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Solide Ausbildung ohne Studiengebühren

Die deutsche Botschaft in Peking kann den Ansturm von studienwilligen Chinesen, die um ein Visum nach Deutschland bitten, kaum noch bewältigen. Schon bald - so der Botschafter - würden chinesische Studierende die größte Gruppe unter den ausländischen Studierenden an deutschen Unis stellen. Ein Grund für die Attraktivität: Deutsche Unis nehmen keine Studiengebühren. Bis zu drei Monate müssen Antragsteller auf einen persönlichen Termin bei der Botschaft warten. Außerdem fragen immer mehr deutsche Hochschulen an, die mit der Prüfung chinesischer Zeugnisse überfordert sind.

    Grund genug, in Peking eine akademische Prüfstelle einzurichten. Hier werden die Sprach- und Fachkenntnisse von Studienbewerbern mit den vorgelegten Unterlagen verglichen. Bestehen sie die Prüfung, so erhalten sie das Visum ohne weitere Wartezeiten. Susanne Otte ist die Leiterin des Projekts. Sie weiß von deutschen Universitäten, die über 1.000 Anträge chinesischer Studienplatzbewerber pro Semester bekommen: "Das heißt, die Akademischen Auslandsämter sind kaum in der Lage, die alle zu bearbeiten. Wenn diese Arbeit hier in China durchgeführt werden kann und wir dann mit dem Zertifikat bescheinigen, das ist jemand, der die Studienvoraussetzungen erfüllt, dann können die Universitäten diesen Antrag ganz anders bearbeiten, als wenn sie diese Bewerbung einfach so auf den Tisch bekommen."

    Entsprechend groß ist das Interesse deutscher Universitäten an dem neuen Verfahren. Bislang ist es für Studienplatzsuchende noch freiwillig, einige Hochschulen wollen es aber für chinesische Bewerber ab dem Sommersemester 2002 zur Pflicht machen. In etwa drei Jahren könnte die Prüfung zum Standard für die Aufnahme an einer deutschen Uni werden.

    Damit soll nicht nur das Visa-Verfahren beschleunigt sondern auch den Missbrauch bei Anträgen verhindert werden. Denn viele chinesische Studenten scheitern schon früh an deutschen Unis, weil ihre Sprachkenntnisse nur auf dem Papier bestehen. Auch gefälschte Unterlagen sind keine Seltenheit. Billig ist die Prüfung allerdings nicht: Umgerechnet 450 Mark zahlen die Studienwilligen, mehr als das durchschnittliche Monatseinkommen in Peking.