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Solarzellen
Tofu-Bestandteil ersetzt giftiges Cadmium-Salz

Dünnschichtsolarzellen brauchen wenig Silizium, allerdings wird für ihre Herstellung ein Salz des giftigen Schwermetalls Cadmium verwendet. Britische Forscher stellen im Fachmagazin "Nature" eine ungiftige Alternative vor, die bereits in anderen Bereichen Verwendung findet: Viele Vegetarier nehmen sie mit Tofu zu sich.

Von Jochen Steiner | 26.06.2014
    Arbeiter installieren Solarzellen auf einem Dach, aufgenommen am 06.03.2012 in Igersheim.
    Die Herstellung von Solarzellen kann ökologischer werden, etwa durch den Einsatz von Tofu. (dpa picture alliance / Daniel Kalker)
    "Nein, ich bin kein Vegetarier, ich mag schon mal ein Steak. Diese Substanz hat in unseren Versuchen einfach am besten funktioniert. Aber der Tofu-Aspekt ist sicher der spannendere Verwendungszweck dafür."
    Die Substanz, von der Jon Major von der Universität Liverpool spricht, ist Magnesiumchlorid. Es wird zum Beispiel als Gerinnungsmittel bei der Tofu-Produktion eingesetzt und hat das traditionelle Nigari der japanischen Küche weitestgehend verdrängt. Über seine Ernährung kam der Physiker aber nicht auf die zündende Idee. Jon Major und seine Kollegen waren auf der Suche nach einer Alternative für das giftige und teure Cadmiumchlorid, das bei der Herstellung von Dünnschicht-Solarzellen verwendet wird.
    "Das Salz Cadmiumchlorid steigert die Leistungsfähigkeit der Solarzelle von einem auf 15 Prozent."
    Eine dünne Schicht des Salzes wird auf die Solarzelle aufgesprüht, es wandert durch die Licht absorbierende Schicht und verändert deren Struktur so, dass sie viel mehr Licht absorbieren kann. Doch das ist bislang mit erheblichen "Nebenwirkungen" verbunden:
    "Cadmiumchlorid ist sehr giftig. Es kann Krebs auslösen und eventuell auch Schäden im Erbgut. Außerdem ist es sehr teuer: die Industrie bezahlt etwa 30 Cent pro Gramm."
    Auch müssen die bei der Produktion anfallenden giftigen Abwässer aufwändig gereinigt werden. Ein unbedenkliches Salz würde die Herstellungskosten der Dünnschichtzellen deutlich senken.
    "Wir wissen durch andere Studien, dass es das Chlorid ist, das diese Leistungssteigerung der Solarzelle ausmacht. Das Cadmium ist nicht so wichtig. Also haben wir uns gefragt: Welche anderen Chloride gibt es noch, die ungiftig und günstig sind und funktionieren könnten? Wir testeten einige in unserem Labor zusammen mit den Solarzellen und kamen schließlich auf das Magnesiumchlorid."
    Volltreffer mit Magnesiumchlorid
    Damit landeten Jon Major und sein Team einen Volltreffer: Magnesiumchlorid ist ungiftig, günstig – es kann aus Meerwasser gewonnen werden – und steigert die Leistung der Solarzelle in gleichem Maß wie das bislang verwendete Cadmiumchlorid.
    Die Industrie könnte sofort auf Magnesiumchlorid umsteigen, so der Physiker. Doch die Unternehmen zögerten noch, seit 25 Jahren verwenden sie schließlich Cadmiumchlorid. Würden sie aber eigene Tests mit Magnesiumchlorid durchführen, wären sie schnell überzeugt, davon geht Major aus, der selbst ein wenig überrascht ist, dass noch keiner vor ihnen auf diese Idee gekommen ist, das giftige Salz einfach durch ein anderes zu ersetzen. Nach dieser Entdeckung hat sich auch seine Einstellung zu Tofu geändert:
    "Ja, ich denke, ich werde es mal probieren. Ich glaube, ich habe dem Tofu viel zu verdanken, also gibt es heute Tofu zum Abendessen!"