Archiv


SMS in Gefahr

Mobilfunk.- Nicht zuletzt durch die Anbindung von Smartphones an das Internet hat die SMS verschiedenartige Konkurrenz bekommen. Einige Dienste versprechen mehr als sie halten, andere wiederum sind ernstzunehmende Alternativen.

IT-Journalist Jan Rähm im Gespräch mit Manfred Kloiber |
    Manfred Kloiber: Die SMS boomt immer also immer noch, meint Krzysztof Milewski von der Telekom. Doch die Zahl der alternativen und dann auch noch meist kostenlosen Dienste steigt durch die vielen Apps auf den Smartphones rapide an. Jan Rähm, bislang hatten ja alle Versuche, der SMS Paroli zu bieten, eher bescheidenen Erfolg, oder?

    Jan Rähm: Ja. Also auch wenn der Rückgang bei der SMS für die Mobilfunkbetreiber spürbar ist – sie ist immer noch die große feste Größe. Andere Dienste und Angebote haben es richtig schwer. Ein Beispiel: die MMS. Die gibt es ja nun auch schon seit einigen Jahren. Aber sie konnte der SMS nie wirklich gefährlich werden. Einer der Gründe ist: Sie war einfach zu teuer. Aber sie war auch nicht wirklich praktikabel. Denn der Kunde musste die MMS erst freischalten bei seinem Mobilfunkbetreiber. Zum Beispiel war es bei einem so: Man musste erst eine MMS versenden, um überhaupt welche empfangen zu können. Und: Der Sender wusste immer nicht, ob der Empfänger überhaupt MMS empfangen kann. Also auch nicht jedes Endgerät konnte die Dinger anzeigen. Und daher gab es da immer eine starke Zurückhaltung bei den Kunden. Die SMS war weiter der Herr der Textnachrichten.

    Kloiber: Meinen Sie denn, dass sich die SMS auch weiter so behaupten kann?

    Rähm: Wenn ich schätzen müsste, würde ich sagen: eher nein. Denn die Smartphones und Apps sind eine wirklich schwere Konkurrenz. Denn die Kommunikation damit ist oftmals kostenlos. Nur ein Beispiel: Das System iMessage von Apple läuft zwar nur auf deren mobilen Geräten, aber damit kann man kostenlos Texte und Bilder und teilweise auch Videos versenden. Ein anderes Beispiel, das sehr, sehr populär im Moment ist, ist die App "WhatsApp". Damit kann man ebenfalls Texte und Bilder versenden, aber auch Video und Ton. Und das Ganze kostet dann entweder einmalig, wenn man die App kauft, oder eine geringe Jahresgebühr – das kommt auf die Handyplattform an. Ebenfalls schwere Konkurrenz zur SMS sind die Dienste von Skype, von Facebook, von Google Plus. Denn diese haben alle eigenen Apps für die verschiedenen Smartphones. Das heißt, da ist auch plattformübergreifend Kommunikation möglich. Und gerade Facebook mit seinen Millionen von Mitgliedern macht der SMS doch schwer zu schaffen.

    Kloiber: Was machen denn die Netzbetreiber? Überall Flatrate und dann noch eben halt sinkende SMS-Umsätze. Setzen die sich zur Wehr?

    Rähm: Ja. Gerade vor wenigen Wochen haben sie einen neuen Dienst vorgestellt. Das ist zwar kein direkter Nachfolger von SMS und MMS, aber es ist durchaus als Weiterentwicklung zu sehen. Und das heißt RCS-e. Das steht für Rich Communication Suite – enhanced. Und weil sich das keiner merken kann, wird er hierzulande unter dem Namen "Joyn" vermarktet. Der ist ganz ähnlich zu den genannten Apps von eben – kann also auch Text und Bild und Video und Videotelefonie übertragen. Aber er ist nicht nur rein ip-basiert, sondern stützt sich auch auf die bestehenden Strukturen in GSM, beziehungsweise UMTS. Das heißt, mit Joyn kann man zum Beispiel sehen, welche Kommunikationsformen der Empfänger unterstützt. Das heißt: Kann das Gerät nur Videos empfangen, kann es Bilder empfangen, kann es nur Texte empfangen? Und es zeigt auch, ob das Netz gerade Stark genug ist, um zum Beispiel ein Videotelefonat zu ermöglichen.

    Kloiber: Wird sich denn Joyn gegen die bereits etablierten Apps durchsetzen können und dann auch den Mobilfunkanbietern wieder Umsätze sichern?

    Rähm: Das ist im Moment ein wenig fraglich. Es gibt in Deutschland aktuell zwei Anbieter. Das ist die Deutsche Telekom und Vodafone. Doch deren Preisgestaltung ist tendenziell eher fragwürdig. Denn einerseits gibt es zwar Flatrates – da ist dann Joyn inklusive und die Anwender können Joyn relativ frei nutzen. Da, wo Joyn allerdings nicht inklusive ist, wird es dann relativ teuer. Nur ein Beispiel von der Deutschen Telekom: Dort würde eine Textnachricht 19 Cent kosten. Die Dateien zu übertragen – bis 15 MB – würde 39 Cent pro Datei kosten. Und eine Sprachminute über Joyn soll 29 Cent kosten. Dazu kommen noch, je nach Tarif, Extrakosten, wenn dieses Telefonat dann noch ein Videotelefonat sein soll. Immerhin, das kann man zugute halten: Die für Joyn genutzte Datenmenge wird vom Inklusivvolumen nicht abgezogen. Aber insgesamt ist das, wenn keine Flatrate vorliegt, doch ein relativ teurer Spaß.