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Sigmar Gabriel und der "Umwelt-Autosommer"

Die deutsche Automobilindustrie hat heute Morgen ihren "Umwelt-Autosommer" eingeleitet - eine bundesweite Aktion, die vom Umweltminister offenbar wohlwollend unterstützt wird. Für VDA-Präsident Matthias Wissmann stellt die Automobilindustrie damit einmal mehr ihre Kompetenz in Sachen Klimaschutz dar. Das klingt zunächst nach groß angelegter PR-Sommer-Nummer.

Von Dieter Nürnberger |
    Die Kampagne "Umwelt-Autosommer" des Verbandes der Automobilindustrie "VDA" ist in der Grundkonzeption sicherlich schon eine Werbekampagne für die eigene Industrie und deren Produkte - es gibt Gewinnspiele, die Kampagne wird von einzelnen Medien auch begleitet werden. Allerdings muss man in solchen Fällen dann immer auf die Argumente schauen, und da zumindest zeigt sich die deutsche Autoindustrie derzeit recht selbstbewusst. Man werde die Klimaschutzziele, vorgegeben durch die Bundesregierung und natürlich auch durch die EU, erreichen - und das schöne daran, so VDA-Präsident Matthias Wissmann, es lohne sich auch für den Autofahrer, angesichts der immer weiter steigenden Spritpreise. Man stellte heute 77 Modelle vor, die zwischen 88 und 138 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Und wer ein solches Modell kaufe, profitiere mittel- und langfristig davon, so Matthias Wissmann:

    "Für praktisch jeden, der sich für einen solchen Kauf entscheidet, führt dies zu einer günstigeren Tankrechnung. Gleichzeitig zu einer deutlich geringeren CO2-Emission. Das Durchschnittsalter des PKW-Bestands in Deutschland liegt bei 8,5 Jahren. Es ist damit höher als je zuvor. Eine dringend notwendige Erneuerung des Bestands wäre ein deutlicher Beitrag zum Klimaschutz. Wenn sich der Bestand um ein Jahr verjüngt, dann könnten 800 Millionen Liter Kraftstoff eingespart werden, das entspricht zwei Millionen Tonnen CO2."

    Und somit bescheinigt auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), dass die deutschen Hersteller hier auf dem richtigen Weg seien. Er sagte aber gleichzeitig, dass diese Schritte überfällig seien, da bei einigen Modellen in der CO2-Reduktion doch ein großer Spielraum gewesen sei, der nun endlich genutzt würde. Gabriel sieht dies als generelle Strategie auch unter globalen Wettbewerbsbedingungen:

    "Das ist das Beispiel, das wir bringen müssen. Wenn wir das nicht schaffen, wird uns keiner folgen. International folgen uns die Staaten beim Klimaschutz nur, wenn wir zeigen, dass Klimaschutz keine Beschäftigungs- und Wachstumsverluste erzeugt. Sonst werden uns ärmere Länder hier nicht folgen. Weil sie ihren Aufbau der Gesellschaft nicht gefährden wollen, durch riskante Manöver in der Umweltpolitik. Wir sagen: Nein, das ist nicht riskant. Es ist ein Wachstumspfad, ein Erfolgspfad - und wir zeigen euch, dass das geht."

    VDA-Präsident Matthais Wissmann betonte, dass seine Industrie bei der Reduzierung von CO2 eine Art Fächerstrategie anstrebe. Man wolle alle technischen Möglichkeiten ausloten - es gehe dann also um eine Optimierung der Dieseltechnik, ebenso beim Ottomotor. Man werde auch die Entwicklung von Elektroautos nicht aus den Augen verlieren, die Hybridtechnik werde eine Rolle spielen, ebenso die weitere Entwicklung des Erdgasantriebs. Nur durch diese sich ergänzenden Technologien werde man die Ziele schaffen - und das werde sich auch bei der geplanten Umstellung der Kfz-Steuer, Stichwort: Berücksichtigung des CO2-Ausstoßes, für die Autofahrer positiv bemerkbar machen:

    "Wenn diese Zusage der Koalition, eine neue CO2-bezogene Kfz-Steuer zum 1. Januar 2010 zu machen, eingehalten wird, dann kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass diese Fahrzeuge, die hier angeboten werden, gegenüber Altfahrzeugen deutlich entlasten. Vielleicht werden einige sogar überhaupt keine Belastung durch die Kfz-Steuer mehr haben. Und wir kalkulieren derzeit in unserer Industrie mit den Preisen sehr eng, weil wir die Preissensibilität des Kunden kennen. "

    Dem Klima sei es letztendlich auch egal, wie die Einsparungen bei den schädlichen Treibhausgasen erzielt würden, sagt Umweltminister Gabriel. Der Verkehrssektor macht derzeit rund 20 Prozent bei den CO2-Emissionen aus. Da müsse man runter - und zur Philosophie der Politik seines Hauses gehöre es, dies nicht gegen Entwicklungszyklen der Technik in der Automobilindustrie zu erreichen. Es werde aber auch weiterhin politische Vorgaben geben müssen. Sigmar Gabriel:

    "Die Frage ist doch, wie kommen wir den ökologischen Zielen auf ökonomisch vernünftige und effiziente Weise entgegen. Und dass ich der Überzeugung bin, dass Industrien allemal immer auch über staatliche Regulierung im ökologischen Bereich ein klares Signal bekommen, das versteht sich von selbst. Neben den ohnehin vorhandenen Anreizen des Marktes. Von daher will ich jetzt nicht so tun, als hätten wir ausschließlich Friede, Freude und Eierkuchen. Das ist schon ein Spannungsverhältnis, das ist auch richtig so."

    Daran hört man, dass sich der Bundesumweltminister heute zwar freute, moderne, effiziente und somit verbrauchsärmere Autos aus Deutschland mit präsentieren zu können, aber doch auch den Eindruck vermeiden wollte, das Verhältnis sei spannungsfrei. Aber das Signal, dass es inzwischen auch aus Deutschland mehr und mehr solcher Fahrzeuge gibt, das war beiden wichtig, dem Bundesumweltminister ebenso wie dem obersten Interessenvertreter der Automobilindustrie.