Kernenergie
Söder (CSU) will Comeback der Atomkraft forcieren und die Fusionsforschung voranbringen

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält eine Reaktivierung der letzten drei abgeschalteten Atomkraftwerke in Deutschland weiterhin für möglich. In diesem und im kommenden Jahr sei es noch machbar, sagte er nach einer Sitzung seines Kabinetts in München.

    Wasserdampf steigt aus dem Kühlturm des Kernkraftwerks Isar 2.
    In Deutschland sind alle Atomkraftwerke stillgelegt, in den Nachbarländern sieht das anders aus. Doch wie sinnvoll ist deren Vorgehen? (picture alliance / dpa / Armin Weigel)
    Man sei daher dafür, die drei Meiler zu reaktivieren.
    Auch die Endlagerdebatte müsse in Deutschland völlig neu geführt werden, betonte er mit Verweis auf Studienergebnisse, wonach sich die Strahlungsdauer von Atommüll von einer Million Jahren auf rund 800 Jahre verringern lasse. Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung zweifelt allerdings an der Umsetzbarkeit dieser Studienergebnisse.

    Auch Ifo-Expertin plädiert für Reaktivierung von Kernkraftwerken

    Zudem beschloss die bayerische Staatsregierung Investitionen in die Erforschung der Kernfusion. Dies soll durch Studienlehrgänge und einen Fusionscampus geschehen. Bis zum Jahr 2028 sind für den Kompetenzaufbau an den Hochschulen Investitionen von hundert Millionen Euro geplant.
    Unterstützung gibt es auch aus der Wissenschaft. Die Leiterin des Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen am Münchner Ifo-Institut, Pittel, etwa meinte jüngst, die neue Bundesregierung sollte unabhängig prüfen lassen, ob eine Reaktivierung von Kernkraftwerken möglich wäre und zu welchen Kosten. Sie führte im Spiegel aus, Deutschland hätte so eine zusätzliche Quelle für wetterunabhängigen, CO2-freien und günstigen Strom.

    Austieg aus dem Austieg: Auch neue belgische Regierung will Atomenergie ausbauen

    Im Ausland stehen die Zeichen bereits vielfach wieder auf Atomkraft. Die neue belgische Regierung kündigte Anfang des Monats einen Ausbau an. Das 2003 unter Beteiligung der Grünen beschlossene Ausstiegsgesetz sei "überholt", sagte der national-konservative Regierungschef De Wever bei seiner Regierungserklärung einen Tag nach Amtsantritt. Demnach sollen die Laufzeiten der bereits existierenden Kraftwerke mit einer Kapazität von vier Gigawatt verlängert werden.
    Zusätzlich sollen in Belgien weitere Reaktoren geschaffen werden, um eine Kapazität von acht Gigawatt zu erreichen.

    Viele Experten warnen vor einem Ausbau von Nuklearenergie - zu teuer, zu langwierig

    Demgegenüber gibt es allerdings zahlreiche Stimmen, die vor einem Reaktivierung der Atomkraft warnen - darunter auch Vertreter von Energiekonzernen. Die Kosten wären zu hoch, die Bauzeiten neue Meiler dauerten zu lang, hieß es erst diese Woche beim Führungstreffen Energie der Süddeutschen Zeitung in Essen, wie die VDI Nachrichten berichteten.
    Auch ein Faktencheck Kernenergie des Fraunhofer-Instituts erachtet es als sinnvoller, in erneuerbare Energien zu investieren. Das Öko-Institut kam zum Schluss, dass Kernenergie auch nicht notwendig sei, um die Klimaziele aus dem Pariser Abkommen zu erreichen.

    Kosten für Kernkraft bewusst schlechter dargestellt?

    Der Ökonom Daniel Stelter wirft allerdings den Befürwortern der Energiewende vor, die Kosten systematisch zu schlecht darzustellen. Das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme zum Beispiel arbeite mit Zahlen, mit denen sich die Atomkraft offensichtlich gar nicht rechnen solle, schrieb Stelter in einem Beitrag für das Handelsblatt.
    Zwei jüngere Studien (hier und hier) indes zeigten eindeutig, dass man mit einem Mix aus Erneuerbaren und Atomkraft Milliarden sparen und das Ziel der klimaneutralen Stromerzeugung sicher erreichen würde; die Fraunhofer-Forscher halten die Berechnungen, auf die Stelter verweist, für fehlerbehaftet.

    Frankreichs Rechnungshof kritisiert Macrons Atompläne als zu teuer und riskant

    In Frankreich hatte der französische Rechnungshof vor gut einem Monat den von Präsident Macron angekündigten Neubau von Atomreaktoren massiv kritisiert. Die endgültige Entscheidung über einen Neubau von sechs Atomreaktoren solle verschoben werden, bis die Finanzierung gesichert sei und detaillierte Konzeptstudien vorlägen.
    Der Kraftwerkbetreiber EDF habe sich bislang "absichtlich und beharrlich geweigert", detaillierte Zahlen zur Rentabilität und zu den Produktionskosten vorzulegen.

    23,7 Milliarden Euro für Akw Flamanville statt der erwarteten 3,3 Milliarden

    Der Rechnungshof aktualisierte auch seine Kostenschätzung des ersten französischen EPR-Reaktors, der mit zwölf Jahren Verspätung im Dezember in Flamanville ans Netz angeschlossen wurde. Insgesamt habe er 23,7 Milliarden Euro gekostet, hieß es, also etwa sieben Mal so viel wie die 3,3 Milliarden, die er ursprünglich hätte kosten sollen.
    Diese Nachricht wurde am 12.02.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.