Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Sommermärchen-Prozess
Strafanzeige gegen FIFA-Boss Infantino

Seit etwas mehr als zwei Wochen ist es amtlich: Alle strafrechtlichen Vorwürfe in der Sommermärchen-Affäre sind verjährt - was auch an der Schweizer Bundesanwaltschaft unter der Führung von Michael Lauber liegt. Dessen Nähe zum Präsidenten des Weltfußballverbandes, Gianni Infantino, bringt nun beide in Schwierigkeiten.

Von Thomas Kistner | 13.05.2020
FIFA-Chef Gianni Infantino kündigt auf einer Pressekonferenz in Shanghai die neue Klub-WM mit 24 Vereinen an.
Sollte ein Ermittlungsverfahren gegen Fifa-Boss Gianni Infantino eingeleitet werden, müsste ihn das Fifa-Ethikkomitee suspendieren. (imago images / Xinhua)
Die Gerichtskommission des Schweizer Parlaments bereitet die Amtsenthebung von Bundesanwalt Michael Lauber vor. Das Gremium hat heute einstimmig beschlossen, den umstrittenen Chefankläger für nächsten Mittwoch vorzuladen. Erst danach ist formal ein Amtsenthebungsverfahren möglich.
Lauber hat sich wiederholt geheim mit Gianni Infantino getroffen. Er hat die Treffen mit dem FIFA-Boss nie protokolliert und will eines sogar - wie alle anderen Teilnehmer - völlig vergessen haben. In einem Untersuchungsbericht hat die eigene Justizaufsicht Lauber der Lüge bezichtigt und hat als Sanktion sein Gehalt gekürzt. Außerdem ist Lauber bereits rechtskräftig von diversen Fußballprozessen der eigenen Bundesanwaltschaft BA ausgeschlossen.
Brisanter Mailverkehr
Aber auch um Infantino zieht sich die Schlinge zu. Der Basler Strafrechtsexperte Markus Mohler hat jüngst öffentlich gegen den Fifa-Chef einen "dringenden Verdacht" wegen Anstiftung zu Amtsmissbrauch, Amtsgeheimnisverletzung und Begünstigung formuliert. Denn Infantino hatte die Geheimtreffen mit Lauber über einen Schulfreund initiiert, auch saß diese Privatperson dann selbst wiederholt am Verhandlungstisch.
Zudem liegt jetzt eine brisante Mail Infantinos vor. Darin kündigt er an, er wolle die BA bei einem anstehenden Treffen mit Lauber von seiner Sichtweise in einem Strafverfahren überzeugen, das ihn potentiell selbst betraf. Tatsächlich hat die BA dieses Verfahren später eingestellt.
Strafanzeige gegen Infantino
Auf Basis der Expertise von Mohler wurde am Dienstag Strafanzeige gegen Infantino bei der Berner Kantonsjustiz gestellt. Diese hat heute den Eingang bestätigt und teilt mit, die regionale Staatsanwaltschaft werde die Anzeige prüfen. Für den FIFA-Boss birgt das eine existentielle Gefahr: Sollte ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet werden, müsste ihn das FIFA-Ethikkomitee suspendieren.