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Singende Blasen und das Weltklima

Umwelt. - In allen Kalkulationen zu der Entstehung des Treibhausgases Kohlendioxid spielen die Weltmeere eine Hauptrolle als Speicherreservoir für die klimawirksame Verbindung. Den genauen Einfluss der Ozeane und vor allem ihren quantitative Austausch mit der Gashülle kennen Wissenschaftler allerdings nicht. Um diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen und zu bestimmen, wie viel Luft das Meer schluckt, schauten kalifornische Ozeanographen den Wogen ganz genau zu.

    "Wenn eine Welle bricht, überholt der Wellenkamm den Rest der Welle und schlägt quasi in ihn ein. Dabei befördert er Luft ins Wasser und zerreißt sie dann regelrecht in Unmengen von Luftbläschen. Zum Teil steigen diese Bläschen dann auf und bilden den sichtbaren weißen Schaum", erläutert Grant Deane, Meeresforscher am Scripps Institut für Ozeanographie im kalifornischen San Diego. Doch die stecknadelkopf- bis murmelgroßen Luftblasen sind überdies auch für etwas anderes verantwortlich - den hypnotischen Klang der Brecher. Diese typischen Wasserklänge entstehen, weil die Bläschen unmittelbar nach ihrer Geburt heftig in sich schwingen und wabern. Denn bei ihrer Bildung sind die Bläschen zumeist deformiert und gleichen eher einer Wurst oder einem Pfannkuchen. Weil die energetisch günstigste Form aber eine Kugel ist, schnellt das Bläschen zusammen und gerät so in die klingenden Schwingungen. Abermillionen von eingeschlossenen Luftblasen erzeugen unzählige verschiedene Frequenzen - das klassische Rauschen ist geboren.

    Doch Grant Deane interessiert sich noch aus anderen Gründen für die Wellenbläschen: "Diese Bläschen beeinflussen mehrere Prozesse im Ozean. Vor allem sind sie für einen Teil des Gaseintrags in den Ozean verantwortlich. Besonders bei Stürmen schaufeln die Wellen beträchtliche Mengen an Luft ins Meer." Weil längst nicht jedes der dabei gebildeten Bläschen wieder an die Oberfläche steigt, verschwindet auch Einiges an Gasen, darunter auch Kohlendioxid, im Ozean. "Diesen Prozess gut zu verstehen, ist wichtig für die Erstellung globaler Klimamodelle", betont der Ozeanologe. Um abschätzen zu können, wie viel des Treibhausgases der Ozean aufzunehmen vermag und welchen Beitrag dazu Seegang und Stürme liefern, untersuchte Grant Deane, wie im Detail sich die Bläschen eigentlich bilden. In einem Wellentank filmte der Forscher mit einer eigens entwickelten Spezialkamera, der so genannten BubbleCam, die Prozesse der Bläschenbildung in Wellen. Die Sisyphos-Aufgabe, die Luftkapseln zu vermessen und zu zählen, übernimmt dabei Kollege Computer.

    "So fanden wir heraus, dass es im Wesentlichen zwei verschiedene Mechanismen der Blasenbildung gibt. Es entstehen große Blasen, wenn die Welle beim Brechen Luft einschließt und in Stücke reißt. Kleine Bläschen von weniger als einem Millimeter Durchmesser bilden sich dann, wenn der Wellenkamm beim Brechen auf die Wasseroberfläche trifft", berichtet Grant Deane. Dieses Ergebnis wollen Deane und seine Kollegen jetzt in neue, verbesserte Klimamodelle einfügen: "Um die Kohlendioxidmenge zu ermitteln, die bei einem Sturm in den Ozean gelangt, kann man jetzt unsere Theorie verwenden." Der Ozeanologe hofft, so die Genauigkeit von Klimaprognosen weiter verbessern zu können.

    [Quelle: Frank Grotelüschen]