Was verbindet die Schriftsteller Alex Haley, Michail Scholochow, Joseph Heller und Walter Kempowski miteinander? Udo Ulfkotte sagt, sie haben alle irgendwo abgeschrieben. Oder sie sollen es getan haben. Die Behauptung bleibt im Konjunktiv hängen, den Beweis bleibt Ulfkotte schuldig, und schon hastet er zu ganz anderen Dingen weiter: zu gefälschten Hitler-Tagebüchern, zu einem echten Polizistenmörder und zu der Frage, warum Stradivari-Geigen so schön klingen.
Was hat das, um Himmels willen, alles miteinander zu tun? Die Antwort ist ebenso simpel wie unbefriedigend: Es handelt sich jeweils um Informationen, die im Kosmos der Öffentlichkeit herumschwirren und auf irgendeine Weise fraglich sind. Und das Fragliche hat ja jetzt Konjunktur. In der Tat sind Medienzweifel, Medienkritik und Medienschelte in den letzten Jahren zu regelrechten Dauerbrennern in den Medien selbst geworden. Etliche Redaktionen - darunter so seriöse wie der "stern", das Magazin der "Süddeutschen Zeitung" oder öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten - waren in gewaltige Fälschungsaffären verwickelt, das dokumentarische Bild hat durch die Möglichkeiten digitaler Bearbeitung sowieso seine einstige Beweiskraft eingebüßt und in vielen Büchern wurden die Verflachung und Verdummung des Journalismus' generell als Ursachen der steigenden Fehlerquote angeprangert - unter anderem vom hier vortragenden Rezensenten.
All diese Bücher hat Udo Ulfkotte geschwinde exzerpiert, um daraus seine eigene Fallsammlung zu speisen. Dagegen ist nichts einzuwenden, zumal er diese Quellen - unter anderem den hier vortragenden Rezensenten - korrekt an- und aufführt. Doch leider ist Ulfkotte übers Exzerpieren und Nachverwerten nicht hinausgekommen. Mit einer deprimierenden Atemlosigkeit reiht er aneinander, was andere Autoren recherchiert und aufgedeckt haben. Übergangslos handelt er vom Krieg in Serbien, vom Untergang der Kursk und von der Gebärdensprache taubstummer Hunde. Dieser Eintopf wird serviert mit säuerlichen Sentenzen wie: "Wir sollten bedenken, dass unsere Demokratie nicht ohne Wahrheitsliebe auskommt." Statt einer lustigen Zeitungs-Entenjagd bietet dieses Buch bloß eine ungelenke buchhalterische Auflistung von Medienmärchen, die eine kursorische Lektüre von mehr als zehn Seiten zur Qual macht.
Denn gerade auf den Humor kommt es hier an. Da die Medien von allem, was der Fall ist, handeln, sind auch ihre Fälschungen ganz schön vielfältig. Diese Verschiedenartigkeit hat schon an sich etwas Belustigendes; man muß dann aber auch über die Stilmittel verfügen, um von Waldsterben bis Afrika-Hilfe, und von den Ufos bis zu vergifteter Babynahrung die Nonsense-Qualitäten des Nachrichtengeschäfts angemessen darzustellen. Und man muß auf sehr unterschiedlichen Gebieten recherchieren, um den Entlarvungsgestu s zu rechtfertigen und halbwegs überzeugend darzutun, dass man es besser weiß.
Das alles kommt in diesen 91 Kurzkapiteln leider viel zu kurz. Was spaßig ist an diesen Texten, ist es ungewollt; am allerspaßigsten sind die Ulfkotteschen Stilblüten: Da waren zum Beispiel "im Schaum kritische Fragen erdrückt worden" und das wiederum läuft auf eine "Krönung der Einseifung" hinaus. Es ist schade, dass Ulfkotte den Leser bloß mit einem drögen Nörgelton durch die wunderbunte Welt des Wahnhaften begleitet. So dringt er natürlich zu keiner Theorie darüber vor, weshalb Journalisten lügen. Im Untertitel des Buchs - "Der Kampf um Quoten und Auflagen" - klingt zwar so etwas wie Kapitalismuskritik an, doch erstens ist das bei einem politischen Redakteur der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" wohl ein Missverständnis und zweitens reicht diese Erklärung bei weitem nicht aus. Gefälscht wird ja keineswegs nur aus Profitgier, sondern ebenso aus Missioniereifer sowie aus Dummheit. Gerade der Mangel an Intelligenz und Lebenserfahrung in Journalistenkreisen kann gar nicht hoch genug veranschlagt werden; dabei sind diese Eigenschaften die Grundvoraussetzungen für jenen Reflex, mit dem jeder Journalist jeder Information begegnen sollte: eine blitzschnelle Plausibilitätsprüfung. Schon das könnte helfen zu verhindern, dass in Presse, Funk und Fernsehen pausenlos Millionen und Milliarden verwechselt werden, dass das Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert reicht, dass die Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden - und was der Standardformen des Nonsense noch mehr sind.
Die undifferenzierte Abfolge von purem Jux und Blödsinn einerseits sowie politisch oder pekuniär motivierten Halb- und Unwahrheiten andererseits hat einen durchaus einschläfernden Effekt - und dafür ist das Buch gedacht: für die Häppchenlektüre im Bett, bis dass man in der Gewissheit, dass nichts Gedrucktes stimme, beruhigt entschlummern kann. Allerdings gilt das auch für Ulfkottes Berichtigungsbrevier: Es enthält Fehler. So heißt Zeitungsente auf französisch keineswegs "canard", und den Verfasser einer Erzählung mit seiner anonymen Hauptfigur zu identifizieren, wie Ulfkotte es an einer Stelle tut, ist ein riskantes Mißverständnis.
Im Prinzip sind solche Bücher zweifellos eine hygienische Notwendigkeit. Sie berichten die andere Seite jener Stories, die uns die Medien auftischen. Sie liefern die Richtigstellungen, vor denen die meisten Redaktionen - auch die der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", die Ulkfkotte natürlich nie angreift - zurückschrecken. Dabei stärkt nichts die Glaubwürdigkeit einer Zeitung so sehr wie etwa die vor drei Jahren vom britischen "Guardian" eingeführte Rubrik "Corrections & Clarifications" (deren schönste Stücke, herausgegeben von Ian Mayes, übrigens auch gerade in Buchform erschienen sind - auf englisch).
Was hat das, um Himmels willen, alles miteinander zu tun? Die Antwort ist ebenso simpel wie unbefriedigend: Es handelt sich jeweils um Informationen, die im Kosmos der Öffentlichkeit herumschwirren und auf irgendeine Weise fraglich sind. Und das Fragliche hat ja jetzt Konjunktur. In der Tat sind Medienzweifel, Medienkritik und Medienschelte in den letzten Jahren zu regelrechten Dauerbrennern in den Medien selbst geworden. Etliche Redaktionen - darunter so seriöse wie der "stern", das Magazin der "Süddeutschen Zeitung" oder öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten - waren in gewaltige Fälschungsaffären verwickelt, das dokumentarische Bild hat durch die Möglichkeiten digitaler Bearbeitung sowieso seine einstige Beweiskraft eingebüßt und in vielen Büchern wurden die Verflachung und Verdummung des Journalismus' generell als Ursachen der steigenden Fehlerquote angeprangert - unter anderem vom hier vortragenden Rezensenten.
All diese Bücher hat Udo Ulfkotte geschwinde exzerpiert, um daraus seine eigene Fallsammlung zu speisen. Dagegen ist nichts einzuwenden, zumal er diese Quellen - unter anderem den hier vortragenden Rezensenten - korrekt an- und aufführt. Doch leider ist Ulfkotte übers Exzerpieren und Nachverwerten nicht hinausgekommen. Mit einer deprimierenden Atemlosigkeit reiht er aneinander, was andere Autoren recherchiert und aufgedeckt haben. Übergangslos handelt er vom Krieg in Serbien, vom Untergang der Kursk und von der Gebärdensprache taubstummer Hunde. Dieser Eintopf wird serviert mit säuerlichen Sentenzen wie: "Wir sollten bedenken, dass unsere Demokratie nicht ohne Wahrheitsliebe auskommt." Statt einer lustigen Zeitungs-Entenjagd bietet dieses Buch bloß eine ungelenke buchhalterische Auflistung von Medienmärchen, die eine kursorische Lektüre von mehr als zehn Seiten zur Qual macht.
Denn gerade auf den Humor kommt es hier an. Da die Medien von allem, was der Fall ist, handeln, sind auch ihre Fälschungen ganz schön vielfältig. Diese Verschiedenartigkeit hat schon an sich etwas Belustigendes; man muß dann aber auch über die Stilmittel verfügen, um von Waldsterben bis Afrika-Hilfe, und von den Ufos bis zu vergifteter Babynahrung die Nonsense-Qualitäten des Nachrichtengeschäfts angemessen darzustellen. Und man muß auf sehr unterschiedlichen Gebieten recherchieren, um den Entlarvungsgestu s zu rechtfertigen und halbwegs überzeugend darzutun, dass man es besser weiß.
Das alles kommt in diesen 91 Kurzkapiteln leider viel zu kurz. Was spaßig ist an diesen Texten, ist es ungewollt; am allerspaßigsten sind die Ulfkotteschen Stilblüten: Da waren zum Beispiel "im Schaum kritische Fragen erdrückt worden" und das wiederum läuft auf eine "Krönung der Einseifung" hinaus. Es ist schade, dass Ulfkotte den Leser bloß mit einem drögen Nörgelton durch die wunderbunte Welt des Wahnhaften begleitet. So dringt er natürlich zu keiner Theorie darüber vor, weshalb Journalisten lügen. Im Untertitel des Buchs - "Der Kampf um Quoten und Auflagen" - klingt zwar so etwas wie Kapitalismuskritik an, doch erstens ist das bei einem politischen Redakteur der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" wohl ein Missverständnis und zweitens reicht diese Erklärung bei weitem nicht aus. Gefälscht wird ja keineswegs nur aus Profitgier, sondern ebenso aus Missioniereifer sowie aus Dummheit. Gerade der Mangel an Intelligenz und Lebenserfahrung in Journalistenkreisen kann gar nicht hoch genug veranschlagt werden; dabei sind diese Eigenschaften die Grundvoraussetzungen für jenen Reflex, mit dem jeder Journalist jeder Information begegnen sollte: eine blitzschnelle Plausibilitätsprüfung. Schon das könnte helfen zu verhindern, dass in Presse, Funk und Fernsehen pausenlos Millionen und Milliarden verwechselt werden, dass das Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert reicht, dass die Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden - und was der Standardformen des Nonsense noch mehr sind.
Die undifferenzierte Abfolge von purem Jux und Blödsinn einerseits sowie politisch oder pekuniär motivierten Halb- und Unwahrheiten andererseits hat einen durchaus einschläfernden Effekt - und dafür ist das Buch gedacht: für die Häppchenlektüre im Bett, bis dass man in der Gewissheit, dass nichts Gedrucktes stimme, beruhigt entschlummern kann. Allerdings gilt das auch für Ulfkottes Berichtigungsbrevier: Es enthält Fehler. So heißt Zeitungsente auf französisch keineswegs "canard", und den Verfasser einer Erzählung mit seiner anonymen Hauptfigur zu identifizieren, wie Ulfkotte es an einer Stelle tut, ist ein riskantes Mißverständnis.
Im Prinzip sind solche Bücher zweifellos eine hygienische Notwendigkeit. Sie berichten die andere Seite jener Stories, die uns die Medien auftischen. Sie liefern die Richtigstellungen, vor denen die meisten Redaktionen - auch die der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", die Ulkfkotte natürlich nie angreift - zurückschrecken. Dabei stärkt nichts die Glaubwürdigkeit einer Zeitung so sehr wie etwa die vor drei Jahren vom britischen "Guardian" eingeführte Rubrik "Corrections & Clarifications" (deren schönste Stücke, herausgegeben von Ian Mayes, übrigens auch gerade in Buchform erschienen sind - auf englisch).