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Sieger bei Jugend forscht
Schlaue Esel und standfeste Roboter

Von Lennart Pyritz | 01.06.2015
    Der Deutschlandfunk ist bei der 50. Preisverleihung von "Jugend forscht" vor Ort.
    Der Deutschlandfunk war bei der 50. Preisverleihung von "Jugend forscht" vor Ort. (Sylvia Kraus / Deutschlandradio)
    "Wir haben ein Wasseranalysegerät entwickelt. Damit können wir Metallionen im Wasser nachweisen und in einer Wasserprobe diese auch dann bestimmen." Die 19-jährige Rostockerin Luise Pevestorff lehnt an ihrem Projekttisch im Fachgebiet Technik. Darauf stehen Glaskolben und zwei durchsichtige Boxen: Ein selbst konstruiertes, tragbares Messgerät, in dem metallische Verunreinigungen im Wasser durch das Anlegen einer elektrischen Spannung zum Leuchten angeregt werden.
    "Dieses Leuchten fangen wir dann mit Sensoren auf. Diese Sensoren haben einen optischen Filter davor, sodass wir immer einzelne Wellenlängen von verschiedenen Stoffen abfangen können. Diese schicken wir an einem Computer, und der wertet das uns dann aus."
    Den Bundessieg bringt das Projekt zwar nicht ein. Das Gerät könnte aber künftig in Katastrophengebieten zum Einsatz kommen, um Trinkwasser auf Schadstoffe zu testen. Im Bereich Chemie stellen drei Schüler ein Verfahren vor, um Ökostrom in Form von Erdgas zu speichern - dafür erhalten sie den Preis für die beste interdisziplinäre Arbeit. In der Physik wird ein einbeiniger Roboter prämiert, der durch Anpassen der Rotationsgeschwindigkeit eines Schwungrades vor dem Umfallen bewahrt wird; und im Bereich Arbeitswelt ein Rollstuhl, der sich durch die Augenbewegung steuern lässt. Ausgezeichnet wird auch eine biologische Studie zum Lernverhalten von Eseln und Maultieren.
    "Und wollte dabei wissen, ob sie durch Nachahmung schneller lernen können und ob die mit dem Klickertraining, das in der Hundeerziehung weit verbreitet ist, auch schneller lernen können, als wenn man die bloß positiv bestärkt durch Loben und Kraulen." Dazu brachte die Gymnasiastin Mara Lauer den Tieren bei, Ball zu spielen und einen Teddybär zu apportieren. Durch Nachahmung und Klickern lernten die tatsächlich schneller.
    "Ich wollte einfach zeigen, dass die in der Lage sind, alles zu machen, was auch Pferde können und dass die wirklich schlaue Tiere sind. Es wäre schön, wenn die in Deutschland vor allem mehr eingesetzt werden würden. Auch als Therapietiere in Förderschulen kann man ganz gut mit denen arbeiten."
    Den Einstieg in die MINT-Bereiche vereinfachen
    Sven Baszio, geschäftsführender Vorstand der Stiftung Jugend forscht, will Nachwuchskräften den Einstieg in die Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik - kurz MINT - künftig noch leichter machen.
    Dr. Sven Baszio, Vorstand Jugend forsc
    Dr. Sven Baszio, Vorstand Jugend forscht (Lennart Pyritz)
    "Kernelement dieser Strategie sind die Schülerforschungszentren, deren Etablierung wir sehr stark befürworten. Das sind in gewisser Weise Sportvereine für MINT-Athleten. Da gehören die Jugendlichen hin, damit sie in ihrer Freizeit ihren Neigungen nachgehen können, ganz analog zum Sport- oder Musikbereich."
    Programmschwerpunkt: 50 Jahre "Jugend forscht"

    Was wurde aus den Jugendforschern? Eine Multimediapräsentation
    In Kassel gibt es bereits ein Schülerforschungszentrum. Dort haben Patricia Asemann und ihr Projektpartner Planetensysteme erforscht: "Ganz speziell haben wir den Einfluss von Schwerkraft auf die Entstehung von Planeten untersucht. Dazu haben wir eine eigene Simulation entwickelt, mit der wir diese Systeme modelliert haben und dann verschiedene Analysen durchgeführt, mit denen wir den Einfluss von Gravitation untersuchen konnten."
    Einige der Projektthemen klingen nicht nur kompliziert, sondern sind es auch. Das räumt auch Bundespräsident Joachim Gauck, Schirmherr des Wettbewerbs, in seiner Festrede vor der Kür der Bundessieger ein.
    "Ich darf häufig nur so aussehen, als würde ich annäherungsweise verstehen können. Und deswegen muss ich mir das alles noch mal vor meinem geistigen Auge vorbeiziehen lassen. Sie bringen Ergebnisse auf den Labortisch oder zu Papier, vor denen ausgewiesene Experten den Hut ziehen."
    Nicht alle machen in der Forschung weiter
    Zu den diesjährigen Bundessiegern zählt auch Patricia Asemann mit dem Projekt zur Planetenentstehung. Ob der Sieg der Startschuss für eine wissenschaftliche Karriere ist, wird die Zukunft zeigen. Etwa die Hälfte der ehemaligen Sieger forscht später beruflich weiter. Zu ihnen zählt Gisela Anton. Sie gewann 1975 bei Jugend forscht, lernte dabei auch ihren späteren Ehemann kennen, und ist inzwischen Professorin für Experimentalphysik an der Universität Erlangen-Nürnberg. Ein erfolgreicher Weg in der Wissenschaft erfordere neben tiefer Fachkenntnis vor allem eins:
    "Innovationsfähigkeit, Kreativität, Originalität. Sehen und Ideen haben, Ideen entwickeln. Sich trauen, Ideen zu haben, auch schräge Ideen zu haben, das ist so wichtig. Das geht natürlich bei Schülern viel besser als bei Erwachsenen, weil Schülergehirne noch nicht so festgelegt sind. Aber genau deshalb muss man es eben auch im frühen Alter wecken."
    Minh Michael Gguyen, Tobis Jocob: Bereich Arbeitwelt
    Minh Michael Gguyen, Tobis Jocob: Bereich Arbeitwelt (Lennart Pyritz)