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Silberstreif am Horizont

Es gibt eine ganze Reihe von Viren, die beim Menschen eine Leberentzündung auslösen können. Die bekanntesten sind die Hepatitis-Viren A, B und C. Vorbeugen ist besser als heilen – sagen Mediziner. Die beste Vorbeugung ist eine Schutzimpfung. Tatsächlich gibt es gut wirksame und verträgliche Schutzimpfungen gegen Hepatitis A und B. Für die gefährlichste Leberinfektion, die Hepatitis C aber fehlt bislang ein Impfstoff. Zu wandlungsfähig ist das Virus. Aber in den USA, in Saint Louis im Bundesstaat Missouri haben jetzt erste Tests mit einem experimentellen Impfstoff begonnen.

    Es hat lange gedauert. Seit 1989 kennen die Forscher das Hepatitis C-Virus. Aber erst jetzt, 15 Jahre später, startet die erste Impfstoffstudie in den USA, klagt Adrian Di Bisceglie.

    Di Bisceglie, Leiter des Leberzentrums an der Universität von St. Louis, weiß: Das Hepatitis C-Virus ist ein schwieriger Gegner. Das Virus verwandelt sich ständig, es gibt nicht das eine Hepatitis C-Virus sondern viele verschiedene Varianten.

    Ein weiteres Problem: Das Immunsystem von Menschen, die sich mit dem Hepatitis C-Virus anstecken, reagiert auf das Virus – aber nicht sehr stark. Die Folge: bei 60 bis 80 Prozent der Infizierten kommt es zu einer dauerhaften, schleichenden Entzündung der Leber.

    Der experimentelle Impfstoff, den die US-Forscher in St. Louis zunächst an
    45 gesunden Freiwilligen testen, soll das Immunsystem auf die Begegnung mit dem Virus vorbereiten. Der Impfstoff enthält Bruchstücke aus der Virus-Hülle. Der Körper von Geimpften soll so dazu gebracht werden, Abwehrmoleküle, Antikörper, gegen die Hülle und damit gegen das Virus zu bilden.

    Der Impfstoff enthält Eiweiße aus der Virus-Hülle, genau gesagt: die Hüll-Proteine E1 und E2. In der ersten Phase unserer Studie wollen wir wissen, ob der Impfstoff eine entsprechende Immunantwort beim Menschen auslöst, ob Antikörper gebildet werden. Wir wollen lernen ob und wie das Immunsystem auf die Proteine reagiert.

    Der Impfstoff, den das Pharmaunternehmen "Chiron" entwickelt hat, deckt nicht alle Virusvarianten ab, betont Di Bisceglie – die Hüll-Eiweiße stammen von einer weit verbreiteten Hepatitis-C-Virus-Variante – oder Genotyp, wie die Forscher dazu sagen.

    Es gibt sechs Genotypen des Hepatitis C-Virus. Der Impfstoff enthält die Hülleiweiße von Genotyp 1 a. Das ist der häufigste Genotyp. Ob unser Impfstoff auch gegen die anderen Genotypen schützen wird, das können wir jetzt noch nicht sagen. Wir konzentrieren uns zunächst auf den häufigsten und damit wichtigsten Genotypen.

    Dass der Impfstoff in jedem Fall eine Ansteckung mit dem Hepatitis-C-Virus verhindern kann, glaubt Di Bisceglie nicht.

    Meine Hoffnung ist, dass die Impfung vor einer chronischen Leberentzündung schützen kann. Tierversuche an Schimpansen deuten darauf hin, dass der Impfstoff tatsächlich verhindern kann, dass die Infektion chronisch wird.

    Von geimpften Schimpansen, so die Ergebnisse des Tierversuchs, entwickelten nur 10 bis 20 Prozent der Tiere eine chronische Leberentzündung.
    Beim Menschen führt eine Ansteckung mit Hepatitis C in durchschnittlich 60 bis 80 Prozent zu einer chronischen Infektion. Damit verbunden ist langfristig eine hohes Risiko für schwere Leberschäden. Eine chronische Hepatitis C gilt auch als Risikofaktor für Leber-Krebs. Sollte der Impfstoff zumindest davor schützen, dass eine Hepatitis C-Infektion chronisch verläuft, dann wäre dies ein wichtiger Teilerfolg.

    In einem Jahr wird die erste Phase der Impfstudie abgeschlossen sein. Aber eines ist heute schon klar: Der Impfstoff, den die Forscher in St. Louis testen, ist stellt erst einen Anfang dar. Es wird noch viel Forschungsaufwand sein, den Impfstoff so zu verändern, dass er vor einer Ansteckung mit allen Virusvarianten schützen kann. Adrian Di Bisceglie steht nicht alleine mit seiner Meinung, nach der die Gefahr, die von der Hepatitis C ausgeht, nach wie vor unterschätzt wird.

    Die Hepatitis C ist weltweit ein riesiges Problem. Wir schätzen, dass rund 170 Millionen Menschen auf der Welt mit dem Virus infiziert sind. Die Hepatitis sollte höchste Priorität haben für die Gesundheitsbehörden in jedem Land.