Es gibt vier Top-Smartphones von vier Herstellern. Gegenüber den Vorgängermodellen haben sich vor allem die Kameras verbessert. Das wäre an sich trivial, eine ähnliche Entwicklung haben wir vor zehn Jahren bei Digitalkameras erlebt; da ist die Sättigung längst erreicht, mehr Pixel bringen nichts. Bei den neuen Smartphones gibt es noch Spielraum; die Pixelzahlen kletterten mit den aktuellen Modellen auf zehn bis 20 Millionen hoch. Das kommt schon in den Bereich von hoch auflösenden Spiegelreflexkameras.
Nur der taiwanesische Hersteller scheint sich nicht darum zu kümmern und bietet nur vier Millionen Pixel. Warum so wenig, war für uns nicht zu erfahren.
Wenn wir von Kameras sprechen, ist in der Regel die gemeint, die nach vorn, also von uns weg die Welt betrachtet und aufnimmt. Die Rückkamera bietet nur einen Bruchteil der Auflösung der Frontkamera. Man braucht sie vor allem zur Videotelefonie, und da wären zu viele Pixel, zu viele Daten eh nicht gut.
"Selfie als Anwendungsfall etabliert"
Auch hier schert der Hersteller aus Taiwan aus. Sein neues Top-Modell bietet eine Rückkamera, die mit fünf Megapixeln höher auflöst als die Frontkamera. Warum wohl? Der Informatiker Alexander Markowetz:
"Was man sieht, ist, dass das Selfie sich in den letzten zwei Jahren als Anwendungsfall etabliert: Ich möchte mehr Fotos von mir selber schießen als von anderen Leuten, während man vorher gedacht hat, eine Kamera nutzt man, um andere Leute zu fotografieren. Es gab Bedenken, die Kamera zum Nutzer hin zu auflösend zu machen, weil man gesagt hat: Es könnte sein, dass sich zum Beispiel Passwörter in Augen oder Brillen spiegeln und das damit ein Security-Problem ist."
Markowetz untersucht am Institut für Psychologie der Universität Bonn den Umgang der Menschen mit Mobiltelefonen. Er und seine Kollegen versuchen, aus freiwillig über eine App abgelieferten Messdaten Verhaltensmuster zu erkennen. Die Datenmenge ist jedoch so überraschend groß, dass das Institut mit der Speicherung Probleme hat und die Auswertung noch nicht begonnen wurde. Aber eins weiß der Datenbankexperte Markowetz von Untersuchungen des Datenschutzes im Zusammenhang mit dem, wie er sagt, "inhärent unsicheren" Kurznachrichtendienst WhatsApp. Dessen Nutzer legen hier besondere viele Bilder ab:
"Mit Telefon Nummer 1 kann ich besser Selfies schießen, und Telefon Nummer 2 ist ein bisschen sicherer. Dann kaufe ich Telefon Nummer 1."
Das heißt, die Datensicherheit ist bei der Kaufentscheidung für ein internetfähiges Mobiltelefon zweitrangig.
Nachbearbeitung der Schärfenebene: wie Zauberei
Mit der fünf Megapixel starken Selfie-Kamera geht der taiwanesische Smartphone-Riese jedenfalls einen sehr eigenen Weg, und - damit kommen wir zum zweiten Punkt - er setzt sogar noch eine Kamera drauf. Die blickt nach vorn und nimmt statt eines schön scharfen Bilds die Tiefeninformation der Umgebung auf, also wie weit welcher Bildpunkt vom Handy entfernt ist. Der Anwender kann anschließend in der Kamera-App auswählen, ob er diese Zusatzinformation nutzen will. Wenn ja, lässt sich die Schärfenebene nachträglich festlegen; alles weiter vorn oder hinten wird entsprechend unscharf dargestellt. Es wirkt wie Zauberei.
Auch der koreanische Hersteller baut die Tiefenunschärfe in sein neues Smartphone ein. Dort wird der Effekt allerdings mit der Frontkamera allein erzielt; sie nimmt einige Fotos hintereinander auf und berechnet die Tiefenschärfe aus den leicht voneinander abweichenden Bildinformationen.
Mit beiden Ansätzen - Doppelbelichtung und Tiefenkamera - versucht man, ein Grundmanko kleiner Linsen wettzumachen: Wegen der winzigen Abmessungen von Sensor und Objektiv bei Smartphones haben Fotos eine natürliche Schärfe von vorn bis hinten. Eigentlich ist das gut; aber von Profifotografien und dem Kinofilm ist man gewohnt, die Schärfe nur auf die Person, die Nase, die Blüte zu legen, die man besonders herausheben will. Und das geht mit kleinen Sensoren und kleinen Blenden schlecht.