Archiv


Sinnreicher Anstrich

Technik. – Dass Farbe mehr als eine Kolorierung der Wand ist, zeigen Hersteller auf der derzeit in Köln stattfindenden Messe "Farbe 2005". Dort werden Mittel gegen Graffiti, dreckige Außenluft, Nikotin oder sogar Elektrosmog vorgestellt.

von Kay Müllges |
    Farbe kauft man für wenig Geld im Baumarkt, klatscht sie an die Wand und wartet bis sie trocken ist. So einfach ist das. Wirklich so einfach? Im Prinzip schon, aber auch wieder nicht, denn mittlerweile sind immer mehr Farben auf dem Markt, die echte High-Tech-Produkte sind. Schon länger bekannt sind beispielsweise Fassadenfarben, die sich den sogenannten Lotuseffekt zu nutze machen, das heißt an ihnen tropfen Schmutz und Regenwasser einfach ab - wie bei einer Lotusblüte. Das ist ein physikalischer Prozess. Die Chemie hingegen nutzt eine in Köln als Weltneuheit präsentierte aktive Fassadenfarbe. Uwe Hellbrück von der Firma Sto erläutert das Prinzip:

    "In der Natur kennen wir die Photosynthese, wo ja praktisch Pflanzen, sag ich mal, Kohlendioxid umwandeln in Sauerstoff. Hier ist der umgekehrte chemische Prozess: Hier wird praktisch, sag ich mal, eine organische chemische Verbindung zurückgewandelt in Kohlendioxid und Wasser."


    Dazu braucht es nichts weiter als das ultraviolette Licht der Sonne und einen Katalysator. Photokatalyse nennen die Experten diesen chemischen Prozess und wie genau aus Sonne Sauberkeit entsteht, weiß wieder Uwe Hellbrück:

    "Sie haben in der Farbe einen Katalysator der über UV angeregt wird. Und dann beginnt der chemische Prozess. Und in diesem Prozess werden die organischen Schmutzverbindungen angegriffen, sie werden von der Fassade gelöst und mit Regen unterspült und abgetragen."

    Selbst fest anhaftende organische Verschmutzungen würden so von der Häuserwand gelöst, meint die Herstellerfirma und empfiehlt den Einsatz dieser Spezialfarbe deshalb vor allem für Gebäude an verkehrsreichen und abgasbelasteten Straßen. Übrigens: gleich mehrere Hersteller präsentieren auf der Messe in Köln auf dem gleichen Prinzip beruhende Farben für den Anstrich von Innenräumen. Die sollen helfen, lästige Innenraumbelastungen und -gerüche beispielsweise durch Tabakqualm, Kochdunst oder Reinigungsmittel zu reduzieren. Speziell an Zeitgenossen, die sich durch elektromagnetische Strahlung, den sogenannten Elektro-Smog beeinträchtigt fühlen, richtet sich eine ebenfalls in Köln präsentierte Weltneuheit der Firma Caparol. Die neuartige Beschichtung soll die Strahlung ableiten, erklärt Norbert Neuroth:

    "ElectroShield ist ein Material zur Applikation im Prinzip wie eine Farbe. Wirkt indem es vor elektromagnetischer Strahlung schützt. Das Wirkprinzip ist folgendermaßen zu verstehen: die elektromagnetische Strahlung wird auf der Wand abgefangen und abgeleitet. Deswegen muss eine Fläche, die mit ElectroShield bearbeitet ist, muss dann auch fachmännisch geerdet werden."

    Dabei wird die Strahlung in der Farbe durch stromleitende Teilchen, genauer durch spezielle Kohlenstoffatome, abgeleitet. Niederfrequente elektrische Wechselfelder, wie sie von Installationen, Stromleitungen in Wänden und Elektrogeräten kommen werden nach Angaben des Herstellers so bis zu 99,999 Prozent reduziert. Einen Nachteil hat der Trick mit den Kohlenstoffatomen allerdings: Die Farbe ist pechschwarz und daher nur als Grundierung, keineswegs aber als Wandfarbe fürs Wohn- oder Kinderzimmer geeignet.