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Simbabwe

Landumverteilung, Landreform und Landbesetzung - im südlichen Afrika sind diese Begriffe in das Zentrum der politischen Debatte gerückt. Dabei geht es um die Zukunft und die Neuordnung der Landwirtschaft - verbunden mit Fragen der Rechtsstaatlichkeit und der Ernährungssicherheit. In Namibia soll die Landreform - nach Angaben der Regierung - friedlich geregelt werden - ganz im Gegensatz zum Nachbarland Simbabwe. Hier hatte die Regierung dazu aufgefordert, die Höfe weißer Bauern gewaltsam zu besetzen, wenn sie denn ihre Farmen nicht freiwillig an schwarze Simbabwer übergeben würden. Dieser Aufruf führte zu teilweise gewalttätigen Übergriffen gegen die Farmer und deren Beschäftigte. Jetzt hat die Regierung von Simbabwe zwar angekündigt, dass man Maßnahmen ergreifen wolle, um die Gewalt zu bremsen - allein, den politischen Beobachtern des Landes fehlt der Glaube.

Von Johannes Berger |
    Der simbabwische Finanzminister Makoni gestand kürzlich im Parlament ein, dass die Ernteergebnisse in der Landwirtschaft nicht optimal sind. Die gewalttätigen Besetzungen großer Farmen im letzten Jahr haben die Nahrungsmittelproduktion stark beeinträchtigt. So fehlt zum Beispiel eine halbe Million Tonnen Mais. Die Frucht ist das wichtigste Grundnahrungsmittel für die zwölfeinhalb Millionen Einwohner. Nach den tumultösen Landbesetzungen haben die weißen Farmer im letzten Jahr nur etwa die Hälfte der sonst üblichen Anbaufläche bestellt. Mithin wurde vergangen Mai und Juni auch nur eine um die Hälfte reduzierte Ernte eingefahren.

    Eigentlich ist der Mais eine Erfolgsgeschichte für die Landwirtschaft in Zimbabwe. Zwischen 1980 und 1986 hatte sich die Maisernte unter den schwarzen Kleinbauern verdoppelt. Nach dem Ende des weißen Minderheitsregime 1980 förderte die Regierung Mugabe gezielt die schwarzen Bauern, die von den Siedlern aus Europa durchweg in Gebiete mit schlechteren Böden und geringeren Niederschlägen abgedrängt wurden. Im Zuge dieser Verbesserungen bekamen sie mehr Produktionsmittel wie Dünger und Pestizide und verbesserten damit ihre Anbaumethoden. In diesem Zusammenhang sprechen manche sogar von einer "afrikanischen Maisrevolution". Heute dagegen steht das Land davor, 100.000 Tonnen Mais aus Südafrika einzuführen, um seine Reserven aufzufüllen.

    In den Achtziger Jahren hatte sich die Lage in den ländlichen Regionen Zimbabwes entspannt. Mittlerweile aber sind die Kleinbauern an ihre Leistungsgrenzen gekommen. Die Frage der Landverteilung zwischen den Siedlern aus Europa und den Einheimischen - ein Konflikt zwischen Weißen und Schwarzen - steht damit wieder auf der Tagesordnung. Die 4 500 großen, kommerziell arbeitenden Farmen bewirtschaften allein 11 Millionen Hektar. Sie beschäftigen etwa 340.000 Landarbeiter. Im Gegensatz dazu bearbeiten eine Million schwarzer Bauernfamilien im Durchschnitt jeweils 16 Hektar Ackerfläche. Sie wirtschaften vorwiegend für den Eigenbedarf. Ihr Land ist zu großen Teilen staatliches Eigentum. Die meisten der großen Farmen, die marktorientiert arbeiten, gehören europäischen Siedlern. Einige Hundert aber auch Afrikanern, die in den letzten Jahren zu Geld gekommen sind. Etliche Farmen sind im Besitz großer Konzerne.

    Eine Landreform kam lange nicht richtig vom Fleck. Da gab es verfassungsmäßige und finanzielle Hindernisse. Lange Zeit meinte die Regierung von Präsident Mugabe, es reiche aus, die Gewinne aus den großen Farmen umzuverteilen. Doch Mugabe geriet unter Druck. Schließlich entdeckte er die Landfrage als ein Instrument, sein politisches Überleben zu sichern. Dieses Instrument nutzt er nun mit Willkür und Gewalt, statt mit einem rechtstaatlichen und planvollen Vorgehen das Problem der ungleichen Landverteilung zu entschärfen. Geht es für Mugabe doch darum, sich wenigstens die Unterstützung der ländlichen Bevölkerung zu sichern. Rückhalt in den Städten hat er schon lange nicht mehr.

    Im Grunde halten sich die Ernterückgänge als Folge der Landbesetzungen noch in Grenzen, sie sind nicht größer als in den vorangegangenen Dürrejahren. Die Weizenernte wird im Oktober sogar etwas größer ausfallen als üblich. Was die Krise explosiv macht, ist die Tatsache, dass sich längst nicht mehr alle Zimbabwer das Grundnahrungsmittel Mais leisten können. Denn das Land befindet sich in einer ausgewachsenen Wirtschaftskrise. Im letzten Jahr schrumpfte die Wirtschaft offiziell um sechs Prozent, Bergbau und Industrie produzieren weniger, der Tourismus ist zusammengebrochen. Die Inflation liegt bei 64 Prozent. Als im Juni der Treibstoffpreis um 70 Prozent erhöht wurden, hat es die Leute schließlich auf die Strasse getrieben. Viele können kaum mehr die Busfahrt zum Arbeitsplatz bezahlen. Für die Bauern ist nicht nur der Sprit teurer geworden, sondern auch die Preise für Maissaatgut, Dünger und Pestizide sind um mehr als Zweidrittel gestiegen.

    Die Regierung hat den Aufkaufpreis für Mais jetzt eingefroren. Darum überlegen sich viele Produzenten, ob es sich überhaupt noch lohnt Mais anzubauen, wenn unsicher bleibt, ob man genügend Treibstoff und Dünger importieren kann. Denn Devisen sind in Zimbabwe knapp geworden. Wichtigste Devisenquelle ist der Export von Tabak, der fast ausschließlich auf den großen Farmen angebaut wird. Wegen der Landbesetzungen wurde letztes Jahr weniger Tabak gepflanzt und so ist die Ernte jetzt um 20 Prozent geringer ausgefallen.