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Soforthilfen für Künstler*innen
Neue Auflagen – Neue Probleme

Freie Künstlerinnen und Künstler sind besonders hart von der Corona-Krise betroffen: Aufträge und Publikum brechen ihnen weg, oft fallen sie durch das Raster der Soforthilfen für Solo-Selbständige. Besonders jetzt, da vielerorts die Landesmittel erschöpft und sie auf Hilfen vom Bund angewiesen sind.

Von Anja Buchmann | 06.04.2020
Ein Gitarrist steht auf einem Balkon in Mailand, Italien, und spielt für seine Nachbarschaft.
Musiker*innen haben große Problem, in der Krise ihre Lebenshaltungskosten reinzubekommen (Getty / AGF / Universal Images Group / Nicola Marfisi)
In der Musikindustrie macht der Live.Markt zwei Drittel des Gesamtumsatzes aus - und alle Profi-Musiker*innen wissen: der fällt gerade komplett aus. Deshalb greifen die meisten von ihnen, wie auch viele anderen Künstler*innen, auf die Soforthilfe für Solo-Selbstständige zurück. Jedes Bundesland hat eigene Pakete.
Betriebskosten = Lebenshaltungskosten?
Das Paket in Nordrhein-Westfalen beispielsweise bietet Zuschüsse für Selbständige und Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten. Davon wurden auch schon einige im größten Bundesland ausgezahlt – so viel, dass das Landesprogramm jetzt schon ausgeschöpft ist. Deshalb fließen hier seit dem 1. April Bundesgelder - und damit gibt’s neue Auflagen, aber auch neue Probleme.
Eines ist die Unterscheidung zwischen Betriebskosten und Lebenshaltungskosten, denn eigentlich gelten diese Soforthilfen nur für Betriebskosten – von denen Künstler*innen häufig wenige haben. Ihre Honorare sind notwendig für die Lebenshaltungskosten, die wiederum eigentlich nicht bezuschusst wurden.
Also war die Lösung in NRW, "dass man sich aus dem Erwirtschafteten selbst ein Gehalt zahlen kann", so eine Mitteilung vom Kulturrat NRW. Das Gehalt sei also "betriebliche Ausgabe" gewesen und konnte mit der Soforthilfe verrechnet werden.
Aber dann kam der 1. April und die Bundesauflagen. Darin werden diese "Gehälter, die man an sich selbst zahlt" nicht anerkannt, wie Gerhart Baum, Bundesinnenminister a.D. und Vorstandsvorsitzender des Kulturrats NRW dem Deutschlandfunk mitteilte: "Dass hier ein Ausgleich nicht nur für die Betriebskosten, sondern für den Lebensunterhalt eines Künstlers gezahlt wird – diese Möglichkeit ist aus den Bewilligungsbedingungen ab 1. April herausgestrichen."
Unterschiede in den Bundesländern
Das heißt: Künstler*innen sind – so der derzeitige Stand – auf Jobcenter und die Grundsicherung angewiesen - derzeit ist das auch unkomplizierter, es gibt aber weniger Geld. Die Situation in den Bundesländern unterscheidet sich stark und ist auch stetig in Bewegung.
In Hamburg scheinen sich wohl diverse Proteste gegen die neuen Bundesauflagen ausgezahlt zu haben: Das Bundesland gewährt Soloselbständigen seit dem 5. April "eine Grundförderung von pauschal 2.500 € aus den Landesmitteln".
In NRW hingegen wird weiter verhandelt. Die Künstler*innen sollen erst einmal, so gut es geht, eventuelle Soforthilfen, die sie schon bekommen haben, zusammenhalten, falls eine Rückzahlung ansteht. Dazu rät auch Gerhart Baum: Die eventuelle Rückzahlpflicht sei grundsätzlich da. Davon abgesehen, sei der Kulturrat NRW in stetem Kontakt mit der Landesregierung: "Von Herrn Laschet angefangen, der Wirtschaftsminister und die Kulturministerin sind voll auf unserer Linie und versuchen, diesen Zustand zu ändern."