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Slowakei
Gaspoker mit Russland

Die Slowakei hat infolge der Sanktionspolitik der EU gegenüber Russland ein Energieproblem. Das Land ist abhängig von Gaslieferungen aus Russland. Diese wurden in den letzten Tagen jedoch halbiert. Experten warnen: Mit den eigenen Reserven wird die Slowakei nicht weit kommen.

Von Stefan Heinlein | 07.10.2014
    Robert Fico, Ministerpräsident der Slowakei, geht an einer Reihe Mikrofone vorbei
    Robert Fico, Ministerpräsident der Slowakei (dpa/picture alliance/Ian Langsdon)
    Der Winter 2009 ist den Slowaken noch tief im Gedächtnis. Über lange Wochen zittert das kleine EU-Land vor einer Eiszeit. Nach einem Streit zwischen Kiew und Moskau über unbezahlte Rechnungen hatte Russland kurzerhand auch die Gaslieferungen in den Westen gestoppt. Jetzt wächst in Bratislava erneut die Sorge vor einem kalten Winter:
    "Ja sicher - diese Angst ist immer da. Ohne Gas wird es eine Katastrophe. Wie sollen wir denn heizen? Diese schmutzige Politik führt doch nur zu Problemen."
    Tatsächlich stottert die Energieversorgung des Landes, seit die Slowakei auf Bitten der Europäischen Union importiertes Gas aus Russland zurück in die Ukraine pumpt. Nach geringeren Schwankungen Anfang September sind seit mehreren Tagen die Lieferungen um rund die Hälfte reduziert. Eine klare Drohung des Kreml, so Ministerpräsident Robert Fico:
    "Ich denke, wenn da jemand von technischen Problemen spricht, ist das nur noch schwer zu glauben. Ich bin der festen Überzeugung, das Gas wird als ein politisches Werkzeug eingesetzt."
    Hoffnung auf Unterstützung aus dem Westen
    Die im Unterschied zu Polen und den baltischen Staaten deutliche Zurückhaltung der Slowakei im Konflikt mit Moskau scheint sich nicht auszuzahlen. In den Medien wird bereits von einem neuen Kalten Krieg mit Russland gesprochen. Die Slowakei könnte einen hohen Preis für ihre vollständige Abhängigkeit bei Gas und Öl von Russland zahlen, so der Energieexperte Karel Hirman:
    "Wenn die Lieferungen auf Dauer reduziert werden, wird bei uns im Winter die Situation problematisch. Eine Lösung gibt es dann nur durch eine Solidarität auf dem europäischen Gasmarkt."
    Tatsächlich hofft man in Bratislava im Krisenfall auf die Unterstützung aus dem Westen. Anders als 2009 könnte das Gas über neue Pipelines aus Österreich und Tschechien in das Land gepumpt werden. Kurzfristig sei die Slowakei aber auch allein in der Lage, einen vollständigen Lieferstopp aus Russland zu bewältigen, so Ministerpräsident Robert Fico:
    "Die Slowakei hat aus den Erfahrungen von 2009 gelernt. Wir haben nicht nur prall gefüllte unterirdische Gasspeicher, sondern wir können auch über zwei Leitungen aus dem Westen unseren Energiebedarf decken."
    Energiewende nicht in Sicht
    Eine Einschätzung, die jedoch von vielen Beobachtern bezweifelt wird. Zwar könne die Slowakei zunächst überwintern. Auf lange Sicht jedoch - so der Energieexperte Karel Hirman - müsse die Slowakei sich aus der Abhängigkeit von Moskau befreien:
    "Die Lösung ist nur durch eine Diversifizierung der Gaslieferanten möglich. Wir brauchen seriöse und verlässliche Partner. Wenn das nicht möglich ist, müssen wir auf andere Energiequellen umsteigen."
    Doch eine mögliche Energiewende ist in der Slowakei derzeit nicht in Sicht. Auch in Zukunft braucht das Land weiter Öl und Gas aus Russland. Sollte sich die Krise verschärfen, schickt Ministerpräsident Robert Fico deshalb bereits eine deutliche Botschaft an Kiew und Brüssel:
    "Wir verhalten uns solidarisch. Wenn wir aber in Zukunft zu wenig Gas für unseren Bedarf erhalten, werden wir selbstverständlich zunächst unsere eigenen Interessen schützen."
    Der aktuelle Reimport russischen Gases über die Slowakei in die Ukraine steht also auf der Kippe. Man sei nicht bereit - so die klare Meinung in Bratislava - für die Energieversorgung des Nachbarlandes selber einen hohen Preis zu zahlen.