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Soft-Drinks
Mehr als vier Zuckerwürfel im Glas

Limonaden in deutschen Supermärkten enthalten zu viel Zucker, wie eine neue Studie der Verbraucherorganisation Foodwatch belegt. Dabei sind die gesundheitlichen Schäden durch überzuckerte Produkte gravierend. Die Verbraucherorganisation fordert nun eine "Limo-Steuer" wie in Großbritannien.

Von Daniela Siebert | 21.09.2018
    Getränkeregal im Coop-Supermarkt mit vielen bunten Limonadenflaschen.
    Schön bunt, schön süß - und besonders beliebt bei Teenagern: Limonaden und Soft-Drinks (imago / Geisser)
    Die Deutschen trinken besonders viel zuckerhaltige Getränke: Laut Foodwatch pro Person über 80 Liter pro Jahr. Das Problem ist nicht neu, Foodwatch und Mediziner haben diesbezüglich schon öfter Alarm geschlagen. Andere Länder wie Belgien und Irland zum Beispiel haben Steuern auf zuckerhaltige Getränke eingeführt.
    Dass auch in Deutschland Handlungsbedarf besteht untermauert Foodwatch jetzt mit eigenen Untersuchungen von Flaschen aus den Supermarktketten Lidl, Edeka und Rewe. Insgesamt 600 Proben wurden im Juli und August gekauft. Was dabei herauskam, erklärt Luise Molling von Foodwatch:
    "Das Ergebnis ist, dass 58 Prozent dieser Produkte, also mehr als die Hälfte, mehr als fünf Gramm Zucker je 100 Milliliter enthält. Wir können also sagen, der Großteil des Getränkeangebots ist wirklich stark überzuckert."
    Vier Zuckerwürfel pro Glas
    Bildlich gesprochen: Oft sind mehr als vier Zuckerwürfel im Glas, wenn man 250 Milliliter Inhalt rechnet. Zu den Spitzenreitern im Test gehören Energy Drinks. Den ersten Platz machte Coca-Cola mit den Produkt "Monster Energy Assault". 2016 hatte Foodwatch diese Untersuchung schon einmal durchgeführt. Die Veränderung seither ist minimal.
    "Nach wie vor ist der Großteil der Getränke überzuckert, jetzt sind es 58 Prozent, damals waren es 59 Prozent. Auch wenn man sich den durchschnittlichen Zuckergehalt der Getränke anschaut, hat sich fast nichts getan, durchschnittlich enthält das Getränk jetzt 7,3 Gramm Zucker und damals waren es 7,5 Gramm Zucker auf 100 Milliliter."
    Erfrischungsgetränke ohne Zucker oder Süßstoff müsse man immer noch mit der Lupe suchen, so Foodwatch.
    Risiko von Krebs und Typ-II-Diabetes
    Dass der Konsum gesüßter Getränke Gesundheitsgefahren birgt, bestätigt auch der Arzt Andreas Pfeiffer, Ernährungsmediziner an der Charité Berlin.
    "Also belegt ist, dass Kinder dicker sind, wenn sie Limonade trinken und dass es bei Kindern auf jeden Fall ein Faktor Übergewicht, für Adipositas ist. Zucker macht eine unterschwellige Entzündung, die viele Krankheiten wie Arteriosklerose und auch Krebs antreibt, und er macht eine Fettleber. Fettleber ist der Beginn praktisch von Typ II Diabetes und das Risiko steigt, wenn man dick wird ungefähr 30-fach an. Da ist Zucker einer der Treiber."
    Lebensmittelverbände lehnen Limo-Steuer ab
    Foodwatch leitet aus seinem Befund die Forderung ab, die Bundesregierung sollte dem Beispiel Großbritanniens folgen. Luise Molling:
    "In Großbritannien wird seit April 2018 eine Limo-Steuer fällig, wenn ein Produkt mehr als fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter enthält, und eine höhere Abgabe wird sogar fällig, wenn es mehr als acht Gramm Zucker pro 100 Milliliter enthält. Das hat wirklich zu einem wahren Zuckersturz im Getränkeregal geführt, mehr als die Hälfte der Hersteller in Großbritannien hat den Zuckergehalt seiner Produkte gesenkt."
    Der Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft (BLL) hält von solchen Plänen nichts. Die Verbraucher hätten ja eine breite Auswahlpalette und man sei bereits im Dialog mit der Bundesernährungsministerin, betont die BLL-Pressesprecherin Manon Struck-Pacyna.
    "Es geht ja darum, dass man etwas tut im Bereich der Übergewichtsprävention, und da sehen wir nicht, dass eine Zuckersteuer dazu beitragen kann."