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"So ein Feuer ist ein Monster"

Während sich in Portugal die Zahl der Brände verdreifacht, kommen aus Spanien gute Neuigkeiten: Hier sinken die Zahlen auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren. Grund ist eine intensive Brandprävention. Dennoch: Brandstiftung ist die häufigste Ursache, Rache spielt dabei oft eine Rolle.

Von Hans-Günter Kellner |
    Álvaro Nicolau meldet sich zur Patrouillenfahrt bei der Leitstelle der Brandbekämpfer an. Seit zwei Jahren ist der 32-jährige Umweltpolizist. Sein Einsatzgebiet: die Bergkette südlich von Toledo.

    "Dieses Jahr ist ruhig. Am Donnerstag sind zwei Hektar verbrannt. Das war kritisch, das Feuer hätte sich schnell auf die Berge ausbreiten können. Aber wir konnten es löschen. Und am Sonntag hatte jemand Rauch gesehen. Wir sind mit dem Hubschrauber los, aber es war nichts zu sehen. Es war wohl falscher Alarm."

    Álvaro holt seinen Chef mit dem Geländewagen ab. Paco Morales ist 48 Jahre alt und seit 24 Jahren bei der Umweltpolizei. An diesem Tag patrouillieren die Männer mit der grünen Uniform durch ein Gebirge, in dem der Wald vor fünf Jahren Opfer der Flammen wurde. An einem Gebirgskamm bleibt der Wagen stehen. Paco erklärt:

    "Das war ein Kiefernwald, vor 50 Jahren gepflanzt. Wir warteten auf das Feuer hier auf der Anhöhe, wollten es hier stoppen. Es war ja damit zu rechnen, dass der Wind von der anderen Seite hoch weht und es bremst. Aber es kam ganz anders. Der Wind drehte, und das Feuer breitete sich schnell nach unten aus. Das Feuer bekam viel Sauerstoff. Wir müssten sehen, das wir weg kommen."

    Den Männern ist nichts passiert. Ganz anders vor fünf Jahren, als ein Feuer in einem nahe gelegenen Naturschutzgebiet drei Hektar verschlang. Elf Brandbekämpfer starben. Hinterher stritten sich die Politiker, die Opposition forderte den Kopf der Umweltministerin und wollte einen Kollegen von Paco Morales wegen Fahrlässigkeit vor Gericht stellen.

    "Man muss so ein Feuer in der Natur erleben, das ist ein Monster – völlig außer Kontrolle. Es kann sich auf der einen Seite eines Hangs so verhalten, und auf der anderen ganz anders."

    So ein großes Feuer habe er noch nie gesehen, sagt Álvaro. Sein Kollege erzählt:

    "Ich schon einige. Das ist einfach riskant. Natürlich werden auch Fehler gemacht. Aber es ist nicht fair, dass immer von mangelnder Kompetenz gesprochen wird. Letztes Jahr sind Feuerwehrleute in Katalonien gestorben. Sie hatten großes Pech. Der Wind hat gedreht, das Feuer hat sie eingeschlossen. Das ist eben so."

    Die Feuer der letzten Jahre haben einiges verändert. So werden nach Waldbränden kaum noch Kiefern aufgeforstet. Stattdessen wächst jetzt dort, wo Paco Morales vor fünf Jahren vor den Flammen floh, ein Eichenwald.

    "Bei den großen Waldbränden mit 3.000, 4.000 Hektar ist das nie ein Eichenwald oder Steineichenwald. Das sind fast immer Kiefern."

    In einer Schneise im Wald fällen Feuerwehrleute ausgetrocknete Kiefern. Álvaro gibt Anweisungen. Fast militärisch ist der Ton zu den Untergebenen. Im Ernstfall sei mangelnde Disziplin ein Risiko, sagt Álvaro, und erklärt, warum er die Bäume fällen lässt:

    "Das ist Brandvermeidung. Die alten Kiefern wären im Ernstfall gute Nahrung für das Feuer. Indem wir hier an der Schneise freie Stellen schaffen, unterbrechen wir zudem die Vegetation. Das bremst das Feuer und erleichtert uns die Brandbekämpfung."

    Sie koordinieren die Forstarbeit, patrouillieren durch die Berge, suchen den Horizont nach Rauchfahnen ab, erklären Ausflüglern, warum sie im Sommer im Wald nicht grillen dürfen. Dass es trotzdem noch brennt, liegt vor allem an Brandstiftern, meint Álvaro. Doch warum? Bauinteressen scheiden als Motiv für Feuerteufel aus. Seit Jahren verbietet ein Gesetz, verbrannte Waldflächen als Baugebiete auszuweisen. Sein Chef Paco macht Nachbarschaftsstreitigkeiten und die Interessen von Jagdgesellschaften für die Flammen verantwortlich:

    "Mit der Jagd wird hier in der Gegend viel Geld verdient. Das sorgt für Streit. Am Ende steht dann der Wald in Flammen. Oft geht es dabei gegen die Großgrundbesitzer. Da hat jemand viel Land und zäunt es ein, damit dort niemand jagen kann. Und die Leute aus dem Dorf legen dann Feuer. Es gibt auch Leute, die zünden den eigenen Wald an, weil sie denken, damit Weidefläche für das Wild zu schaffen. Hier auf dem Land ist das Feuer oft ein Werkzeug oder ein Mittel zur Rache."