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So studiert man in Sachsen

Gleich in den ersten Wochen an der Hochschule bekamen alle rund 20.000 sächsischen Erstsemester eine E-Mail. Eine Forschergruppe von der TU Chemnitz wollte zum Beispiel wissen, warum sie sich für Sachsen als Studienort entschieden hatten. Auch die Frage nach der Zufriedenheit mit dem Studium fehlte nicht. Aus den Antworten schrieben die Forscher eine Studie fürs Wissenschaftsministerium - mit wichtigen Erkenntnissen.

Von Johannes Schiller |
    "Ich studiere in Sachsen, weil ich wieder zurück in den Osten wollte, klingt zwar dumm, ist aber so...Ich studiere in Sachsen, weil ich aus Leipzig komm direkt, weil ich dort aufgewachsen bin... ich studiere in Sachsen, weil ich aus der Nähe komme, Sachsen-Anhalt."

    Eigentlich kein schlechter Grund für die Wahl des Studienortes. Doch für das Bundesland Sachsen ist es ein Problem, erklärt die Sprecherin des Wissenschaftsministeriums, Eileen Mägel.

    "Wir haben im Moment einen Studierendenanteil aus den alten Ländern von 1 Prozent, und das ist in der Tat zu wenig. Wir wollen diesen Anteil auf sozusagen 3 Prozent erhöhen, nur so können wir die Ziele des Hochschulpaktes 2020 erreichen."

    Denn der Hochschulpakt mit der Bundesregierung schreibt fest, dass Sachsen jedes Jahr eine bestimmte Zahl an Studienanfängern haben muss. Bisher war das kein Problem. Doch schon bald beginnen junge Leute, die nach der Wende geboren wurden mit ihrem Studium. Es sind besonders Geburten schwache Jahrgänge. Sachsen braucht also Studenten aus anderen Bundesländern, wenn es die Zahl im Hochschulpakt 2020 halten will. Deswegen hat das Wissenschaftsministerium zwei Studien machen lassen. Für den einen Teil fragten die Forscher in Brandenburg/Berlin und Bayern nach dem Image von Sachsen als Studienstandort, sagt Mägel.

    "Die potentiellen Studienanfänger aus, vor allem den alten Bundesländern wissen sehr wenig über den Studienstandort Sachsen und das was sie wissen, sind meist Vororteile, die sich zum einen massiv auf den sächsischen Dialekt beziehen und zum anderen und das ist wahrscheinlich das größere Problem, gibt es die Angst vor erstarkendem Rechtsradikalismus in Sachsen."

    In einer zweiten Studie befragten die Forscher Erstsemester an sächsischen Hochschulen, gut 3000 Studenten beteiligten sich an der Studie. Die Forscher stellten Fragen wie: Aus welchem Grund haben sie sich für den Studienstandort entschieden? Oder: Was gefällt Ihnen besonders gut/schlecht an Ihrer Hochschule?

    Ein Ergebnis dieser Umfrage: ein gutes Drittel der Befragten entschied sich für Sachsen, weil es hier keine Studiengebühren gibt. Für die Sprecherin des Leipziger Studentenrats, Johanna Völker, ist das ein weiteres Argument gegen Studiengebühren.
    "Es hat uns nicht so sehr überrascht, da ja bekannt ist, welche Auswirkungen Studiengebühren haben. Es ist allerdings in diesem Zusammenhang sehr schade, dass nicht die Aussttattung oder der Ruf einer Hochschule an erster Stelle stehen."

    In Sachsen ist der Verzicht auf Studiengebühren im Koalitionsvertrag festgehalten. Dennoch hat Ministerpräsident Milbradt von der CDU immer gesagt, dass er gerne Gebühren einführen würde. Deswegen werde man das "gebührenfreie Studium" auch nicht offensiv bewerben, glaubt Völker. Von Seiten des Ministerium hält man sich dazu bedeckt, die Studie sei ja nicht öffentlich.

    Ministeriumsprecherin Mägel stellt lieber einen anderen Punkt heraus, den die Autoren der Studie herausgefunden haben.

    "Wenn sie sich dann mal entschlossen haben, in Sachsen zu studieren, dann sind sie überzeugt vom Standort. Sie loben die gute Ausstattung, sie loben die Kompetenz des Lehrpersonals und so weiter. Und sie haben zum größten Teil auch nicht vor, Sachsen wieder zu verlassen, sondern sie wollen dann tatsächlich auch bleiben."

    Mit den Ergebnissen der Studien entwickeln Agenturen nun Werbekonzepte. Insgesamt 2,5 Millionen Euro stehen bereit; für eine Imagekampagne mit dem Arbeitstitel "Studieren in Sachsen". Schon im April soll in einem ausgewählten Bundesland massiv um neue Studenten geworben werden. Welches Bundesland das ist, will das Ministerium nicht kommentieren, es liege aber nahe an Sachsen.