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So wertvoll sind unsere Daten

Seit heute ist das Online-Netzwerk Facebook an der Börse, und über die erwarteten Kurssprünge wird wild spekuliert. Die Verbraucherzentralen haben indessen in einem offenen Brief mehr Datenschutz bei Facebook gefordert. Doch mit der Datenweitergabe an Werbekunden verdient die Firma ihr Geld.

Von Philip Banse |
    Wer ein Gefühl dafür bekommen möchte, wie Werbung auf Facebook funktioniert, kann selber mal so tun, als würde er eine Anzeige auf Facebook schalten. Das geht unter ads.facebook.com. Hier kann ich genau festlegen, wer die Anzeige für mein Produkt zu sehen bekommen soll: Es sollen nur Facebook-Nutzer in Berlin sein, plus 80 Kilometer Umkreis; sie sollen zwischen 22 und, ja, sagen wir 40 Jahre alt sein, männlich sein, verheiratet, und sie sollen Spanisch sprechen. Sie sollen außerdem ein Hochschulstudium absolviert haben und sich für Gartenarbeit interessieren. Die Namen einzelner Facebook-Nutzer bekommen Facebooks Werbekunden also nicht zu sehen, sagt der Autor und Netzaktivist Falk Lüke:

    "Solange sie gute Daten über jemanden haben, ist es nicht wichtig, wie die Person heißt. Es ist viel wichtiger, welche Interessen diese Person hat. Nein, den Namen, den verkaufen sie nicht, aber sie verkaufen die Interessen und Aktivitäten."

    Und die liefern Facebook-Nutzer so detailliert und massenhaft wie nirgends sonst: Alter, Beziehungsstatus, Ausbildung, Lieblingsmusik – all diese Informationen nutzt Facebook, um Zielgruppen zusammenzustellen für Werbekunden. Facebooks Wissen über uns speist sich jedoch nicht nur aus Angaben, die wir bewusst selbst auf der Webseite eintippen: Mit wem sind wir befreundet? Mit wem kommunizieren wir besonders oft? Welche Zeitungsartikel lesen wir in Facebook? Und vor allem: Was mögen unsere Freunde?

    "Dein Freund Felix hat den Fernseher der Marke x gekauft – wäre der nicht auch etwas für Dich?" Diese Social Ads, diese sozialen Anzeigen seien besonders erfolgreich, sagt Ralf Kreutzer, Professor für Marketing an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin: Ein Viertel der Nutzer klicke auf soziale Anzeigen, obwohl die Mehrheit der Nutzer auf sie zugeschnittene Werbung in Befragungen ablehne:

    "Wenn ich aber maßgeschneiderte Angebote präsentiere, genau auf diesen Angeboten aufbauend, dann zeigen die Reaktionen der Nutzer, dass sie das gut finden. Denn wenn ich schwanke, ob ich A oder B kaufen soll, und meine Freunde sagen, kauf B, dann ist eine große Wahrscheinlichkeit da, dass ich mich für B entscheide."

    Was aber sind unsere Daten bei Facebook denn nun wert? Zurück zu meiner Anzeige: Zielgruppe war Berlin, Mann, verheiratet, 22-40 Jahre, spanisch, Hochschulabschluss Gartenarbeit. Diese Kriterien erfüllen nicht mal 20 Facebook-Nutzer, sagt Facebook. Aber wenn einer von ihnen auf meine Anzeige klickt, kostet mich das 69 Cent, relativ viel. Was aber wenn ich alle verheirateten und spanisch sprechenden Männer, zwischen 22 und 40 mit Hochschulabschluss in ganz Deutschland erreichen will? Dann kostet mich ein Klick auf meine Anzeige 44 Cent, knapp 30 Prozent billiger. Facebook-Beobachter Falk Lüke:

    "Man kann das sehr, sehr schlecht sagen, was die Daten letztlich wert sind. Facebook nimmt für manche Daten ein bisschen mehr, für andere weniger. Es ist ein Marktsystem, was in Facebook selber existiert. Das heißt, wo viele Werbekunden unterwegs sind, wird es auch teurer für die."

    Besonders wertvoll sind Nutzer, die lange auf Facebook verweilen. Denn dann kann Facebook viele Anzeigen einblenden. Wer nicht Teil einer Zielgruppe sein will, könne Facebook nur verlassen, sagen Verbraucherschützer. Falsches Geburtsdatum oder falscher Wohnort – das reiche nicht aus, um seine breite Datenspur zu verwischen.

    "Es ist einfach wichtig, dass man sich überlegt, welche Daten man dort preisgibt und dass man sich vielleicht auch mal überlegt: Muss ich jede Interaktion über Facebook machen? Von vielen Freunden habe ich ja auch eine normale E-Mail-Adresse, SMS etc., dass man seine Daten streut und nicht alle Daten auf Facebook teilt."

    Dabei hat Facebook eine riesige Informationsquelle noch gar nicht richtig ausgeschlachtet: unseren Aufenthaltsort. Immer mehr Menschen nutzen Facebook unterwegs, auf Smartphones, die immer wissen, wo wir sind. Doch ausgerechnet für mobile Nutzer hat Facebook noch kein Werbemodell gefunden, vor allem weil die Displays zu klein sind. Ralf Kreutzer, Professor für Marketing an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, beschreibt, wie Facebook unseren Aufenthaltsort zu Geld machen könnte:

    "Ich bin in Berlin unterwegs, vielleicht 300 Meter vom Burger King entfernt, und ich bekomme aufgrund meiner Nähe zu diesen Anbietern einen mobilen Coupon zugeleitet, der mir in den nächsten anderthalb Stunden einen besonderen Vorteil anbietet. Das heißt, wenn – und aufgrund der vielen Facebook-Daten ist so was machbar - wenn mir Angebote präsentiert werden, die für mich im Moment, wo ich gerade bin, relevant sind, dann kann hier auch ein mobiler Siegeszug von Facebook stattfinden."

    Für die einen ein toller Service, für andere nervige Werbung. Klar ist nur: Der Druck auf Facebook, wirklich alle Daten seiner Nutzer zu erfassen und in Geld zu verwandeln, wird durch den Börsengang steigen.