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Slowakei
Ausstellung prangert Flüchtlingshass an

Eine Ausstellung in der Kunsthalle Bratislava setzt sich kritisch mit der Intoleranz gegenüber Flüchtlingen in der Slowakei auseinander. Die Künstler prangern den Nationalismus im Land an und fordern einen Dialog zwischen Einheimischen und Asylbewerbern. Rechtsextremen ist die Ausstellung ein Dorn im Auge.

Von Carsten Probst | 21.03.2016
    So recht wissen die Veranstalter der Ausstellung in der Kunsthalle Bratislava noch nicht, was ihnen vielleicht bevorsteht.
    "Ich erwarte, dass wir Probleme bekommen",sagt Richard Gregor, der Chefkurator des Hauses. "Aber ich weiß nicht genau, welche es sein könnten. Vielleicht kommen irgendwelche Schläger vorbei, die das Museumspersonal attackieren. Oder sie zerstören Werke aus der Ausstellung. Normalerweise gehen solche Leute ja eigentlich nicht in Museen."
    Am Wochenende der Eröffnung ist die Ungewissheit in der slowakischen Kulturszene mit Händen zu greifen. Hundert Prozent der Parteien im slowakischen Parlament sind rechts, drei von ihnen sind rechtsextrem, sagt Menschenrechtsaktivistin Marta Simecková in einer Gesprächsrunde mit Intellektuellen. Vergangene Woche wurde ein Schauspiel in einem kleinen Theater in Bratislava als "volksschädigend" abgebrochen, weil offenbar satirische Bemerkungen über die Vergangenheit des Landes während des Nationalsozialismus gefallen waren. Ein Vorgeschmack auf die neue Kulturpolitik?
    Tschechische Künstler vergleichen Flüchtlingslager mit Auschwitz
    Die Ausstellung "Fear of the Unknown" ist mutig und durchaus auch provokant. Die tschechische Künstlergruppe Nova Vecnost zeigt eine Installation, die dem Portal von Auschwitz nachempfunden ist und das sie unlängst vor einem tschechischen Flüchtlingslager platziert hat. Die Aufschrift lautet nun nicht mehr "Arbeit macht frei", sondern "Jeder wählt sein eigenes Glück". Der österreichische Künstler Oliver Ressler zeigt in einer Montage das Parlamentsgebäude in Bratislava, das von einer riesigen Nationalflagge verdeckt wird. Der slowakische Künstler Oto Hudec hat quer durch einen Ausstellungssaal einen Holzzaun gezogen, vor dem das Museumspersonal die Besucher nur nach Gutdünken hindurch lässt. Lenka Kukurová, die in Leipzig lebende Ausstellungskuratorin, äußert sich dagegen eher vorsichtig:
    "Ich mag nicht dieses Wort Provokation. Ich hoffe, dass diese Ausstellung Dialog bietet, weil Provokation ist schon ein bisschen Streit. Und wir möchten Dialog schaffen. Und ich bin sehr froh, dass diese Ausstellung in der Kunsthalle ist, einer staatlichen Kulturinstitution in Osteuropa. Es ist nicht so gewöhnlich, dass Institutionen in diesen Ländern solche problematischen oder solch politische Themen bringen."
    Slowaken sollen Flüchtlinge bei gemeinsamen Abendessen kennenlernen
    Der Beginn eines Dialoges scheint in der Tat die vordringlichste Maßnahme zu sein für den Umgang nicht nur mit Flüchtlingen, sondern mit Minderheiten allgemein, die in der Slowakei bislang schon fast grundsätzlich ignoriert werden. Vor allem im Begleitprogramm der Ausstellung sollen daher bei so genannten "Social Dinners" Einheimische mit Asylbewerber gemeinsam essen und miteinander ins Gespräch kommen. Wer betont nationalistisch eingestellt ist, wird sich dazu aber vermutlich ohnehin nicht überreden lassen.
    Die Künstlerin Daniela Krajcova wiederum stellt inmitten der Ausstellung Ergebnisse von Kunstworkshops mit Flüchtlingen aus, die sich zumindest ihrerseits mit der slowakischen Geschichte auseinandergesetzt haben. Zahlreiche Werke der Ausstellung wollen darüber hinaus Empathie mit dem Schicksal der Flüchtlinge wecken. Als Unterstützer hat Kuratorin Lenka Kukurova auch das Goethe-Institut und die Heinrich-Böll-Stiftung mit ins Boot geholt, ein kluger Schachzug, auch wenn sich die beiden Institutionen nach außen sehr zurückhalten, um die Ausstellung nicht als Werbung für die von der Regierung Fico so scharf kritisierte deutsche Flüchtlingspolitik wirken zu lassen. Bei der Eröffnung blieb alles friedlich, und auffallend groß war die Zahl von Lehrern im Publikum, die angaben, später mit ihren Schulklassen die Ausstellung besuchen zu wollen.