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Social Pioneer
Gutes tun als Geschäftskonzept

Zu Jahresanfang fasst man traditionell gute Vorsätze. Ein Hamburger Unternehmen versorgt andere Unternehmen mit Geld und gutem Rat: Dies gilt aber nur für Firmen, die die Welt etwas besser machen wollen und soziale Projekte realisieren.

Von Axel Schröder | 02.01.2015
    Ein Bettler hält eine alte Zigarrenkiste für Geldspenden in der Hand.
    Ein Hamburger Unternehmen setzt sich für soziale Projekte ein, um die Welt etwas besser zu machen. (dpa / Friso Gentsch)
    Eigentlich hätte für Martin Possekel alles so weiterlaufen können wie immer. Seine Karriere startete der heute 48jährige bei der Unternehmensberatung KPMG, er wechselte zur Lufthansa, danach zum Otto-Versand. Possekel machte sich mit zwei eigenen Beratungsfirmen selbstständig, ist erfolgreich. Und trotzdem vermisste er etwas. Vor vier Jahren entwickelte er deshalb mit zwei Mitstreitern die Idee einer neuen, seiner dritten Firma. Von Social Pioneer:
    "Social Pioneer ist die Idee gewesen von einer Gruppe von Managern und Unternehmern, die gesagt haben – auch, wenn sich das jetzt ein bisschen komisch anhört: Da muss doch noch mehr sein als wirtschaftliches Handeln! Und dann ist die Idee entstanden, dass wir lokale, gemeinnützige Organisationen unterstützen, indem wir ein Portal ins Leben rufen, um diesen lokalen, gemeinnützigen Organisationen Unterstützung anzubieten."
    Pitch für das Social Impact Lab
    Die Social Pioneer ist eine eingetragene GmbH, eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ganz in der Nähe der Hamburger Landungsbrücken, des Hafens. Gewinn macht die Firma nicht. Mit dem Geld von Spendern, von Menschen, die etwas übrig haben für gesellschaftliche Probleme und für jene, die diese Probleme angehen wollen, unterstützt Social Pioneer Firmengründer, die mit ihren Ideen etwas bewegen wollen. Einmal pro Jahr können sich sie sich um ein Stipendium bewerben, am sogenannten Pitch für das Social Impact Lab teilnehmen, so Martin Possekel:
    "Der ist öffentlich. Sie haben fünf Minuten Zeit, sich darzustellen. Dann sollte für das Publikum relativ deutlich werden, welches Problem sie lösen wollen. Das muss nicht zwingenderweise nur etwas im strengen Sinne Soziales sein. Dass kann auch im Bereich Umwelt, Naturschutz, Kultur, Gesundheit sein. Also: Welches Problem wollen sie lösen? Und dann natürlich die Frage - vielleicht ein bisschen lax ausgedrückt: Wer zahlt wen warum wofür? Also die grundsätzliche Frage: Wie kann man damit überhaupt Geld verdienen. Und ganz ehrlich: Wenn sie diese Frage nicht beantworten können und nicht aufschreiben können, dann ist es sehr unwahrscheinlich, dass sie als Sozialunternehmer Erfolg haben werden."
    Flüchtlingszelt der Zukunft
    Die ausgewählten Stipendiaten bekommen im Social Impact Lab einen Büroplatz. Und ein persönliches, auf ihre Geschäftsidee zugeschnittenes Coaching. In dem es darum geht, neben der guten Idee auch ein tragfähiges Umsetzungskonzept zu entwickeln. Die Firmengründer werden beraten, um die passende Rechtsform zu wählen, um einen soliden Businessplan zu erstellen. Es werden Kontakte vermittelt, potenzielle Geldgeber ausfindig gemacht. Für Projekte wie das des Hamburger Künstlers und Social Pioneer-Stipendiaten Daniel Kerber. Seine große Idee steht unscheinbar in der Ecke seines eigenen Büros. Zerlegt in ihre Einzelteile. Kerber greift sich einen der zusammengefalteten, zieharmonikaartigen Träger des "Domos" - lateinisch: "Das Haus" - und entfaltet ihn:
    "Viel Arbeit ist in diesen Moment geflossen: Wie kriege ich das Ding möglichst ohne Hilfsmittel, mit ein paar Menschen, an jedem Ort der Welt, innerhalb von ein paar Minuten aufgebaut? Und habe danach aber wirklich eine feste Hütte, die schon jetzt mehr ist als ein Zelt. Und die mich wirklich schützt vor den brutalsten Wetterbedingungen, die man auf diesem Planeten antreffen kann."
    Das "Domo" ist das Flüchtlingszelt der Zukunft. 20 Quadratmeter groß, modular erweiterbar und damit anpassungsfähig an die unterschiedlichsten Orte, die unterschiedlichsten Nutzungen:
    "Das heißt, wenn man jetzt mit einem kranken Familienmitglied auf der Flucht ist, braucht man einen anderen Raum als wenn vielleicht mit 20 Kindern unterwegs ist. Oder vielleicht gibt es Kulturräume, in denen Männer und Frauen getrennt leben. Oder Familien benötigen einen Innenraum, damit Kinder geschützt spielen können in dieser Unterkunft. All diese Dinge können wir mit unserem System herstellen!"
    Im Social Impact Lab konnte er seine Idee umsetzen. Heute ist sein "Domo" marktreif. Wird hergestellt in Zusammenarbeit mit einem dänischen Outdoor-Spezialisten und demnächst eingesetzt von der Hilfsorganisation "Japanese Emergency".
    Die Welt ein bisschen besser machen
    Die Zusammenarbeit mit Menschen wie Daniel Kerber ist eine Bereicherung, erzählt Social Pioneer-Geschäftsführer Martin Possekel. Und das treibt ihn an, die gemeinnützige GmbH weiter zu entwickeln. Dazu wurde mittlerweile eine zweite GmbH gegründet, so Possekel. Eine mit Gewinnabsichten, die Sonexum GmbH. Diese Firma bietet Beratung für NGOs und Unternehmen, ihre Gewinne fließen in die Social Pioneer, um sie unabhängiger zu machen von den Spenden. Demnächst wird Sonexum ein System für Spenden-Gutscheine vermarkten:
    "Was sie denn dann sehen werden, ist, dass es dann einen Gutschein gibt, den sie, wenn sie zum Beispiel ein Probe-Abonnement einer Tagezeitung haben. Dann gibt es als Anreiz oder als Dankeschön, dieses Probe-Abo abzuschließen, dann bekommen sie einen Gutschein, wo sie dann 30 Euro bekommen, um denn dann bei großen Versandhändlern einkaufen zu können. Und wir haben jetzt ein Produkt entwickelt, wo sie denn dann eben in der Lage sind, den dann an Spenden sammelnde Organisationen auf diese Art und Weise zu unterstützen."
    Charity-Choice heißt das Produkt. Und ermöglicht es den Abonnenten, ihre 30-Euro-Gutschrift zum Beispiel UNICEF oder dem World Wildlife Fund zugutekommen zu lassen. Und mittelbar wird dadurch die Social Pioneer finanziert. Umso wiederum neue Ideen Wirklichkeit werden zu lassen, die die Welt ein bisschen besser machen.