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Smartmeter
Der Spion in der Steckdose

Smartmeter sind Strom-, Gas- oder Wasserzähler, die messen, wann im Haushalt wie viel Energie verbraucht wird. Ab 2017 sollen die Geräte für alle Haushalte Pflicht werden, die im Durchschnitt mehr als 6.000 kWh Strom pro Jahr verbrauchen - bis 2020 dann für alle. Was auf den ersten Blick wie eine gute Idee klingt, ist aus Datenschützersicht ziemlich bedenklich.

Von Anja Nehls | 17.11.2015
    ushalt zeigt den Stromverbrauch sekündlich an und liefert diese Information an einen Kleincomputer.
    Der intelligente Stromzähler für den Privathaushalt zeigt den Stromverbrauch sekündlich an und liefert diese Information an einen Kleincomputer. (picture alliance / dpa / Roland Weihrauch)
    Sogenannte intelligente Stromzähler - Smartmeter - sollen uns Verbrauchern dabei helfen, Strom zu sparen. Auf einem kleinen Bildschirm zeigen sie eine Kurve des aktuellen Stromverbrauchs an und sie könnten diese Daten über den Stromverbrauch auch permanent an den Stromanbieter zurücksenden. Dabei wird aber noch lange kein Strom gespart, meint Ingmar Streese vom Verbraucherzentrale Bundesverband:
    "Stromsparen an sich hängt ja vom Verhalten ab, also eine Energieberatung bringt oft viel mehr als der Einbau eines Gerätes, mit dem man sehen kann, wie viel Strom man gerade verbraucht. Und dazu kommt, wenn man tatsächlich Strom sparen will, müsste man variable Tarife haben über den Tagesablauf, dass man theoretisch die Chance hat, nachts die Waschmaschine laufen zu lassen, wo der Strom ein bisschen billiger ist.
    A haben wir bisher die variablen Tarife nicht und B, Waschmaschine im Mietshaus nachts ist wahrscheinlich ein großes Problem."
    Ab 2020 Pflicht für alle
    Außerdem hängen die Geräte häufig im Keller und sind ohnehin nicht im Blickfeld, so die Verbraucherschützer. Pflicht werden sollen die soggenannten Smartmeter ab 2017 für alle Haushalte, die im Durchschnitt mehr als 6.000 kWh pro Jahr verbrauchen - bis 2020 dann für alle Haushalte.
    Bereits jetzt kann aber der zuständige Messstellenbetreiber oder der Vermieter entscheiden, ein solches Gerät einzubauen. Auch der Stromkunde mit geringem Verbrauch kann sich dann nicht dagegen wehren., kritisiert der Verbraucherzentrale Bundesverband. Der Kunde müsse die Kosten tragen und hat keinen Nutzen:
    "Die Smartmeter, die im Moment angeboten werden, verschiedene Modelle sind bis zu 100 Euro im Jahr Kosten, die auf die Stromrechnung dann noch hinaufkämen pro Jahr ohne erkennbaren Zusatznutzen.
    Der Energiewende wird nicht besonders geholfen, weil die Stromeinsparung nicht automatisch ist und Stromeinsparung ist eher marginal und zu vernachlässigen für Stromverbraucher."
    Ein Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums von 2013 zeigt, dass Haushalte mit einem Verbrauche von 6.000 kWh bis zu 39 Euro im Jahr Stromkosten sparen könnten.
    Allerdings erreichen einen solchen Verbrauch nur Großfamilien mit mehr als vier oder fünf Personen, die Industrie oder gewerbliche Großbetriebe. Für Johanna Kardel, Energieexpertin beim Verbraucherzentrale Bundesverband, ist die Smartmeter-Einführung so wie geplant deshalb nicht nachvollziehbar:
    "Die Vorgabe kommt letztendlich aus dem dritten Binnenmarktpaket der EU-Kommission. Dort steht allerdings drin, es ist eher eine Art Prüfauftrag, sofern es wirtschaftlich sei, muss man eben prüfen, ob ein Einbau sich lohnt. In dem Fall ist es aber so, dass auch die Kosten-Nutzen-Berechnung des Bundeswirtschaftsministeriums die Wirtschaftlichkeit so nicht darstellt."
    Probleme mit dem Datenschutz
    Dazu kommen Probleme mit dem Datenschutz. Laut Gesetzentwurf müssen die deutschen Zähler die Daten noch nicht permanent senden, viele Daten sammeln sie aber trotzdem, kritisieren die Verbraucherschützer:
    "Denn eigentlich gerade die Daten von Haushalten sind eigentlich vergleichbar von Haushalt zu Haushalt, da gibt es nichts Spezielles, was man da auch wissen müsste. Es reicht auch so ein Smartmeter, so ein Messsystem in einem Straßenzug oder einer kleinen Siedlung, da erhält der Netzbetreiber genauso viel Information mit deutlich weniger Daten."
    Mehrheitliche Ablehnung
    Laut einer Umfrage, die der Verbraucherzentrale Bundesverband in Auftrag gegeben hat sind 70 Prozent der deutschen Stromkunden gegen den Einbau der intelligenten Stromzähler. – hauptsächlich aus Kostengründen.
    Das Kabinett hatte im November den Gesetzentwurf "Digitalisierung der Energiewende" beschlossen. Im Dezember soll er im Bundesrat und im Januar im Bundestag beraten werden.