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Siegel für Familienfreundlichkeit

Eine familienfreundliche Personalpolitik rechnet sich für Hochschulen und Unternehmen. Das sagt Stefan Becker, Geschäftsführer der Gesellschaft "Beruf und Familie", die ein Zertifikat für Familienfreundlichkeit an Hochschulen und Unternehmen vergibt. Das Eingehen auf die Bedürfnisse von Familien mache es "wirklich zählbar einfacher", Fach- und Führungskräfte zu halten und zu gewinnen.

Moderation Jörg Biesler |
    Jörg Biesler: Die TU München gehört zu den Hochschulen, die das Zertifikat "Beruf und Familie" bekommen haben, das von einer Tochtergesellschaft der Hertie-Stiftung vergeben wird. Stefan Becker ist Geschäftsführer der Gesellschaft "Beruf und Familie". Tag, Herr Becker!

    Stefan Becker: Schönen guten Tag!

    Biesler: Wenn ich auf die große Zahl der Mitteilungen schaue, die wir bekommen, weil ein Unternehmen oder eine Hochschule gerade ihr Zertifikat bekommen hat, "Beruf und Familie", dann kann es eigentlich kaum noch jemanden geben bundesweit, der noch nicht familienfreundlich ist.

    Becker: Nun das täuscht, die Nachfrage nach dem Audit "Beruf und Familie" ist in der Tat in den letzten Jahren enorm angestiegen. Viele Verantwortliche in den Unternehmen und auch in den Hochschulen merken, sie kommen an diesem Thema nicht mehr vorbei. Eine familienbewusste Personalpolitik wird zum ganz klaren Wettbewerbsvorteil. Die Unternehmen und Hochschulen, die sich hiermit beschäftigen und konkrete Angebote machen, sind klar im Vorteil. Und das dokumentieren sie mit der Durchführung des Audits und dem Erlangen des Gütesiegels, dem Zertifikat zum Audit. Und da sind in der Tat jetzt allein in der letzten Woche 191 Unternehmen und Hochschulen dazugekommen, die es im Laufe des letzten Jahres durchgeführt haben, ein Anstieg, eine Nachfrage, wie wir sie noch nie hatten.

    Biesler: Was macht denn eine Hochschule oder ein Unternehmen zum Beispiel familienfreundlich?

    Becker: Also in vielen Einrichtungen mangelt es zunächst einmal überhaupt am Bewusstsein, dass auch familienbewusste Personalpolitik Vorteile für die Unternehmen dann auch bringt. In vielen Unternehmen wird es nach wie vor noch als Kostenfaktor, als Ballast gesehen. Da halten wir natürlich gegen und zeigen auch mit unseren Erfahrungen und unserer wissenschaftlichen Begleitung, die wir haben, zeigen wir, dass es sich auch betriebswirtschaftlich rechnet, dass es Vorteile für die Unternehmen und für die Hochschulen gibt, wenn sie, angefangen von Maßnahmen zur Arbeitszeitflexibilisierung bis hin zu Schulungsmaßnahmen im Bereich der Führungskompetenz bis hin zu Angeboten der Kinderbetreuung, aber auch, und das ist ein Thema, was immer mehr an Bedeutung gewinnt, auch mehr im Bereich der Pflege anbieten.

    Biesler: Was ist denn der Vorteil für die Unternehmen? Sind die Mitarbeiter anschließend zufriedener, wenn sie an einer familienfreundlichen Hochschule oder in einem familienfreundlichen Unternehmen arbeiten?

    Becker: Wir haben das Ganze auch in Paneluntersuchungen nachgefragt. Wir haben gesehen, dass nicht nur die Zufriedenheit steigt, dass es eine größere Loyalität gibt, die Krankheitsquote sinkt, die Fluktuationsrate sinkt, dass auch das Unternehmen an Image gewinnt und es wirklich zählbar einfacher ist, Fach- und Führungskräfte zu halten und zu gewinnen. Immer mehr Hochschulabsolventen fragen natürlich auch nicht nur nach einem guten Gehalt und guten Karrierechancen, sondern auch danach, wie die Rahmenbedingungen im Unternehmen sind. Und da zählt nun mal auch dazu, wie kann ich Beruf und Familie miteinander vereinbaren?

    Biesler: Wenn Sie jetzt so ein Konzept für eine familienfreundliche Hochschule zum Beispiel entwickeln, werden Sie da beratend tätig, machen Sie etwas, auf das das Unternehmen, die Hochschule vielleicht selbst gar nicht gekommen wäre?

    Becker: Ja, wir haben mittlerweile über 520 Unternehmen, Institutionen und Hochschulen, die das Audit in den letzten Jahren durchgeführt haben. Einen reichen Erfahrungsschatz, den wir natürlich auch entsprechend aufbereitet auch neuen Einrichtungen, die das Audit durchführen, zur Verfügung stellen können. Wir geben entsprechende Hinweise, wir gehen also nicht mit dem großen Katalog daher und sagen, je mehr ihr macht, umso familienfreundlicher seid ihr, sondern wir schauen schon, welche sind wirklich die geeigneten und die passenden Angebote, die den Bedarf der Mitarbeiter treffen, aber auch eben den Rahmenbedingungen der Einrichtungen entsprechen?

    Und dann, und ich glaube, auch das ist der große Vorteil des Audits, und deswegen ist die Nachfrage auch so groß, binden wir die Unternehmen und Hochschulen ein in ein Netzwerk drei Jahre lang, so lange gilt jeweils das Zertifikat und so lange haben die Unternehmen die Möglichkeit, auch in diesem Netzwerk konkret an der Umsetzung zu arbeiten. Es gibt eine Audit-Akademie, an der auditierte Einrichtungen teilnehmen können, wo sie spezielle aktuelle familienpolitische und personalpolitische Fragen erörtern können und wo auch Zukunftsthemen und innovative Themen sehr schnell auch so konkret aufbereitet werden, dass immer wieder neue Anregungen gegeben werden können und keiner dort das Rad neu erfinden muss.

    Biesler: Stefan Becker, Geschäftsführer der Gesellschaft "Beruf und Familie", die das Zertifikat "Beruf und Familie" für Hochschulen und Unternehmen vergibt. Vielen Dank.

    Becker: Danke auch.