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Snowfarming
Schnee von gestern für die Pisten von heute

Wie viel Schnee auf den Bergen liegt, das entscheidet die Natur. Skiläufer hätten aber gern Schneesicherheit und darum bemühen sich viele Wintersport-Orte. In Sölden in Tirol arbeiten die Pistenbetreiber mit einer umweltschonenden, jedoch finanziell und technisch aufwendigen Methode.

Von Susanne Lettenbauer | 30.12.2014
    Der Übungshang am Bernkogel mit einer Schneekanone.
    Der Übungshang am Bernkogel mit Schneekanone. (Deutschlandradio / Henning Hübert )
    "Das ist der Alpenhauptkamm, da staut sich das Wetter und hier bei uns ist der Föhn und deshalb ist es so warm."
    Die Sorgenfalten bei Hansjörg Posch werden mit jedem Jahr tiefer. Ein wenig Schnee liegt, die Pisten sind voller Skifahrer. Die Nachfrage ist groß. Deshalb setzt Posch als Geschäftsführer der Bergbahnen Sölden verstärkt auf Snowfarming:
    "Ja gut, die Idee - wir sind dazu gezwungen. Die Klimaerwärmung ist nicht mehr wegzudiskutieren, die ist da. Nicht nur, was die Schneesituation angeht, sondern auch beim Thema Permafrost. Wir merken einfach, dass die Böden auftauen und sich die Berge bewegen."
    Ohne Snowfarming hätte Sölden in diesem Jahr den Skiworldcup absagen müssen, betont Posch. Doch er und seine Kollegen hatten vom Frühjahr über 250.000 Kubikmeter Schnee über den Sommer gerettet. Mit speziellen Planen abgedeckt und an schattigen Plätzen zu Schneehaufen aufgetürmt:
    "Zum einen versuchen wir im Frühjahr, speziell im März, wenn die letzten kalten Wetterperioden sind, das Restwasser, das wir in den Speicherteichen haben, zu verschneien. Also speziell am Gletscher. Heuer haben wir noch 100.000 Kubikmeter Wasser im Speicherteich Panorama am Tiefenbachgletscher gehabt und dann haben wir diese 100.000 Kubikmeter auf dem Weltcuphang verschneit. Das sind dann circa 250.000 Kubikmeter Schnee. Wir haben das dann verteilt, also nicht flächenmäßig, sondern depotmäßig."
    Hansjörg Posch bezeichnet den Farming-Schnee als technischen Schnee und nicht als künstlichen, denn das Weiß werde ja nicht sofort genutzt, sondern zwischengelagert. Er sei zwar nicht so ideal wie der natürliche, dafür bilde er aber eine gute Grundlage für den künstlichen Schnee aus den Schneekanonen, wenn das Wetter kalt wird, betont der Geschäftsführer. Wie viel Schnee genau im Sommer schmilzt von den Depots, kann er nicht sagen. Es werde nur versucht, soviel wie möglich anzulegen:
    "Zusätzlich machen wir auch noch den Naturschnee, der abseits der Pisten liegt, schieben wir im Frühjahr mit den Pistengeräten zusammen, legen dieselben Depots an wie den technischen Schnee und auch diesen konservieren wir dann über die Sommermonate."
    Ein massiver finanzieller Aufwand
    Fieberhaft sucht die Tourismusbranche der alpinen Skisportorte nach Ideen, um das Geschäft mit dem Schnee in Zukunft möglich zu machen. Wissenschaftler tüfteln an der Zusammensetzung des Fliesmaterials für die Abdeckplanen. Der Wissenschaftler Kay Helfricht forscht am Institut für Meteorologie und Geophysik Universität Innsbruck zum Thema Eis und Klima. Snowfarming, so Helfricht sei tatsächlich eine sinnvolle Möglichkeit, Schnee zu konservieren:
    "Im Moment kommen zwei Verfahren zum Einsatz. Zum einen wird mit einer Art Plane abgedeckt, das sind Vliesstoffe, weiße Vliesstoffe, die die Sonne reflektieren und diese eben nicht in das Schneevolumen geht. Zum anderen hat der Vlies die Eigenschaft, dass er ein Luftpolster bildet und dieses Luftpolster den Austausch zwischen kaltem Schnee und warmer Luft unterbindet."
    Das zweite Verfahren: Der Schnee wird mit Sägespänen abgedeckt. Ein massiver finanzieller Aufwand, gibt Hansjörg Posch in Sölden zu:
    "Ja das kostet sehr viel Geld. Es gibt eine Zahl, pro ein Kubikmeter technischen Schnee kostet 4 Euro. Und wenn ich gesagt habe, dass wir 250.000 Kubikmeter Schnee da konserviert haben für den Worldcup, dann geht das schon an die eine Million Euro."
    Trotzdem lohnt sich der Aufwand. Die Gäste kommen nach Sölden und wedeln auch auf dem nassen technischen Schnee die Piste runter. Snowfarming gilt als das derzeit umweltschonendste Verfahren im Bereich technischer Schnee. Es gibt noch andere Möglichkeiten: Mit Kühlschläuchen soll der Boden so kalt gehalten werden, dass der Schnee auch bei wärmeren Temperaturen liegen bleibt. Auch über den derzeit noch verbotenen Einsatz spezieller Bakterien, sogenannte "Snowmax", wird nachgedacht. Sie sollen den Schnee gegen Wärme resistenter machen.