Russischer Angriffskrieg
Soldaten, Luftverteidigung und mehr: Wie deutsche Politiker die Ukraine stärker unterstützen wollen

Mehr als zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs gerät die Ukraine immer stärker unter Druck. In Deutschland werden nun Vorschläge laut, das Land in einer Weise militärisch zu unterstützen, die über das hinausgeht, was die Bundesregierung bisher leistet. Kanzler Scholz erteilt ihnen eine Absage.

26.05.2024
    Zerstörte Gebäude, Kupjansk, Oblast Charkiw, Ukraine, Europa
    Die Ukrainer haben zu wenig Soldaten und Waffen. Mehrere Politiker wollen, dass der Westen das Land militärisch mehr unterstützt. (picture alliance / imageBROKER / Florian Bachmeier)
    Für deutsche Waffenlieferungen gebe es klare Regeln, die mit der Ukraine vereinbart seien und funktionierten, sagte Scholz während eines Bürgerdialogs in Berlin. Das Ziel seiner Politik sei, die Ausweitung des Krieges zu verhindern. Der SPD-Politiker betonte, er werde an den bisherigen Kriterien für Waffenlieferungen festhalten.
    Scholz wandte sich damit gegen die Forderung, den Einsatz westlicher Waffen gegen Ziele auf russischem Gebiet zu erlauben. Erhoben hatte sie der Grünen-Politiker Hofreiter. Der Westen solle die Ukraine nicht länger daran hindern, mit gelieferten Waffen russische Kampfjets auch im russischen Luftraum abzuwehren, sagte Hofreiter den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das Völkerrecht erlaube es einem angegriffenen Staat, militärische Ziele im Land des Aggressors zu attackieren, betonte der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag.
    Doch der Kanzler winkt ab. Er befürchtet, dass Deutschland in den Augen der russischen Regierung zur Kriegspartei werden könnte. Mit diesem Argument widersetzt er sich seit Monaten Forderungen auch aus der Koalition, der Ukraine Marschflugkörper vom Typ Taurus zur Verfügung zu stellen. Dank einer Reichweite von mehreren hundert Kilometern könnte das ukrainische Militär damit theoretisch russisches Gebiet treffen.
    Doch angesichts der russischen Übermacht wächst der Druck auf die Bundesregierung, mehr als bisher zur Unterstützung der Ukraine zu tun.

    CDU-Politiker Kiesewetter will Entsendung von Truppen prüfen

    Der CDU-Verteidigungsexperte Kiesewetter spricht sich dafür aus, dass westliche Staaten in einem Teil der Ukraine die Luftabwehr übernehmen. Kiesewetter sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", eine Koalition der Willigen könnte ihre eigene Luftverteidigung in einem Korridor von bis zu 100 Kilometern auf das westliche Territorium des Landes ausdehnen. So würden die ukrainischen Streitkräfte an dieser Stelle entlastet. Diese könnten sich dann auf die Luftverteidigung weiter östlich konzentrieren.
    Kiesewetter plädierte außerdem dafür, die Entsendung von Truppen in die Ukraine zu prüfen, etwa für Sanitätsdienste, Minenräumung oder Logistik und Instandsetzung. Dies sei völkerrechtlich zulässig und sicherheitspolitisch sinnvoll, betonte der Oberst a.D. der Bundeswehr.

    Unterstützung von Außenministern der USA und Großbritannien

    Auch die US-Regierung macht sich Gedanken, wie die militärische Schlagkraft der Ukraine gestärkt werden kann. Bisher darf die Ukraine von den USA gelieferte Waffen nur auf ukrainischem Gebiet einsetzen. Nach Informationen der "New York Times" will Außenminister Blinken Präsident Biden nun dazu bewegen, diese Einschränkungen aufzuheben. Bei einem Besuch in Kiew in der vergangenen Woche hatte Blinken erklärt, die USA hätten sich verpflichtet, der Ukraine zu helfen, den Krieg zu gewinnen. Die USA hätten keine Angriffe außerhalb der Ukraine unterstützt oder ermöglicht, aber letztendlich müsse die Ukraine selbst entscheiden, wie sie diesen Krieg führen wolle.
    Zuvor hatte bereits der britische Außenminister Cameron erklärt, die Ukraine habe das Recht, von London gelieferte Waffen gegen Ziele in Russland einzusetzen.

    Drohungen aus Moskau

    Russland warnte die USA davor, der Ukraine Angriffe mit amerikanischen Waffen auf russisches Staatsgebiet zu erlauben. Kreml-Sprecher Peskow warnte vor "gefährlichen Folgen". Für den Fall, dass die Ukraine mit britischen Waffen russisches Territorium beschieße, wurde eine Sprecherin des Außenministeriums in Moskau noch deutlicher. Sie sagte vor Journalisten, in einem solchen Szenario könnten britische Ziele auf Territorium der Ukraine und über deren Grenzen hinaus ins Visier genommen werden.
    Diese Nachricht wurde am 26.05.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.