Was die wenigsten wissen. Frankreich ist Europameister bei den Erneuerbaren Energien - dank seiner gewaltigen Wasserkraftwerke, die 15 Prozent der französischen Stromversorgung bestreiten. Der Haken an der Geschichte - die natur- und landschafts-fressenden Staudämme werden von der neuen EU-Direkte zur Förderung alternativer Energien als zu umweltschädlich angesehen und nicht als Erneuerbare Energie gefördert. Wie will Frankreich also den Anteil der Erneuerbaren Energieträger von heute praktisch 0 auf 9 Prozent erhöhen, wie es die Direktive vorsieht? Jean-Yves Grandidier, Generalsekretär des französischen Verbandes für Windenergie "France Energie Eolienne":
"Heute geht man in bezug auf Frankreich davon aus, dass die Erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2010 rund 40 bis 50 Terrawatt liefern sollen, also 40 bis 50 Milliarden Watt. Die Wasserkraft ist praktisch ausgeschöpft. Die Windkraft hat noch ein großes Zuwachspotential. Frankreich besitzt nach Großbritannien das zweitgrößte Windaufkommen Europas. Wir glauben, dass man die Hälfte, also 20 Terrawatt durch Windkraft erzeugen könnte. Dazu müsste Frankreich bis zum Jahr 2010 rund 10.000 Megawatt Windleistung vorweisen können."
Zur Erinnerung, derzeit sind gerade einmal 26 Megawatt in Betrieb gegangen. Gegenüber annähernd 5.000 Megawatt in Deutschland. Die 58 Atommeiler werfen mit ihren Überkapazitäten offensichtlich allzugroße Windschatten für erneuerbare Energien. Windanlagen in Frankreich dienen vor allem als technologisches Schaufenster. Bei der Technologie und beim Export gehören die französischen Industriellen zur Weltspitze, das gilt für die Wind-, Wasser- und Solar-Energie.
In Frankreich dagegen liegt die Solar-Energie derzeit bei kläglichen 8 Megawatt Leistung. Kleine, umweltschonende Wasserkraftwerke wurden im Hexagon seit Jahren so gut wie keine mehr genehmigt, obwohl Frankreich hier an zweiter Stelle hinter Italien liegt.
Mycle Schneider, Energie-Experte vom Welt-Energie-Informations-Dienst WISE in Paris:
"Alle Pläne, die im bereich erneuerbare Energien gemacht werden, sind wirklich an der Grenze des Lächerlichen. Es gibt ein Windprogramm, das aufgelegt worden ist. Das bis 2005 insgesamt 500 Megawatt insgesamt! aufgebaut werden soll. Ich darf daran erinnern, dass allein in der Bundesrepublik allein 1.400 Megawatt in einem einzigen Jahr dazugebaut worden sind. das heißt, es ist in Deutschland ungefähr so viel dazugekommen, wie in F an Atomenergie. Das ist auch eine recht deutliche Bildersprache. Aber, das, was ganz klar durchgedrungen ist, ist, dass man zu weit gegangen ist. Das heißt, man muss den Atomstromanteil runterschrauben."
Bislang liegt der Atomstromanteil bekanntlich bei 80 Prozent. Doch die Stimmung bei den lange Zeit so fortschrittsgläubigen Franzosen ist deutlich umgeschlagen. Nur noch 30 Prozent der Franzosen glauben, dass die Atomkraft in 20 Jahren die wichtigste Energiequelle darstellen wird. Mehr Vertrauen schenken sie den Erneuerbaren Energien mit 36 Prozent.
Der Umschwung in der öffentlichen Meinung spiegelt sich auch bei den politischen Entscheidungen wider. Nach dem historischen Abschluss im Solarbereich dürfen jetzt auch kleine Wasserkraftwerke bis zu einer Leistung von 12 Megawatt an das Stromnetz angeschlossen werden und nicht mehr nur bis 8 Megawatt. Neue steuerliche Anreize und Mehrwert-Steuer-Senkungen sind ebenfalls im Gespräch. Der Bereich Biogas ist im Agrarland Frankreich noch unerschlossenes Neuland und bietet ein beachtliches Wachstums-Potential. Energie aus Holz deckt heute bereits 4 Prozent des französischen Energiebedarfs und soll mit einem staatlichen Förderprogramm bis zum Jahr 2006 auf 6 Prozent erhöht werden. auch alte Denkweisen zum Einstürzen gebracht. Rechtzeitig zum Beginn der französischen EU-Ratspräsidentschaft zeigt sich auch Premierminister Jospin ehrgeizig. Er erklärte, Frankreich bis zum Jahr 2010 zum größten Erzeuger erneuerbarer Energien machen zu wollen.