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Snacks für das Schwarze Loch

Alle drei Jahre treffen sich die Himmelsforscher der Internationalen Astronomischen Union zu ihrem Weltkongress, der stets an anderen Orten abgehalten wird - dieses Mal in der chinesischen Hauptstadt Peking. Zwei Wochen lang diskutieren mehr als 3000 Experten die neuesten Entwicklungen der Astronomie - eines der Themen ist das Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße.

Von Dirk Lorenzen | 22.08.2012
    Das Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße ist etwa vier Millionen mal schwerer als unsere Sonne. Doch im Gegensatz zu so großen Schwarzen Löchern in anderen Galaxien, die meist große Mengen an Materie verschlingen, sitzt das Monstrum vor unserer Haustür gerade auf Diät. Es bekommt so gut wie nichts zu fressen und gilt daher fast schon als kosmischer Langweiler. Hin und wieder verspeist es aber doch eine kleine Mahlzeit, wie jetzt das Team um Nathalie Degenaar, niederländische Astronomin an der Universität von Michigan, entdeckt hat.

    "Das Schwarze Loch zeigt manchmal starke Ausbrüche im Röntgenbereich, während es sonst stets sehr ruhig ist und nichts macht. Das zeigen uns die Daten des NASA-Satelliten Swift, der täglich den Zentralbereich der Milchstraße beobachtet. Ursprünglich ging es uns um stark veränderliche Objekte in dieser Region, etwa Röntgendoppelsterne. Doch dann haben wir uns auch mit dem extrem massereichen Schwarzen Loch dort beschäftigt."

    Der NASA-Satellit Swift kreist seit acht Jahren um die Erde und beobachtet den Weltraum im Bereich energiereicher Gamma- und Röntgenstrahlen. Das Swift-Team hat die Bilder aufgenommen, sich erstaunlicherweise aber nicht für das meist sehr schwache Schwarze Loch interessiert, sondern für das gute Dutzend anderer Objekte im Blickfeld. Des einen Pech ist des anderen Glück: Nathalie Degenaar ist nun eine bemerkenswerte Entdeckung gelungen, indem sie die alten Daten noch einmal genau durchgesehen hat und dabei auf das verräterische Flackern des Schwarzen Lochs aufmerksam wurde.

    "Wir haben mindestens vier Strahlungsausbrüche gefunden. Das mag nicht so beeindruckend klingen, aber bisher wurden erst sehr wenige solcher Röntgen-Flares beobachtet. Da zählt jede Entdeckung. Bei unseren Ausbrüchen leuchtet die unmittelbare Umgebung des Schwarzen Lochs plötzlich etwa hundertmal heller als üblich. Da muss dann gerade etwas passieren - vermutlich verschlingt das Schwarze Loch einen Planeten oder Kometen. Die Materie leuchtet dabei im Röntgenbereich hell auf. Wir suchen weiter nach diesen Ausbrüchen und wollen verstehen, wie oft sie vorkommen und was genau sie verursacht."

    Die Daten überdecken einen Zeitraum von mehr als sechs Jahren. Allerdings kann der Swift-Satellit wegen seiner niedrigen Erdumlaufbahn das Milchstraßenzentrum maximal etwa zwanzig Minuten am Stück beobachten. Die Forscher bekommen also nur Teile der meist stundenlangen Strahlungsausbrüche mit - viele werden ihnen ganz entgehen. Doch die Daten sollten ausreichen, um bei der jetzt anstehenden genauen Auswertung viel über das Fressen in fast dreißigtausend Lichtjahren Entfernung zu erfahren - zumal sehr bald ein echter Leckerbissen auf dem Speiseplan des Schwarzen Lochs steht:

    "Im Moment bewegt sich eine große Gaswolke auf das Galaktische Zentrum zu. Innerhalb der kommenden zwei Jahre wird sie ganz nah am Schwarzen Loch vorbeiziehen. Dann sollte dort einiges passieren. Wir hoffen, dass es zu viel mehr Strahlungsausbrüchen kommt. Das wird sehr aufregend und wir freuen uns auf unsere Swift-Beobachtungen."

    Bis zum April 2013 haben Nathalie Degenaar und ihre Mitarbeiter die Beobachtungszeit sicher, um mit dem Swift-Satelliten das Zentrum unserer Milchstraße genau im Blick zu behalten. Natürlich stellt die Astronomin den Antrag, das Programm mindestens ein Jahr zu verlängern - um dann live dabei zu sein, wenn das Schwarze Loch viel Gas verschlingt.