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Sol 7: Es gibt noch viel zu tun ...

Mars-Tagebuch. - Heute schlagen wir zum letzten Mal ein Kapitel in unserem Mars-Tagebuch auf. Zwei Wochen lang hat eine fünfköpfige Astronautencrew eine bemannte Expedition zu Mond und Mars simuliert und dazu die Mars Desert Research Station in der Wüste von Utah genutzt. Unser Kollege Guido Meyer ist Mitglied der Mannschaft, und er wirft heute, zum Abschluss seiner Chroniken, einen Blick auf all das, was noch nicht so richtig geklappt hat, und woran die Menschheit wohl noch wird arbeiten müssen, bevor sie sich auf Mond und Mars niederlassen und häuslich einrichten kann.

Von Guido Meyer |
    Das blubbernde Geräusch wäre ja noch zu ertragen, aber der Gestank ist das schlimmste. Im Gewächshaus auf dem Mars nämlich riecht es wie in einer Kläranlage. Und genau diese Funktion erfüllt das Greenhab für den Rest der Mars Desert Research Station.

    Die Biologin Leslie Wickman aus dem US-Bundesstaat Washington hat den grünen Daumen auf dem Roten Planeten. Sie hält den Wasserkreislauf der Mars-Station in Schwung.

    Ins Greenhab würde das gesamte Küchen- und Duschabwasser hineingeleitet werden, erklärt Leslie. Im Gewächshaus dann werde es aufbereitet, was größtenteils durch Wasserpflanzen geschieht. Außerdem werde das so genannte graue Wasser einer UV-Schockbehandlung unterzogen.

    Diese Verfahren sorgen dafür, dass das einstige Abwasser noch einmal zur Toilettenspülung verwendet werden kann, bevor es endgültig entsorgt wird. Damit ist jedoch noch kein autarker Wasserkreislauf hergestellt, wie er an Bord eines Mond- oder Mars-Habitats zwingend erforderlich wäre. Es hakt derzeit an beiden Enden des offenen Wasser-Kreislaufs: Frisches Trinkwasser wird einmal pro Woche angeliefert, das Abwasser nicht vollständig wieder aufbereitet.

    Die Mars Society überlege derzeit, Destillierkollektoren anzuschaffen, erklärt die blonde Biologin. In ihnen werde das Abwasser mit Hilfe von Sonnenlicht verdampft und anschließend kondensiert. Es sei reines Wasser, das die Besatzung wieder trinken könne.

    Soweit ist die außer-irdische Kläranlage jedoch noch nicht. Und auch die beiden Tunnel an der hinteren Schleuse sind momentan noch mehr gedacht als wirklich vorhanden. Commander Peter Kokh hat hier in den letzten zwei Wochen selbst Hand angelegt.

    Dies sei ein Tyvek-Overall, so der Commander unter seinem Helm. Dieser Papieranzug simuliere eine leichtere Form von Raumanzug, der bequemer und in dem die Fortbewegung weniger anstrengend sei. Man könnte ihn innerhalb der Tunnel tragen, die einen zwar vor kosmischer Strahlung, Mikrometeoriten und Sonneneruptionen schützen würden, nicht aber vor dem Vakuum des offenen Weltraums. So könne man schneller ins Gewächshaus und ins Ingenieur-Areal gelangen, erklärt Peter Kokh die Vorzüge seines "Spacesuits light".

    Auch Leslie Wickman beschäftigt sich mit Raumanzügen und mit der Frage, wie viel Freiheit und wie viel Bewegungsspielraum die Raumfahrer in ihnen haben. Die Astronauten an Bord der Internationalen Raumstation bewegen sich vorwiegend durch den Einsatz ihrer Arme fort. Die Anzüge für Außenbordeinsätze sind schwer, was im schwerelosen Weltraum jedoch nichts ausmacht.

    Auf der Oberfläche von Mond und Mars jedoch würde das Gewicht von Raumanzügen plötzlich wieder eine Rolle spielen, so Leslie Wickman. Denn die Astronauten würden sich dann gehend fortbewegen und auch bei geringerer Anziehungskraft auf Mond und Mars das Gewicht der Anzüge spüren. Man sollte ihnen größtmögliche Freiheiten dabei gewähren, damit sie ihren täglichen Aufgaben auf anderen Welten nachkommen können.

    Der Weisheit letzter Schluss ist also noch nicht gefunden, weder für die Art der Raumanzüge, noch für die Fortbewegung in gedachten Tunneln außerhalb der Station noch für eine eigenständige Wasserversorgung. Doch von solchen "Kleinigkeiten" haben sich Menschen bei der Eroberung neuer Welten bekanntlich noch nie aufhalten lassen.

    Am Sonntag werden die Astronauten der Crew 45 die Mars Desert Research Station wieder verlassen und zurückfliegen zur Erde. Die Mission Artemis ist dann beendet, und damit beenden wir auch unser Mars-Tagebuch, die Chroniken einer Weltraumsimulation.
    Leslie Wickman, die Crew-Biologin, bei ihrer Arbeit im Greenhab.
    Leslie Wickman, die Crew-Biologin, bei ihrer Arbeit im Greenhab. (Guido Meyer)
    Commander Peter Kokh im "Spacesuit lite", in dem er die Röhren für den Tunnel zusammensetzt.
    Commander Peter Kokh im "Spacesuit lite", in dem er die Röhren für den Tunnel zusammensetzt. (Guido Meyer)