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Skandinavistik online

Seit zwei Jahren erproben die skandinavistischen Institute in Tübingen, Basel, Freiburg und Straßburg den virtuellen Unterricht. Ins Rollen kam die Idee einer gemeinsamen digitalen Lehr- und Lernplattform durch die Bologna-Deklaration. Die Studierenden profitieren von der Themenvielfalt und der virtuellen Vernetzung von Forschung und Lehre.

Von Stephan Gabriel Haufe |
    "Als Erstes geb ich natürlich die Adresse ein ... Das mache ich jetzt mal ... https:campus.freiburg.de ... "

    Anja Wiedegren ist im 9.Semester im Fach Skandinavistik eingeschrieben. Sie studiert via Internet, in digitalen Diskussionsforen, über Email und mit virtuellen Kommilitonen. Denn an der Universität Freiburg, am Institut für Skandinavistik ist eLearning angesagt.

    "Beim herkömmlichen Seminar weiss ich, ich hab das dann zwei Semesterwochenstunden. Und dort ist es so, dass man immer präsent sein muss."

    Auch für Arnika Schwaldt, 7.Semester Skandinavistik, zeichnet sich das eLearning durch eine Intensität aus, die im klassischen Seminar ihrer Meinung nicht erreicht wird.

    "Es erfordert sehr viel mehr Engagement von den Studenten. Man kann sich nicht einfach reinsetzen und der Dozent erzählt was, sondern es ist ja sehr vieles in schriftlicher Form, also über Chat oder normale Emails. Ich muss meine Gedanken formulieren, ich muss andere Beiträge lesen."

    Verbunden sind die Freiburger Studenten beim Online-Seminar im Internet mit Kommilitonen aus Tübingen, Basel und Straßburg. Die skandinavistischen Institute dieser vier Städte erproben seit 2 Jahren den virtuellen Unterricht. Ins Rollen kam die Idee einer gemeinsamen digitalen Lehr- und Lernplattform durch die Bologna-Deklaration. Deren Ziel ist es, europaweit Bachelor und Masterstudiengänge einzuführen. Da die Deklaration hohe Qualitätsanforderungen an die Lehre stellt, können die Institute nicht überleben, wenn sie nur eine oder eine halbe Professur besitzen. Sie müssten über kurz oder lang ihren Betrieb einstellen. Genau das fordern Hochschulpolitiker immer wieder, wenn sie vorschlagen kleine Fachbereiche oder sogenannte Orchideenfächer, an Kompetenzzentren zu verlagern.

    "Doch diese Zentren haben den Nachteil, dass die jeweilige lokale Vernetzung zerstört wird, Skandinavistik als Impulsgeber und Kooperationspartner innerhalb der Universtitäten ist dann nicht mehr so gut leistungsfähig, weil nicht mehr präsent,"

    hält Thomas Mohnike fest. Die vier skandinavistischen Institute haben sich darum für den virtuellen Weg entschieden und das Kompetenznetzwerk Skandinavistik gegründet, das Thomas Mohnike koordiniert. Mit Hilfe der internetbasierten Lehre können die Studierenden in Freiburg nun auch Themenfelder bearbeiten, die schwerpunktmäßig an den anderen Universitäten gelehrt werden.

    "Die Skandinavistik gilt als kleines Fach, das ist aber falsch. Die Skandinavistik ist ein großes Fach, inhaltlich! Es umfasst fünf Sprachen und Kulturen, die schwedische, dänische, farörische und mit gewissem Recht auch die baltische."

    Den Studierenden diese Themenvielfalt auch zukünftig anbieten zu können, ist nur über die virtuelle Vernetzung von Forschung und Lehre möglich. Ohne viel Aufwand wird so die Leistungsfähigkeit der Institute gestärkt. Ihren lokalen Standorte können sie behalten. Nicht zuletzt wegen des transnationalen Charakters wurde damit eine Alternative geschaffen, die den einseitigen Abbau gewachsener interdisziplinärer Hochschulstrukturen in Frage stellt.

    " Das Neuartige ist die Hochschulstruktur. Und dass, das der größte Lehr- und Forschungszusammenschluss außerhalb Skandninaviens ist. Aber zugleich ist er nicht nur für einen Ort zugänglich und nur für Studenten, die an einer Universität studieren, sondern eben an vier Universitäten! Das besondere hier ist nun die transnationale Vernetzung. Wir haben ja Kooperationspartner aus der Schweiz und Frankreich und Baden-Würtemberg, also aus Deutschland. "

    Erleichternd für die vier Universitäten wirkt sich die bereits existierende EUCOR-Kooperation aus. Die sogenannte Europäische Konföderation der Oberrheinischen Universitäten, kurz EUCOR existiert seit 1989. Der Verbund soll den grenzüberschreitenden Austausch von Dozierenden und Studierenden ermöglichen, die an 7 Universitäten am Oberrhein, im Jura und in den Vogesen lehren und lernen. Enge Kontakte und Regeln zur Anerkennung von Studienleistungen waren darum bereits vorhanden. Und da dem Rektor der Strasbourger Universität genau diese Kooperation am Herzen liegt wird das dortige Skandinavistikinsitut nun eine Stelle zusätzlich bekommen. Auslöser für ihn war das bestehende Kompetenznetzwerk Skandinavistik.

    Link zum Thema:
    Kompetenznetzwerk Skandinavistik