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Solarboom in Tschechien

Auch unser Nachbarland Tschechien will weg von der einseitigen Fixierung seiner Stromversorgung durch Kohle und Atomenergie: Erneuerbare Energien werden ausgebaut, unter anderem die Photovoltaik, also die Gewinnung von Strom aus Sonnenenergie.

Von Katrin Materna |
    Das Gelände ist umzäunt, die Geräte stehen bereit. Es ist nur noch eine Frage von Tagen, bis in Ševětín die ersten Module für die größte Solaranlage Tschechiens aufgestellt werden. Auf Feldern, umgeben von einer idyllischen Waldlandschaft.

    "Insgesamt will das Unternehmen CEZ bis Ende des Jahres neue Photovoltaik-Projekte realisieren, die eine Leistung von einigen Dutzend Megawatt aufweisen. Die Anlage in Ševětín wird mit knapp 30 Megawatt die größte sein."

    Eine Fläche von 60 Hektar soll sie einnehmen, erklärt Martin Schreier, ein Sprecher des Stromversorgers. Das sind etwa 80 Fußballfelder. Ein umstrittenes Projekt. Umweltschützern missfällt, dass eine Anlage dieser Größe mitten in die Landschaft platziert wird. Ein zu massiver Eingriff sei das, findet auch Jan Rovensky, Mitglied der Umweltschutzorganisation Greenpeace.

    "Primär sollten Solaranlagen da installiert werden, wo sie keine unbebauten Flächen einnehmen. Idealerweise auf Dächern auf sogenannten Brownfields. Die Anlagen auf Feldern und Wiesen aufzustellen, ist unglücklich. Das führt nur unnötig dazu, dass die Solarenergie von der Bevölkerung negativ bewertet wird."

    Das Unternehmen CEZ baut das ganze Spektrum an erneuerbaren Energien aus, um den tschechischen Staat darin zu unterstützen, seine Verpflichtungen gegenüber der EU einzuhalten. Natürlich wird der Bau solcher Anlagen von der Öffentlichkeit nicht immer positiv aufgenommen,

    meint Unternehmenssprecher Martin Schreier. Acht Prozent seines Energiebedarfs soll Tschechien bis Ende des Jahres aus erneuerbaren Energien gewinnen. Der gegenwärtige Ist-Stand: knapp sechs Prozent. Die Solarenergie jedenfalls boomt in Tschechien. Ein Grund dafür ist die hohe Einspeisevergütung, die der tschechische Staat garantiert. Mit umgerechnet bis zu 49 Cent pro Kilowattstunde liegt sie sogar höher als in Deutschland.

    "Das ursprüngliche Ziel der staatlichen Förderungen war es, Investitionen in erneuerbare Energiequellen anzukurbeln. Das ist gelungen. Im Laufe der Zeit ist aber aus dem Instrument zur Förderung der Solar- und Windkraft eine reine Gewinnquelle geworden",

    erläutert Matyas Vitik, Pressesprecher des tschechischen Ministeriums für Industrie und Handel. Der Staat hat jetzt aber die Notbremse gezogen. Bis auf Weiteres wird die tschechische Netzaufsichtsbehörde ČEPS keine neuen Photovoltaikanlagen mehr genehmigen. Die Begründung: Angeblich sei das Leitungsnetz nicht in der Lage, noch mehr "instabile", also erneuerbare Energiequellen aufzunehmen. Es drohe ein Kollaps. Jan Rovensky von Greenpeace Tschechien hält dagegen:

    "CEPS argumentiert hier, als ob bei uns andere physikalische Gesetze gelten würden als im übrigen Europa. Die Netze in Deutschland oder Spanien werden mit einem deutlich größeren Zuwachs erneuerbarer Energiequellen fertig als die Tschechische Republik. Die Förderung von Solarstrom ist aber auch aus Sicht von Greenpeace Tschechien zu hoch."

    Das tschechische Abgeordnetenhaus hat eine Gesetzesnovelle abgesegnet, die es ermöglicht, die Einspeisevergütung für Solarenergie um mehr als die bisherigen fünf Prozent pro Jahr zu senken. Projekte, die bereits vor dem jetzigen Stopp bewilligt wurden, sind von den Änderungen jedoch nicht betroffen. Das Unternehmen CEZ wird also den größten Solarpark Tschechiens wie geplant Ende des Jahres in Betrieb nehmen.