Ugo Vallauri vom Terra Madre-Organisationsteam sprüht vor Begeisterung, wenn er über die Bedeutung des internationalen Treffens in Turin spricht. Der 32Jährige ist verantwortlich für die Teilnehmer aus Afrika. 600 Lebensmittelproduzenten hat er ausfindig gemacht, von den Erdnussbauern in Burkina Faso über Nomaden in Mauretanien, die Kamelmilch verkaufen, bis hin zu einer Gruppe Frauen im Senegal, die auf althergebrachte Weise Fisch räuchern. Terra Madre bietet ihnen die Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen zu Produzenten aus Europa, aber auch untereinander ins Gespräch zu kommen:
Wir haben festgestellt, dass sich zum Beispiel Kaffeeproduzenten aus dem gleichen Land sehr oft gar nicht kennen, sich nicht austauschen über neue Anbau- oder Verarbeitungsverfahren, die allen helfen könnten...
... erzählt Ugo Vallauri:
Sie alle kämpfen einen gemeinsamen Kampf. Den gegen eine industrielle Landwirtschaft, die die Produktvielfalt zerstört und damit auch die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher. Wir wollen mit Terra Madre ein Sprachrohr sein für die, die eine andere Landwirtschaft betreiben. Eine Landwirtschaft, bei der die natürlichen Ressourcen nicht zerstört werden, bei der die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Produzenten nicht unter den Tisch fallen. Hier können sie ihre Stärken publik machen und Netzwerke bilden.
Globalisierung ja, Gleichmacherei nein – so die Philosophie von Terra Madre. Ganz im Sinne von Slow Food, der internationalen Feinschmecker-Bewegung, die sich in den achtziger Jahren in Italien gründete. Aus Protest gegen die Fast-Food-Esskultur. Slow Food fördert lokale Produkte, zum Beispiel Wurst- und Käsesorten, die es nur in bestimmten Regionen gibt. Gegen die multinationalen Lebensmittelkonzerne haben Kleinproduzenten aber oft keine Chance auf dem Markt. Know-how in der Vermarktung von Nischenprodukten vermittelt bei Terra Madre Ugo Cavalera, Dezernent für Umwelt und Landwirtschaft der Region Piemont:
Wir glauben, dass man ab dem Moment, in dem man es geschafft hat, sich einen Namen zu machen als Produzent von qualitativ hochwertigen Naturprodukten, in die Etikettierung investieren muss. Den Verbrauchern muss es möglich sein, Produktionsstätte und Produktionsverfahren mit Hilfe des Etiketts nachzuvollziehen.
Im Piemont haben die Anbieter von Naturprodukten ihre Marktposition dank detaillierter Auszeichnungen verbessern können. Bei Honig kommt Name und Standort der Imkerei auf das Etikett, bei Fleisch eine Liste der Futtermittel, mit denen die Tiere aufgezogen wurden. 20.000 Hektar Land werden in der norditalienischen Region inzwischen für den ökologischen Landbau genutzt:
Eine Landwirtschaft, die Qualitätsprodukte erzeugen will, muss ökologisch verträglich sein.
Deshalb haben wir in der Region Piemont die Gelder, die uns die EU zur Unterstützung der Landwirtschaft bereitstellt, darauf verwendet, bei den Bauern für mehr Umweltbewusstsein zu sorgen, was letztendlich auch den Verbrauchern zugute kommt.
Das Treffen findet in sieben Sprachen statt. Italienisch, Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch, Russisch und Japanisch. Untergebracht sind die 4000 Teilnehmer in Hotels, auf Bauernhöfen, in Klöstern und bei Familien in Turin und Umgebung. Wenn Terra Madre die Erwartungen als internationale Plattform für Vertreter der ökologisch und sozial verträglichen Landwirtschaft erfüllt, wird es vielleicht schon bald Nachfolgeveranstaltungen in anderen Ländern geben. Ugo Vallauri weiß von konkreten Bemühungen:
Terra Madre wird vor allem von den Afrikanern als eine Riesenchance wahrgenommen. Die Regierung in Kenia denkt bereits darüber nach, Treffen und workshops zu organisieren, die die begonnene Arbeit nach Terra Madre fortführen. Sie hat uns einen Gesandten geschickt, der beobachten soll, wie wir alles organisieren, um dann Projekte zum Thema "Nachhaltige Landwirtschaft" im eigenen Land zu erarbeiten.