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Smart goes Trabbi

Technik. - Rennpappe wurde der "Trabant" in der DDR genannt, weil seine Karosse aus einem Verbundmaterial aus Kunststoff und Baumwoll-Gewebe bestand. Doch in Zeiten exorbitanter Spritpreise ist Leichtbau in und haben auch aufwändige Hightech-Derivate der Rennpappe Konjunktur. Immer mehr Baugruppen im Auto werden statt aus Metall- oder Glas heute in Kunststoff gefertigt. Diesen Trend gibt die Internationale Kunststoffmesse "" wieder, die derzeit in Düsseldorf stattfindet.

    "Ein Auto ohne Kunststoff ist heute nicht mehr vorstellbar. Sitzschäume, aber auch Instrumententafeln, Türinnenraumverkleidungen oder der Dachhimmel - das sind Bereiche, die ohne Kunststoffe heute nicht mehr vorstellbar sind", konstatiert Manfred Rink von Bayer Material Science. Der Ingenieur steht in Front eines "Smart forfour", quasi das Renn-Ei als Nachkomme der Rennpappe. Um Gewicht zu sparen und den Spritdurst zu drücken, wird bei dem Stadtflitzer selbst das Dach aus Plastik gefertigt, wenn auch aus besonderem. Selbst stützende Teile der Karosserie werden inzwischen aus Polyamid, Polypropylen oder anderen Polymeren hergestellt und bei Bedarf durch Glas- und Kohlefasern versteift. Auch durchsichtige Materialien kommen dabei zum Einsatz, etwa extrem schlagfestes Polycarbonat. "Der nächste Trend geht in Richtung transparente Karosserieteile, wie etwa Dächer aus Kunststoff. Dieser Smart Forfour hat ein Dach, an dem wir demonstrieren, dass auch großflächige Teile aus Kunststoff hergestellt werden können", verkündet Rink.

    Der Leichtbau senkt nicht nur den Verbrauch und schont so das Portemonnaie, sondern erhöht auch die Sicherheit - zumindest für Fussgänger, die dem Smart nicht rechtzeitig aus dem Weg gehen. Denn seine Kunststoff-Motorhaube federt nun einmal wesentlich besser als das gute alte drei-Millimeter-Blech. Außerdem vertragen sich Design und Technik besser mit Plastik als mit Stahl, wie an heute nahezu obligaten Extras wie Handy oder Navigation rasch klar wird. Die Geräte sind auf Antennen angewiesen und die empfangen unter einer Blechtunika eben schlecht. Ist die Verkleidung indes aus Plastik, kann der Empfängerdraht unsichtbar in die Karosserie integriert werden. Selbst bis in die Triebwerkskammer ist Hightechkunststoff inzwischen eingedrungen, wie die Firma DuPont an ihrem Stand demonstriert: "Diese Produkte werden hauptsächlich im Motorraum eingesetzt, wie zum Beispiel für Zylinderkopfhauben, für Saugmodule im Motorbereich oder auch im Kühlwasser- oder Ölkreislauf", fasst Alfred Stern von DuPont zusammen.

    Aus seiner Sicht liegen die Vorteile von Kunststoff in der hohen Verarbeitungsgeschwindigkeit. Denn Metallteile müssen in vielen Einzelschritten hergestellt und zusammengefügt werden. Das Plastik-Pendant entsteht dagegen quasi aus einem Guss. Dazu Stern: "Der große Vorteil ist, dass Sie hier verschiedenste Anschlüsse, Verschraubungselemente oder beispielsweise auch die Nuten für die Dichtungen direkt in das Bauteil integrieren, ohne Nacharbeitungsschritt. Aber zusätzlich kann man noch Ölabscheidungen in die Zylinderkopfhauben einfügen." Weil das Öl so nicht mehr in den Verbrennungsprozess gelange, könnten so auch die Emissionen des Motors wesentlich verringert werden. Voraussetzung für solche Anwendungen ist aber eine hohe Güte der Polymer-Werkstoffe, die klaglos auch bis zu 200 Grad Celsius ertragen müssen. Während DuPont dabei auf den Klassiker Polyamid setzt, schätzt man bei der Firma Ticona das schwefelhaltige Polyphenylensulfid. Solche Stoffe kommen dann nicht nur für Autos in Betracht, sondern auch für Flugzeuge. Zwar ist man von einem Flieger, bei dem die gesamte Hülle aus Kunststoff besteht, noch Jahre entfernt, aber der Airbus A380 enthält immerhin schon rund eintausend Plastikteile.

    [Quelle: Arndt Reuning]