthias Scholz:

    " Er muss farblos sein, damit man ihn nicht erkennt, zweitens muss er sehr robust sein, denn ein Spaziergang bedeutet ja keine Geländemanipulation, der Lack muss auch sehr stabil sein, er darf durch Regen und so was nicht ausgewaschen werden, muss trotzdem fest haften auf der Steinoberfläche, oder Sand oder Holz oder was dafür in Frage kommt, und er darf nicht toxisch sein, das heißt, es darf niemand behindert werden durch diesen Lack. Und die letzte Bedingung, die ein solcher Lack besitzen muss, er muss sich auch biologisch wieder abbauen, nach einer Zeit, die man vorher einstellen kann, also sagen wir mal, nach einem Viertel Jahr."

    Aber wer denkt, er könne das Gelände manipulieren und danach einfach wieder einen ähnlichen Lack aufsprühen, hat sich getäuscht. Die im Sicherheitslack verwendeten Farbstoffe leuchten in ganz charakteristischen Farben, so dass der Schummel sofort auffliegen würde. Die Experten der Bundespolizei, das ist der frühere Bundesgrenzschutz, haben allerdings noch keine abschließende Meinung zu der Methode. Sie sind gerade dabei, zu bewerten, ob der Einsatz des Lackes zur Verbrechensvorbeugung sinnvoll ist.